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Uni-Journal Jena12/15
Internationales
Mit Papier und Bleistift
Russischer Humboldt-Stipendiat forscht am Institut für Mathematik
Am Anfang stünden oft Bleistift und Pa-
pier, sagt Prof. Dr. Dorothee Haroske.
Die Professorin für Analysis am Institut
für Mathematik spricht über die Kunst
der Approximation, der bestmöglichen
Annäherung an Funktionen. „Es geht
darum, schwierige Funktionen durch
einfachere darzustellen, um diese dann
sinnvoll anwenden zu können“, sagt
Haroske. Bereits in der Antike wurden
Fragestellungen der Approximation un-
tersucht, heute finden sie Verwendung,
um z. B. Aktienkurse vorherzusagen
oder Routenplaner zu programmieren.
Mit Stipendium auf Reisen
Gegenwärtig hat die Mathematikerin
von der Uni Jena einen kompetenten
Gesprächspartner zu Gast: Dr. Sergej
Tichonow weilt als Humboldt-Stipendiat
für vier Monate in Jena. Der russische
Mathematiker arbeitet am Centre de
Recerca Matemàtica in Barcelona, ei-
Foto:Günther
Praxis in Shanghai – Theorie in Jena
Materialwissenschaftler aus China untersucht Erstarrungsprozesse
ner Forschungseinrichtung, die mit dem
Hausdorff-Center in Bonn vergleichbar
ist. Von Barcelona aus ging Tichonow
auf Reisen. Dank der Alexander von
Humboldt-Stiftung besuchte er zu-
nächst die Uni Gießen und das Bonner
Hausdorff-Center. Nun also Jena, wo er
kein Unbekannter ist: „Vor etwa zehn
Jahren bewarb ich mich in Jena in einer
Nachwuchsgruppe“, sagt Tichonow. Sei-
nerzeit habe es dort eine Postdoc-Stelle
gegeben, Dorothee Haroske hätte ihn
gern für ein Jahr nach Jena geholt. Doch
Tichonow entschied sich für Barcelona.
Durch die Humboldt-Stiftung kann er nun
den Gedankenaustausch mit den Kolle-
gen in Deutschland pflegen.
Geboren wurde SergejTichonow 1976
in Wladimir. In Moskau hat er an der
Lomonossow-Universität studiert, 1999
sein Diplom mit „summa cum laude“
erhalten. Außerdem ist er ausgebildeter
Mathematik-Lehrer. Forschungsaufent-
halte führten Dr. Tichonow u. a. nach Ka-
nada, Neuseeland und Kasachstan. Jetzt
in Jena wird er mit Prof. Haroske an
einem mathematischen Problem arbei-
ten. Es geht darum, Funktionen nach be-
stimmten Kriterien zu charakterisieren.
Wobei Haroske und Tichonow zunächst
mit Papier und Bleistift arbeiten.
sl
Der Unterschied könnte größer nicht
sein: Zum Semsterbeginn hat Dr.
Chuanjun Li die Millionenmetropole
Shanghai gegen das beschauliche Jena
eingetauscht. Denn die kommenden an-
derthalb Jahre möchte der chinesische
Gastwissenschaftler als Humboldt-Sti-
pendiat an der FSU verbringen.
Guter Ruf lockt „Humboldtianer“
Vor allem der erstklassige Ruf sei-
nes Jenaer Betreuers Prof. Dr. Markus
Rettenmayr habe ihn nach Thüringen
gelockt. Der Materialwissenschaftler
gilt als Experte auf dem Gebiet der Er-
starrungsforschung. „Wenn man Me-
talle gießt, dann bilden sich komplexe
Strukturen aus“, erklärt Prof. Retten-
mayr. „Man kann die Legierung in der
Schmelze gut durchmischen und die Le-
gierungselemente homogen verteilen.
Wenn aber die Erstarrung einsetzt, dann
trennen sich die Elemente wieder und
es entsteht das Gefüge, das die Eigen-
schaften des Materials bestimmt.“
Die beiden Materialwissenschaftler
wollen diese Strukturbildung verstehen
und vor allem herausfinden, wie sie
diese beeinflussen
können.
Chuanjun Li be-
schäftigt sich vor
allem mit dem Ein-
fluss von Magnet-
feldern auf den Er-
starrungsprozess.
Bisher hat er vor
allem experimen-
tell gearbeitet. „In
Shanghai haben
wir eines der best-
ausgerüsteten La-
bore weltweit, in
dem wir vor allem
Versuche mit sehr
starken Magnet-
feldern durchfüh-
ren“, erklärt der
35-Jährige. „Wäh-
rend meiner Zeit an der Universität Jena
möchte ich nun gemeinsam mit Markus
Rettenmayr die Ergebnisse dieser Expe-
rimente analysieren und interpretieren.“
Ziel sei es, die Theorie auf diesem
Gebiet weiterzuentwickeln. Für den
Jenaer Spezialisten ist deshalb die Zu-
sammenarbeit mit dem Gast aus China
ein Glücksfall. Denn auch er verspricht
sich neue Erkenntnisse und Impulse für
seine Arbeit.
Und auch in Jena hat sich Chuanjun
Li schnell eingelebt. Es sei hier ruhi-
ger, langsamer, einfach friedlicher als in
Shanghai. Seine Frau und seine Tochter
genießen es sehr, hier zu sein.
sh
MitFragestellungen
derApproximation
befasstsichDr.
SergejTichonowak-
tuellinJena.
Humboldt-Stipendiat
Dr.ChuanjunLimit
seinemGastgeber
Prof.Dr.MarkusRet-
tenmayr(l.).
Foto:Günther