exkurs
„Wir holendenOstennach Jena zurück!“ –
Das ImreKertész Kolleg Jena „EuropasOsten im 20. Jahrhundert“
Seit nunmehr drei Jahren lädt die
Friedrich-Schiller-Universität heraus-
ragende Historiker nach Jena ein,
um am Imre Kertész Kolleg die jün-
gere Geschichte unserer östlichen
Nachbarländer zu erforschen und in
ihren größeren Zusammenhängen
zu diskutieren. Der Probleme sind
viele, und vielfältig sind die Projekte,
welche die Gäste nach Jenamitbrin-
gen: Wie wurde der ErsteWeltkrieg
in der polnischen, ukrainischen oder
tschechischen Wissenschaft aus-
getragen? Haben die Staatsgrün-
dungen auf dem Balkan das euro-
päische Verständnis von nationaler
Souveränität verändert? Warum ist
das moderne Völkerrecht so stark
von den Erfahrungen Ostmitteleuro-
pas geprägt? Welches intellektuelle
Erbe hinterlassendieDissidenten?
Über fünfzig Wissenschaftler aus
aller Welt, vor allemHistoriker, aber
auch Soziologen, Politik- und Lite-
raturwissenschaftler hat das Kolleg
bislang nach Jena eingeladen, um
hier ein größeres Projekt zu entwer-
fen oder abzuschließen. Vom inten-
siven intellektuellen Austausch mit
diesen Fellows profitiert auch das
inhaltliche Zentralprojekt des Kol-
legs: eine neue „History of Central
and Eastern Europe in the 20th Cen-
tury“ vorzulegen. Ganz im Sinne der
angestrebten Internationalisierung
der deutschen Geisteswissenschaf-
tenwerdendiegeplantenvierBände
von internationalenAutorenteams in
englischer Sprachegeschrieben.
Das Imre Kertész Kolleg ist das der-
zeit größte Drittmittelprojekt der Phi-
losophischen Fakultät undgehört zu
den insgesamt zehn internationalen
Zentren für geisteswissenschaftliche
Spitzenforschung, die vom Bundes-
ministerium für Bildung und For-
schung (BMBF) unter dem Namen
„Käte Hamburger Kollegs“ finanziert
werden. Professor Włodzimierz Bo-
rodziej und Professor Joachim von
Puttkamer leiten als polnisch-deut-
sches Direktorenteam gemeinsam
das Kolleg. Seinen Sitz hat es im
Griesbachschen Gartenhaus, das
dieUniversitätmit großemAufwand
denkmalgerecht saniert hat, sowie
im JenTower, wo die unmittelbare
Nachbarschaft zum DFG-Graduier-
tenkolleg „Kulturelle Orientierungen
und gesellschaftliche Ordnungs-
strukturen in Südosteuropa“ neue
Begegnungen und anregende Ge-
spräche ermöglicht. Dort hat auch
das neue Aleksander-Brückner-Zen-
trum für Polenstudien seinen Platz
gefunden.
Die Gastwissenschaftler beteiligen
sich keineswegs nur an den Veran-
staltungen des Kollegs selbst, son-
dern schildern den Austausch mit
den Kollegen am Historischen Ins-
titut immer wieder als eine große
Bereicherung. Mit der vom Freistaat
Thüringen und der Deutsch-Polni-
schen Wissenschaftsstiftung geför-
derten Doktorandenschule bietet
das Kolleg auch Jenaer Studieren-
den eine Perspektive, zumal sich die
Mitarbeiter des Kollegs in der Lehre
des Historischen Instituts engagie-
ren und für eine Vielzahl an Lehr-
angeboten in der Osteuropäischen
Geschichte sorgen.
Innerhalb kurzer Zeit hat sich sodas
Kolleg als ein Forschungszentrum
zur Zeitgeschichte des östlichen
Europas von internationalem Rang
etablieren können. Es schreibt auf
diese Weise die traditionsreichen
Beziehungen der Friedrich-Schiller-
Universität zu Osteuropa fort und
verleiht ihnen eine neue und per-
spektivenreicheDynamik.
Sitz des ImreKertész Kollegs:
Das „Prinzessinnenschlösschen“
imGriesbachgarten.
wissenschaffen
universität jena.
weltweit vernetzt. thüringen verpflichtet.
39