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Uni-JournalJena04/14
Porträt
Zahlreiche Fachbücher und Ordner ste-
hen imBücherregal, daneben hängt ein
Whiteboard, das mit Notizen vollge-
schrieben ist.AnsonstensinddieWände
kahl, aucheiner der beidenSchreibtische
ist völlig leer. Auf dem anderen stehen
inmitten von Papierstapeln zwei Lap-
tops. Kabel liegen auf dem Boden, Kis-
ten stehen herum, Bücher und Ordner
stapeln sich.
Der Raum in der 17. Etage des Jen-
Towers ist das Büro von Prof. Dr.Tobias
Klatt, seit August 2013 Juniorprofes-
sor für Gründungsmanagement an der
Friedrich-Schiller-Universität (FSU).„Ach,
das sieht hier nur so aus,weil der Raum
eigentlich viel zu groß fürmich ist“, sagt
Klatt lächelnd.„Außerdem ziehe ichbald
um, direkt an denCampus.“
So strukturiertwiemöglich
Sein neues Büro wird dann wahr-
scheinlich aufgeräumter aussehen.
Denn diesmal trügt der erste Eindruck:
Unordnung passt nicht zu Tobias Klatt.
Bevor er nach Jena kam, hat er bei der
Axel Springer AG als Controller gearbei-
tet. Und auch jetzt gestaltet er seinen
Alltag als Professor so strukturiert wie
möglich: Montag ist für die Lehre ein-
geplant, Dienstag und Mittwoch sind
frei für Forschung undTermine mit Kol-
legen, Donnerstag bereitet er sich – je
nachdem ob Vorlesungszeit ist – auf
seine Lehrveranstaltungen vor oder ver-
tieft seine Forschungen und am Freitag
erledigt erVerwaltungsaufgaben.„Struk-
turiertesArbeiten ist der einziggangbare
Weg – egal ob alsManager einesUnter-
nehmensoder alsProfessor“, sagtTobias
Klatt. „Da haben mich sowohl die Zeit
beim Springer-Verlag als auch mein El-
ternhaus sehr geprägt.“
TobiasKlatt stammt ausderNähe von
Göttingen. Dort hat er Volkswirtschaft
studiert und anschließend im Bereich
UnternehmensrechnungundControlling
promoviert. NachdemAbschluss seiner
Doktorarbeit verließ er 2011 seine nie-
dersächsische Heimat in Richtung Ber-
lin undwechselte in dieWirtschaft – zur
Axel Springer AG. Dort betreute er die
GründungsplänevonTochtergesellschaf-
ten und baute enge Kontakte zur Berli-
ner Gründerszene auf. „Mich hat es ge-
reizt, diePraxis zu sehen, doch ich habe
schnell gemerkt, dass mir Forschung
und Lehre fehlen“, sagtTobias Klatt.
In Jena ist er nun genau in der Mitte
angekommen: an der Schnittstelle zwi-
schenWissenschaft undPraxis.Dabei ist
„Nur die Erfahrung zählt“
Tobias Klatt ist der derzeit jüngste ProfessorThüringens
er eingebunden in
ein Netzwerk be-
stehend aus dem
„K1 – Der Grün-
derservice“ sowie
zwei Forscher-
kollegen, wie er
Juniorprofessoren
in Jena und Wei-
mar. Seit diesem
Wintersemester
besteht innerhalb
des Gründer- und
Innovationscam-
pus von FSU und
Bauhaus-Universi-
tätWeimar dieFor-
schergruppe der
drei Juniorprofes-
suren, die sichmit
dem Thema Inno-
vation befassen (s. S. 14). „Das ist eine
ideale Konstellation, umGründungspro-
jekteausverschiedenenPerspektiven zu
erforschen, diese zu entwickeln und so
den Forschungstransfer zu verbessern“,
sagt Klatt.
Der Volkswirt beschäftigt sich vor al-
lemmit den Faktoren, die eine innova-
tive Idee vorantreiben und den Erfolg
von Start-ups beeinflussen, wie etwa
dasZusammenspiel der einzelnenGrün-
dungsmitglieder. So sieht sich Tobias
Klatt nicht nur als reinen Forscher. Vor
allemwill er anderenWissenschaftlern
mit guten Geschäftsideen Leitlinien an
dieHandgebenund ihnenMutmachen,
den Schritt in die Existenzgründung zu
wagen. „Das ist es, was mich an mei-
nem Fach reizt: Man ist nah dran an
den Jungunternehmern, spürt deren
Spirit und kann selbst fundamental dazu
beitragen, die Gründerszene vor Ort zu
stärken.“
Natürlichhabeer auch schonLust ge-
habt, ein eigenes Start-up zu gründen,
sagt Klatt. Doch dafür brauche es die-
sen gewissen Unternehmergeist. „Und
meineStärke liegt klar darin, Geschäfts-
modelle zu analysieren, zu strukturieren
und zu steuern.“
Strategisch planen und gezielt han-
deln: Dieses Prinzip scheint – mit Blick
auf seinen Lebenslauf – auch für seinen
beruflichenWerdegang zu gelten. Denn
Tobias Klatt ist gerade einmal 29 Jahre
alt – und damit der derzeit jüngste Pro-
fessor Thüringens. Von einem Überflie-
ger, der stets die jeweils nächste Stufe
auf der Karriereleiter im Visier hat, ist
jedoch nichts zu spüren. Die berühmte
Frage in Bewerbungsgesprächen „Wo
sehen Sie sich in den nächsten zehn
Jahren?“ – davon habe er noch nie viel
gehalten. Er habe einfach immer das
getan, was ihm Spaßmacht und dabei
vielGlückgehabt, sagtKlatt nüchtern. So
habe ihn sein Doktorvater stark unter-
stützt unddieguteDatenbasis ihmeine
zügige Promotion ermöglicht. „Können
undGlück –manbraucht immer beides“,
sagt Klatt.Mit Ende 20 Professor sein –
dafür sei er eher dankbar als stolz.
Vor seiner neuen Aufgabe habe er
großen Respekt, aber weniger, weil er
so jung sei. Denn das Alter spiele in
seinem Arbeitsalltag kaum eine Rolle –
auchnicht imKontaktmit seinenmanch-
mal kaum jüngerenStudierenden. „Was
zählt, ist dieErfahrungundderWissens-
vorsprung“, sagt Klatt.
Schöner als gedacht
Die Wochenenden verbringt Tobias
Klatt meistens in Berlin. Nicht nur, weil
seine Freundin dort wohnt, sondern
auch, umdenKontakt zur BerlinerGrün-
derszene nicht zu verlieren. „Berlin ist
ein guter Kontrast, den brauche ich ein-
fach“, sagtKlatt. InJena fühlt er sichden-
nochvonAnfanganwohl.Der gebürtige
Niedersachsegeht inseiner Freizeit gern
an der Saale joggen, fährt Fahrrad und
genießt die Jenaer Berge: „Kürzlichwar
ichauf demJenzigundderNebel zog ins
Tal – daswar einfach fantastisch!“Auch
die Innenstadt sei viel schöner als er er-
wartet habe.„Vorher kannte ichdieStadt
nur von der Autobahn und hatte einige
Vorurteile.Aber diehaben sich alle völlig
aufgelöst“, sagt Klatt. Ja, manchmal, da
trügt der ersteEindruck eben doch. ch
Foto:Kasper
Mitgerade29Jahren
istTobiasKlattkaum
älteralsmancherStu-
dent.Trotzdemkann
derJuniorprofessor
fürGründungsma-
nagementbereitsauf
vielfältigeErfahrun-
geninWissenschaft
undWirtschaft
bauen.