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Uni-Journal Jena12/15

Profile

Gut verpackt ans Ziel

Prof. Luciani entwickelt Arznei-Transportmittel

Dynamische

Systeme

Prof. Oertel-Jäger

lehrt Ergodentheorie

Das Schlagen

eines Schmetter-

lingsflügels, das

am anderen Ende

der Welt zu Wet-

terkapriolen führt,

steht sinnbildlich

für chaotische

Phänomene. Doch

während der Laie

„chaotisch“ weit-

gehend mit „unverständlich“ gleich-

setzt, versucht Prof. Dr. Tobias Oertel-Jä-

ger (Foto) solche komplexen, scheinbar

zufälligen Prozesse mit Hilfe mathemati-

scher Modelle zu verstehen. Der 39-Jäh-

rige ist in diesem Semester von der TU

Dresden an die Uni Jena gekommen und

hat hier die Professur für Ergodentheo-

rie und Dynamische Systeme inne, die

als Heisenberg-Professur von der Deut-

schen Forschungsgemeinschaft (DFG)

gefördert wird.

Den Begriff Ergodentheorie habe der

Physiker Ludwig Boltzmann geprägt, er-

läutert Oertel-Jäger. „Er setzt sich aus

den griechischen Worten für ‚Energie‘

und ‚Weg‘ zusammen und bezeichnet

die mathematischen Grundlagen zur Be-

schreibung dynamischer Systeme.“ Sol-

che zeitabhängigen Prozesse lassen sich

überall in den Natur- aber auch den So-

zial- oderWirtschaftswissenschaften fin-

den, nennt der Mathematiker potenzielle

Anwendungsfelder seiner Arbeit. „Nicht

nur das Wetter, beispielsweise auch

die Bewegung von Planetensystemen,

Aktienkurse oder Räuber-Beute-Bezie-

hungen in Ökosystemen lassen sich mit

mathematischen Modellen beschreiben

und analysieren“, sagt Oertel-Jäger, der

für seine Arbeiten auf diesem Gebiet in

diesem Jahr mit dem renommierten von

Kaven-Ehrenpreis der DFG ausgezeich-

net worden ist.

Tobias Oertel-Jäger hatte neben Ma-

thematik zunächst auch Biologie stu-

diert, entschied sich dann aber für die

Mathematik. Nach der Promotion an

der Uni Erlangen-Nürnberg forschte er

von 2006-2009 am Collège de France

in Paris. Vor seinem Wechsel nach Jena

leitete er die Emmy Noether-Nach-

wuchsgruppe „Low-dimensional and

non-autonomous dynamics“ in Dresden.

Hier an der FSU beteiligt sich der Va-

ter einer Tochter u. a. mit einem neuen

interdisziplinären EU-Projekt an den For-

schungen im Michael-Stifel-Zentrum. US

Foto:Günther

Bei den meisten

beh a nde l b a r en

Krankheiten ist

eine medikamen-

töse Therapie die

erste Wahl. „Der

Wirkstoff allein ist

jedoch nicht ge-

nug – er muss mit

den richtigen Hilfs-

stoffen und in der

korrekten Dosis verabreicht werden, um

den maximalen Nutzen bei minimalem

Risiko unerwünschter Arzneimittelwir-

kungen zu erzielen“, sagt Prof. Dr. Paola

Luciani (Foto). Die Professorin für Phos-

pholipide in der Arzneimittelentwicklung,

die seit diesem Semester an der FSU

lehrt und forscht, möchte Transport-

systeme entwickeln, die Arzneistoffe

„verpacken“ und erst dann kontrolliert

freisetzen, wenn diese ihr Ziel im Kör-

per erreicht haben. Als Grundlage dafür

nutzt die Chemikerin Phospholipide –

Fette, die in praktisch allen Organismen

vorkommen und Hauptbestandteil der

Zellmembranen sind.

Foto:Günther

Ihr Ziel ist es, nicht nur Phospholipid-

Vesikel – sogenannte Liposomen – als

Arzneistoff-Carrier zu entwickeln, son-

dern diese auch für diagnostische An-

wendungen nutzbar zu machen, etwa

zum Transport von Kontrastmitteln für

bildgebende Verfahren. „Dabei geht es

z. B. um die Möglichkeit, reaktive Radi-

kale nachzuweisen, die für eine ganze

Reihe von Erkrankungen verantwortlich

sind“, sagt die 38-jährige Italienerin.

Paola Luciani hat in ihrer Heimatstadt

Rom Chemie studiert und wurde von

der Universität „La Sapienza“ 2006 pro-

moviert. Nach einem Aufenthalt als For-

schungsstipendiatin an der Uni Florenz

wechselte sie 2008 als Postdoc an die

ETH in Zürich. Dort betreute sie ab 2012

als Gruppenleiterin mehrere Forschungs-

projekte und Doktoranden im Bereich

der Arzneimittelformulierung, bevor sie

nun als Professorin an die Uni Jena kam.

Auch in die Lehre ist sie bereits fest

eingebunden. Sie ergänzt ihre Lehrver-

anstaltungen durch E-Learning-Einhei-

ten, was bei den Studierenden sehr gut

ankomme, so Luciani. 

US

Optimale Lösungen finden

Prof. Löhne betreibt mathematische Optimierung

Reich werden ohne Risiko. Ein solches

Versprechen eines Anlageberaters wäre

vermutlich der beste Grund, dessen

Empfehlungen nicht zu folgen. Gleich-

wohl versuchen Anleger am Aktien-

markt, bei möglichst minimalem Risiko

maximale Renditen zu erzielen. Stellt

sich also die Frage, wie ein Wertpapier-

Portfolio aussehen muss, das diese ge-

gensätzlichen Ziele am ehesten vereint.

Um solche Systeme zu analysieren,

nutzen Finanzmathematiker Methoden

der sogenannten multikriteriellen Opti-

mierung. „Dabei geht es darum, gleich-

zeitig mehrere gegensätzliche Ziele zu

verfolgen und nach entsprechenden Kri-

terien zu optimieren“, erläutert Prof. Dr.

Andreas Löhne (Foto). „Man sucht nach

Lösungen, bei denen ein Kriterium nur

verbessert werden kann, wenn ein an-

deres dafür verschlechtert wird“, so der

43-jährige Professor für Mathematische

Optimierung, der sich mit genau solchen

Fragestellungen befasst.

Und die betreffen nicht etwa nur die

Finanzmathematik. Andreas Löhne ist

von der Uni Halle-

Wittenberg an die

Jenaer Universität

gekommen und

entwickelt Verfah-

ren, mit denen

sich für komplexe

Probleme optimale

Lösungen finden

lassen. „Wir be-

fassen uns sowohl

mit sehr theoretischen Fragestellungen

als auch mit der Entwicklung von Algo-

rithmen und mathematischer Software“,

so der gebürtige Querfurter.

Andreas Löhne hat an der Martin-

Luther-Universität Halle-Wittenberg Ma-

thematik studiert. Nach seinem Studium

arbeitete er an seiner Doktorarbeit zum

Thema „Optimierung mit Mengenrelati-

onen“, die er 2005 abschloss. 2010 habi-

litierte er sich über „Vektoroptimierung

mit Infimum und Supremum” ebenfalls

an der Uni Halle. Es folgten Forschungs-

und Lehraufenthalte u. a. an der Prince-

ton University in den USA. 

US

Foto:Günther