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Uni-JournalJena04/14
Forschung
Nur echte Gefühle lohnen sich
Warum im Dienstleistungssektor nur ehrliche Freundlichkeit von Nutzen ist
DieWünschedesKunden imBlickhaben
unddabei immer lächeln: FürMitarbeiter
im Einzelhandel und in Dienstleistungs-
unternehmen gehört das zum Alltag.
Abermanchmal nützt auchdasschönste
Lächeln nichts, nämlich dann, wenn
es nur gespielt ist. Das haben Jenaer
Wissenschaftler
jetzt gemeinsam
mit Kollegen aus
Münster und Aus-
tralien empirisch
nachgewiesen.
Das Forscher-
team hat unter-
sucht, ob das
Bemühen eines
Angestellten um
einenKundenglei-
chermaßen bei
diesem ankommt.
Dabei konnten die
Wissenschaftler
einenpositivenZu-
sammenhang fest-
stellen zwischen
kundenorientier-
temVerhalten des
Mitarbeiters und
der Wahrnehmung durch den Kunden.
Kommt einhohesMaßanauthentischer
Freundlichkeit hinzu, verstärkt sich der
Effekt deutlich, schreiben sie in einem
vorab online erschienenen Beitrag im
FachmagazinBritish Journal ofManage-
„Stark ausgeprägte Kundenorien-
tierung gepaart mit einem echten Lä-
cheln sorgt für zufriedene Kunden, die
gern wiederkommen und das Geschäft
weiterempfehlen“, sagt Simon Brach,
der Erstautor der aktuellen Studie. Ist
die Beratung zwar kompetent, aber
die Freundlichkeit nur aufgesetzt, fühlt
sich der Kunde dennoch nicht als Kö-
nig. „Krampfhaft freundlich zu sein, ist
nicht zielführend“, sagt Brach. Sogar das
Gegenteil sei der Fall: Der Kunde habe
nichts davon und für den Mitarbeiter
sorgedas ständigeVortäuschen vonGe-
fühlen für mehr Stress und schnellere
Erschöpfung, betont derMitarbeiter am
Lehrstuhl fürMarketing.
Für ihre Studie haben die Wissen-
schaftler 275 real stattgefundene Ver-
kaufs- undBeratungsgespräche in deut-
schen Dienstleistungsunternehmen
untersucht – zum Beispiel den Besuch
beimFriseur, imRestaurant oder ineiner
Videothek. Direkt nach der Begegnung
notierten die Angestellten und ihre je-
weiligen Kunden auf einem Fragebo-
gen,wiesiediegeradeerlebteSituation
empfunden haben – und zwar aus ihrer
eigenenPerspektive.
ch
Verborgene Verführer
Studie analysiert die ersten bundesdeutschenWerbekommunikatoren
ErfolgreicheWerbebotschaf-
ten wie „Im Asbach Uralt ist
der Geist desWeines“ oder
„Pril entspannt dasWasser“
kennt wohl jeder. Doch wer
steckt hinter dieseneingängi-
genSlogans, vondenenman-
che schon seit Jahrzehnten
ihreWirkung entfalten? Der
Historiker Dr. Gerulf Hirt hat
sich mit den „geheimen Ver-
führern“ befasst: den ersten
Werbeberatern und Werbe-
leitern der (west-)deutschen
Werbewirtschaft. Er unter-
suchte dieseWerbekommu-
nikatoren imZeitraumder frühen1920er
Jahrebishin zur Rezession von1966/67.
Seine Studie habe eine Gruppe von
Experten kritisch ins Visier genommen,
die stets im Grenzbereich zwischen
kommerzieller Werbung, Public Rela-
tions, Konsumpolitik und politischer
Propaganda agierte, so Hirt. Diese
„Ghostwriter“übten–undüben–einen
gewaltigen Einfluss aufWirtschaft und
Gesellschaft aus, bleiben selbst jedoch
imVerborgenen.
Gerulf Hirt hat in seiner Arbeit, die
gerade auch als Buch „Verkannte Pro-
pheten“ im Leipziger Universitätsverlag
erschienen ist, festgestellt, dass die
Werbefachleute eine Gruppe von „Self-
mademen“waren, die sich nach gesell-
schaftlicher Akzeptanz sehnten.
DieSchlange imGartenEden
Trotz ihres unbestrittenen Einflusses
auf das tägliche Leben von Konsumen-
ten, hatte dieWerbung lange einen ne-
gativen Ruf: „Werbekommunikatoren
sahensichschon zuBeginndes20. Jahr-
hundertsmit einermassivenKritikan ih-
rer Arbeit konfrontiert“, sagt Hirt. Ange-
prangert wurde besonders reißerische
sowie als unredlich oder unästhetisch
geltendeWerbung. Kirchenvertreter ver-
glichenWerber zuweilen polemischmit
der Schlange imGartenEden.
Zum zwiespältigen Bild der Werbe-
branche trug bei, dass es keine aner-
kannteBerufsausbildunggab: „DieWer-
ber waren ein bunter Haufen aus den
unterschiedlichsten Berufszweigen, ei-
nen anerkanntenZugang zumWerbebe-
ruf gab es lange Zeit nicht.“ Ausgerech-
net inderNS-Zeit hat sichdasgeändert,
soHirtsBefund.Nachdem inden1920er
Jahren verschiedene Berufsverbände
gegründetwordenwaren, kam1933die
„NationalsozialistischeReichsfachschaft
DeutscherWerbefachleute“ hinzu, eine
Art berufsständische Organisation. Ein
„Werberat der deutschen Wirtschaft“
erarbeiteteRegeln, diehäufignochnach
1945 Bestand haben sollten. Dazu zähl-
tenetwadasVerbot vergleichend-herab-
setzenderWerbung und der Grundsatz
für dieWerbeberatung, nicht gleichzeitig
für konkurrierendeUnternehmendersel-
benBranche zu arbeiten.
sl
HistorikerDr.Gerulf
Hirtuntersuchtedie
„verkanntenProphe-
ten“derWerbung.
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SimonBrachweiß:
NureinehrlichesLä-
chelnkommtan.
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