der ganze mitteldeutsche raum
        
        
          –undThüringen
        
        
          insbesondere– ist bis indieGegenwart hineindurch
        
        
          das Christentum und seine Geschichte geprägt. Das
        
        
          zeigt sichnicht nur andenvielenKirchen,diealsBau-
        
        
          denkmäler über die Jahrhunderte hinweg die Erinne-
        
        
          rung an große Zeiten christlicher Kultur wach halten,
        
        
          seien es Dome oder Dorfkirchen, Kathedralen oder
        
        
          Kapellen. Es wird ebenso sichtbar an Glanzpunkten
        
        
          geistlicherMusik, wie siemit denNamen der inMit-
        
        
          teldeutschland wirkenden Komponisten Heinrich
        
        
          Schütz, Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-
        
        
          Bartholdy, Robert Schumann, Johannes Brahms oder
        
        
          Franz Liszt verbunden sind. Dome und Stiftskirchen
        
        
          erinnern an die Zeit des Mittelalters, die genannten
        
        
          Komponisten sindZeugender großenZeiten evange-
        
        
          lischerundkatholischerKirchenmusik inderNeuzeit.
        
        
          Christen und Nichtchristenwerden bis heute von ih-
        
        
          nen inBanngehalten.
        
        
          Gegenwärtig ist das Christentum in Mitteldeutsch-
        
        
          land vorwiegend durch die lutherische Reformation
        
        
          geprägt, deren wichtigste Stätten sich in Thüringen,
        
        
          Sachsen-Anhalt undSachsenbefinden.Aber inErfurt,
        
        
          Magdeburg oder im Eichsfeld bestehen heute auch
        
        
          geistlicheZentrendesKatholizismus.
        
        
          Die deutsche Wiedervereinigung eröffnete evangeli-
        
        
          schenundkatholischenChristenneueMöglichkeiten,
        
        
          sich indas gesellschaftliche Leben einzubringenund
        
        
          auchpolitischeFunktionenzuübernehmen.Zugleich
        
        
          standen sie vor der Aufgabe, das durch die DDR-
        
        
          Vergangenheit erzwungene Ghetto auch mental zu
        
        
          verlassen. Die vorher imBund der EvangelischenKir-
        
        
          chen in der DDR zusammengeschlossenen evange-
        
        
          lischen Landeskirchen wurden wieder gleichberech-
        
        
          tigte Mitgliedskirchen der Evangelischen Kirchen in
        
        
          Deutschland und ihrer konfessionellen Bünde (Verei-
        
        
          nigte Evangelisch-LutherischeKirche inDeutschland,
        
        
          Evangelische Kirche der Union). Die katholische Kir-
        
        
          che auf demGebiet der ehemaligen DDRwurde ter-
        
        
          ritorial neu gegliedert. Heute prägen das Erzbistum
        
        
          Berlinmit den Suffragan-BistümernDresden-Meißen
        
        
          undGörlitzsowiedieBistümerErfurtundMagdeburg
        
        
          das katholischeLeben inMitteldeutschland.
        
        
          
            Evangelische Theologenund
          
        
        
          
            Philosophen formtendas geistige
          
        
        
          
            ProfilMitteldeutschlands
          
        
        
          Vor allem evangelische Theologen und Philosophen
        
        
          haben innicht geringemMaß auchdas geistigeProfil
        
        
          Mitteldeutschlands in der Neuzeit geformt: die Theo-
        
        
          logen Johann Gottfried Herder in Weimar oder Au-
        
        
          gust Hermann Franke in Halle, die Philosophen Ge-
        
        
          org Friedrich Wilhelm Hegel und Johann Gottlieb
        
        
          Fichte in Jena.AuchdiegroßenmitteldeutschenDich-
        
        
          ter Goethe und Schiller kannman in diesemZusam-
        
        
          menhang nennen. Aber die Prägekraft des Christen-
        
        
          tums zeigt sich nicht allein in den kulturellen und
        
        
          geistigenHöhenzügenThüringens. In vielen Städten
        
        
          des mitteldeutschen Raumes zeugen bis heute In-
        
        
          schriften an Bürgerhäusern von bewusst christlichen
        
        
          Lebenseinstellungen einfacher Menschen, und das
        
        
          gesamte öffentliche Schulwesen ist lange Zeit von
        
        
          christlichen Impulsenbestimmt gewesen.
        
        
          
            Orientierung für die Zukunft
          
        
        
          Angesichts dieser geistigen und kulturellen Traditio-
        
        
          nendesChristentums,die sich inThüringen inbeson-
        
        
          dererDichtefinden lassen, stellt sichdieFrage,obwir
        
        
          es hier lediglichmit einer glanzvollenVergangenheit
        
        
          zu tunhabenoderobdamitnicht auchverpflichtende
        
        
          Orientierungengegeben sind, die für dieGesellschaft
        
        
          der Zukunft von Bedeutung sein könnten. In dem
        
        
          überkommenenErbe istwohleine fürdieGesellschaft
        
        
          und ihre Zukunft unverzichtbare orientierende Kraft
        
        
          gegeben.DieTheologiehilftdabei,diesesErbeneuzu
        
        
          erschließen, so dass es sich als lebendiger Quell für
        
        
          dieGegenwart erweisenkann.
        
        
          
            theologie imakademischen zusammenhang
          
        
        
          DassTheologischeFakultätenalsTeil staatlicherUni-
        
        
          versitäten indenuniversitärenKontext eingebunden
        
        
          und auf dieseWeise dem akademischen Diskurs in
        
        
          Forschung undLehre ausgesetzt sind, gehört zuden
        
        
          Besonderheiten der „alteuropäischen“ Universitäts-
        
        
          undBildungsgeschichte.
        
        
          Lediglich je einGesichtspunkt soll kurz benannt
        
        
          werden: In die Herausbildung der Theologie als
        
        
          Wissenschaft nach „deutschem Modell“ sind zwei
        
        
          Linien europäischer Wissenschaftsgeschichte glei-
        
        
          chermaßen eingeflossen: zum einen die Ursprungs-
        
        
          geschichte der mittelalterlichen Universitäten mit
        
        
          der Theologie als einer der „höheren“ Fakultäten ne-
        
        
          ben Jurisprudenz undMedizin; zum andern die von
        
        
          Wittenberg ausgehendeUniversitätsreform imZuge
        
        
          der Reformation, die entsprechend dem evangeli-
        
        
          schen Verständnis vom ordinierten Pfarramt für je-
        
        
          den Pfarrer eine akademische theologische Bildung
        
        
          verlangte. ImZuge ständiger Reform undWeiterent-
        
        
          wicklung der deutschen Universitäten mit besonde-
        
        
          ren Impulsen amBeginndes 19. Jahrhunderts, die in
        
        
          Preußen maßgeblich von dem evangelischen Theo-
        
        
          logen Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher mitbe-
        
        
          stimmt wurden, aber auch in Sachsen-Weimar unter
        
        
          dem zuständigenMinister Goethe, hat die akademi-
        
        
          sche Theologie beider Konfessionen ihre Stellung
        
        
          an den Universitäten bewahren und zeitweise er-
        
        
          heblich ausbauen können. Eine Glanzzeit akademi-
        
        
          WiSSENSCHaFFEN
        
        
          20
        
        
          universität jena.
        
        
          weltweit vernetzt. thüringen verpflichtet.