43
Uni-Journal Jena12/15
Profile
Vom Kleinen zum Ganzen
Prof. Gnecco erforscht Reibung im Nanobereich
Die kleinen Dinge untersuchen und die
großen dabei nicht aus den Augen ver-
lieren, so ließe sich die Arbeit von Prof.
Dr. Enrico Gnecco (Foto) beschreiben.
Seit diesem Semester lehrt der Italiener
als neuer Professor für Mechanik der
funktionellen Materialien. Das Interesse
von Enrico Gnecco gilt der Reibung, die
bei der Bewegung von Körpern unver-
meidlich auftritt. „Wir schauen, was im
Nanobereich passiert, wenn zwei Kör-
per gegeneinander bewegt werden“,
sagt Gnecco. Dabei interessiert den
43-jährigen Physiker besonders, was an
einem der zahlreichen Kontaktpunkte
geschieht. Untersucht werde so dasWe-
sen der Reibung im Kleinen, um später
auf das Phänomen im Ganzen schauen
zu können. Prof. Gnecco erforscht auch
die Reibung im Vakuum sowie unter
Wasser. Das sei vorrangig Grundlagen-
forschung, die jedoch konkrete techni-
sche Anwendungen nicht ausschließe,
sagt der Italiener.
Enrico Gnecco stammt aus Genua. Er
studierte Physik in seiner Heimatstadt
und besuchte parallel dazu das Kon-
servatorium, wo
er seinen Master
im Fach Klavier
erwarb. „Musik
und Physik pas-
sen sehr gut zu-
sammen“, sagt
Gnecco. Die Mu-
sik habe ihm viel
gegeben, dennoch
stand die Physik
stets an erster Stelle.
Nach dem Studium ging Gnecco nach
Basel. Er befasste sich u. a. mit der Ge-
schwindigkeitsabhängigkeit von Reibung
im Hochvakuum und mit elektromecha-
nischen Verfahren, um die Reibung und
Selbstorganisation von organischen Mo-
lekülen auf isolierenden Oberflächen zu
vermeiden. Zuletzt leitete Gnecco eine
Forschergruppe am IMDEA-Institut für
Nanowissenschaften in Madrid. Die
Gruppe untersuchte Reibungsphäno-
mene auf atomarer Ebene und die kont-
rollierte Manipulation von Nanopartikeln.
Enrico Gnecco ist verheiratet und hat ei-
nen fünfjährigen Sohn.
sl
Geschärfter Blick
Prof. Meller modernisiert die Augenheilkunde
Herzstoff
wechsel
Prof. Schulze leitet die
Kardiologie
Seit September
ist Prof. Dr. Daniel
Meller (Foto) neuer
Professor für Au-
genheilkunde und
Direktor der Au-
genklinik des Uni-
versitätsklinikums
(UKJ). Der 49-Jäh-
rige ist im Ruhrge-
biet aufgewachsen
und hat in Bochum Medizin studiert.
Seine Facharztausbildung absolvierte er
an der Universitäts-Augenklinik in Bonn.
Vom „geschärften Blick, der oft schon
ohne aufwendige Messungen oder La-
boruntersuchungen zur Diagnose und
der notwendigen Therapie führt“, rührt
seine Begeisterung für das Fach. Prä-
gend für seine wissenschaftliche Arbeit
war ein dreijähriger Forschungsaufent-
halt am Bascom Palmer Eye Institute der
University of Miami. Hier beschäftigte er
sich mit Stammzellen aus dem äußeren
Randbereich der Hornhaut und deren
Einsatz zur Rekonstruktion der Augen-
oberfläche. „Nach mechanischen Ver-
letzungen oder auch Verätzungen kann
man durch die Transplantation solcher
Stammzellen die Regeneration der Horn-
haut erreichen“, beschreibt Prof. Meller
ein von ihm mitentwickeltes Verfahren,
das er auch in Jena etablieren will.
Von der Augenklinik des Universitäts-
klinikums Essen, an der er seit 2000 als
Oberarzt arbeitete und zuletzt als stell-
vertretender Klinikdirektor die Abteilung
für Erkrankungen des vorderen Augen-
abschnitts leitete, bringt Daniel Meller
umfangreiche operative Erfahrung mit.
Die möchte er natürlich weitergeben:
„Ich habe die jungen Assistenzärzte hier
als sehr wissbegierig kennengelernt.“
Der neue Direktor plant die Erweiterung
des Operations- und Behandlungsspek-
trums der Klinik.
Konkrete Vorstellungen hat der erfah-
rene Hochschullehrer auch davon, wie er
die Studierenden für sein Fach gewinnen
möchte: mit fächerübergreifender Lehre,
Kursangeboten im SkillsLab und einer gu-
ten Betreuung im Praktischen Jahr. vdG
Foto:Günther
Foto:privat
Als Experte für die
Therapie bei Herz-
insuffizienz hat
sich Prof. Dr. Paul
Christian Schulze
(Foto) an der Co-
lumbia Universität
in New York be-
reits einen Namen
gemacht. Jetzt ist
er einem Ruf nach
Jena gefolgt und besetzt den Lehrstuhl
für Kardiologie. Der 43-Jährige folgte
damit Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla als
Direktor der Klinik für Innere Medizin I,
der im Frühjahr in den Ruhestand verab-
schiedet wurde.
Nach dem Studium der Humanmedi-
zin in Leipzig, Houston, New Haven und
Buenos Aires arbeitete Prof. Schulze zu-
nächst im Herzzentrum der Universität
Leipzig. Seit 2001 war er in den USA
an verschiedenen, sehr renommierten
klinisch-universitären Einrichtungen tä-
tig, zunächst in Boston an der Harvard
Medical School und zuletzt in New York
am Columbia University Medical Cen-
ter. Als Anerkennung seiner Leistungen
wurde er dort zum Assistant Professor
und später zum Associate Professor of
Medicine berufen.
Als Leiter einer klinischen Forschungs-
gruppe liegt sein Fokus auf der Erfor-
schung des Herzstoffwechsels, des kar-
diogenen Schocks und der chronischen
Herzinsuffizienz vor und nach einer
Transplantation sowie neuer Methoden,
um den klinischen Verlauf von Patienten
mit Herz- und Gefäßerkrankungen zu er-
fassen. Ein weiterer Schwerpunkt sind
neueTherapien mit mechanischen Herz-
unterstützungssystemen, sogenannten
Kunstherzen, die durch die Haut oder
auch chirurgisch eingesetzt werden.
Mit dem Umzug nach Jena hat der
im sächsischen Zwickau geborene Paul
Christian Schulze seinen Lebensmittel-
punkt wieder näher an seine Heimat
verlegt. „Ich freue mich sehr, mit mei-
ner Familie wieder nach Deutschland zu
ziehen und meine Arbeit nunmehr an
der Universität Jena fortzusetzen“, so
Schulze.
Seine Berufung wird durch eine Initi-
ative der Else Kröner-Fresenius-Stiftung
und der German Scholars Organization
e. V. (GSO) unterstützt, die sich zum Ziel
gesetzt haben, medizinische Spitzenfor-
scher aus dem Ausland zu gewinnen. as
Foto:privat