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Uni-Journal Jena12/15

Beutenberg-News

Süßer Überlebenstrick

Wie Raupen dem Gift von Pflanzen widerstehen

Pflanzen produzieren ein gewaltiges

Arsenal von giftigen Verbindungen, um

sich ihrer Fraßfeinde zu entledigen. Um

sicherzustellen, dass das Gift ihrer Ab-

wehrstoffe keine nachteilige Wirkung

auf die Pflanzen selbst hat, binden viele

Pflanzen Zuckermoleküle an diese Sub-

stanzen. Verdauungsenzyme im Darm

der Insekten, sogenannte Glycosidasen,

spalten den Zucker ab, was zu einer Frei-

setzung des Giftes führt – mit unange-

nehmen Folgen für den Schädling. Wis-

senschaftler des Max-Planck-Instituts

für chemische Ökologie sind jetzt auf

einen Mechanismus gestoßen, der ent-

gegengesetzt funktioniert: Sie fanden

einen Abwehrstoff des Kojotentabaks

Nicotiana attenuata, der mit gebunde-

nem Zuckermolekül giftig ist. Durch eine

Glycosidase im Darm von Larven des

Tabakschwärmers Manduca sexta, die

einen Zucker von diesem Gift abspaltet,

wird es jedoch in eine ungiftige Verbin-

dung  verwandelt. Die Jenaer Forscher

beschrieben nun in der Zeitschrift Nature

Communications, dass die Abspaltung

von Zucker ein Entgiftungsmechanis-

mus als Anpassung von Insekten an die

natürliche pflanzliche Abwehr sein kann (DOI:10.1038/ncomms9525).

„Dass Glycosidasen, die eine wichtige

Rolle bei der Verdauung und Giftfreiset-

zung spielen, auch umgekehrt funkti-

onieren und pflanzliche Abwehrstoffe

entgiften können, eröffnet eine neue

Dimension imWettstreit zwischen Pflan-

zen und Insekten“, sagt Sagar Pandit, der

an der Studie maßgeblich mitgearbeitet

hat.

Faulende

Kartoffeln

Bakterien trotzen

feindlicher Umgebung

Schneeball Erde

Algen lösten vor Jahrmillionen Temperatursturz aus

DieRaupedesTabakschwärmersManduca

sextafrisstaneinerTabakpflanze.

Foto:Schroll

Der Siegeszug

einzelliger Algen

vor vielen Milli-

onen Jahren hat

womöglich ent-

scheidend zur fast

vollständigen Ver-

eisung der damali-

gen Erde beigetra-

gen. Absterbende

Me e r e s - A l g e n

setzten organische

Verbindungen in

die Atmosphäre

frei, die als Kon-

densationskeime

eine verstärkte

Bewölkung her-

vorriefen. Damit

trugen die Algen maßgeblich zu einer

Abkühlung des Klimas bei, weil Wolken

die Sonneneinstrahlung auf der Erdober-

fläche verringern. Wissenschaftler vom

Potsdam-Institut für Klimafolgenfor-

schung und vom Jenaer Max-Planck-Ins-

titut für Biogeochemie berichten dies in

einer Studie, die in

der Fachzeitschrift

Nature Geosci-

ence erschienen

ist (DOI:10.1038/ ngeo2523).

In mehreren

Computer-Simu-

lationen testeten

die Forscher, wie

stark die Zunahme

von Wolkenkon-

densationskeimen

aufgrund der Al-

genzunahme zur

Kühlung beigetra-

gen haben könnte.

Die Ergebnisse

zeigen, dass die

Vermehrung der Algen und ihrer Emissi-

onen in der damaligen Atmosphäre eine

große Rolle bei der Abkühlung gespielt

haben müssen. Auch heute gelten Al-

gen als Hauptquelle für Kondensations-

keime, die zur Wolkenbildung über den

Meeren beitragen.

DassdieErdesichvorrund700Millionen

JahrenineinenBallausEisundSchneever-

wandelte,könnteauchanderEntstehung

eukaryotischerAlgengelegenhaben.

Foto: iStock/MihailUlianikov

nun im Fachmagazin Science

veröffentlicht (DOI: 10.1126/ science.aac9990).

Kartoffeln zählen auf der

ganzen Welt zu einem der

wichtigsten Grundnahrungs-

mittel. Umso verheerender

ist es, wenn ein großer Teil

der Ernte aufgrund von Fäul-

nis gar nicht erst auf dem

Teller landet. Die Verursacher sind oft

Bakterien, die Kartoffeln zersetzen, so

zum Beispiel Clostridien. Doch eigent-

lich können diese nur in sauerstofffreier

Umgebung leben, nicht jedoch in einer

Kartoffel, in der immer Sauerstoff vor-

handen ist.

Wie diesen Bakterien das scheinbar

Unmögliche gelingt, hat Gulimila Sha-

buer untersucht. Die chinesische Dokto-

randin hat bei ihrer Forschung an dem

Erreger der Kartoffelfäulnis, Clostridium

puniceum, dessen ganz besondere Fä-

higkeiten entdeckt: „Das Bakterium pro-

duziert eine Gruppe vonWirkstoffen, die

Clostrubine, die es ihm ermöglichen, in

sauerstoffreicher Umgebung zu leben.“

Die Wirkstoffe machen das Bakterium

zudem wehrhaft gegen andere Krank-

heitserreger in der Pflanze, die mit ihm

konkurrieren. Sie wirken also antibio-

tisch.

DoktorandinGu-

limilaShabuer

untersuchtdie

farbenprächtigen

Clostridien,diebei

KartoffelnFäulnis

verursachenund

entgegenbisheriger

Annahmenauchin

GegenwartvonSau-

erstoffüberleben.

Foto:Kunath

Ein Viertel aller pflanzlichen Lebensmittel

weltweit verdirbt aufgrund von Pflanzen-

krankheiten. Wissenschaftler des Hans-

Knöll-Instituts und der Universität Jena

haben ein normalerweise sauerstoff-

empfindliches Bakterium untersucht,

das vor allem Kartoffeln befällt. Ihre

Ergebnisse zeigen völlig unerwartet,

dass dieses Bakterium in der Lage ist,

in Umgebung mit Sauerstoff dennoch zu

überleben. Wie dies geschieht, wurde