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Uni-Journal Jena12/15
Forschungsprojekte
Foto:Kasper
Wenn Lesen eine Qual ist
Forschungsprojekt zur Therapie von Lese-Rechtschreibstörung gestartet
Was reimt sich auf Maus? Auf dem Bild-
schirm vorTom erscheinen verschiedene
Wörter zur Auswahl. Während der Acht-
jährige den Buchstaben die richtigen
Laute zuzuordnen versucht, werden in
seinem Gehirn einzelne Areale aktiviert.
Tom fällt diese Aufgabe nicht leicht, er
leidet an einer Lese-Rechtschreibstörung
(LRS). Werden in seinem Gehirn andere
Areale als bei Normallesenden aktiv, die
vor derselben Aufgabe sitzen? Funktio-
niert bei ihm der Informationsaustausch
zwischen den einzelnen Arealen schlech-
ter? Welche Auswirkungen hat eine ge-
zielte Therapie auf seine Hirnfunktion?
Hirnaktivität beim Lesen messen
Um Antworten auf Fragen wie diese
zu finden und die Störungsmechanis-
men der LRS sowieTherapiemöglichkei-
ten besser zu verstehen, ist am Unikli-
nikum ein neues Forschungsprojekt
gestartet. Die Kooperation zwischen der
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie und
dem Institut für Medizinische Statistik,
Informatik und Dokumentation wird von
der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) gefördert.
„Die Methode ist äußerst komplex“,
so die Psychologin Dr. Carolin Ligges.
Tom sitzt im kind-
gerechten EEG-La-
bor der Kinder- und
Jugendpsychiat-
rie während der
Computer ihm
neue Aufgaben
stellt. Eine Art Ba-
dehaube mit Elekt-
roden misst an der
Kopfoberfläche,
was beim Lesen
passiert. „Über
spezielle Algorith-
men können wir
aus den Daten in
die Tiefe rechnen,
um die beteiligten
Hirnareale zu lokalisieren“, so Medizinin-
formatiker Prof. Dr. Herbert Witte. Seit
vielen Jahren feilt er mit seinemTeam an
den dafür notwendigen Methoden und
entwickelt neue Algorithmen – die auch
in anderen Zusammenhängen, etwa
bei Epilepsiepatienten, zur Anwendung
kommen.
Die bisherigen Studien liefern immer
wieder Hinweise darauf, dass es sich um
ein Störungsbild mit neurobiologischer
Basis handelt. „Ein Großteil der Kinder
hat vor allem Schwierigkeiten, Sprach-
laute zu verarbeiten.“ Die Forscher
vermuten, dass hierbei die Interaktion
der Hirngebiete eine wesentliche Rolle
spielt. Ein Dreivierteljahr lang erhalten
Kinder mit einer Lese-Rechtschreibstö-
rung nun einmal proWoche eine gezielte
Therapie. Die Hirnaktivitäten vor und
nach der Therapie werden verglichen,
auch mit Ergebnissen von normallesen-
den Schülern und Kindern mit LRS, die
erst nach einemWarteintervall eineThe-
rapie erhalten haben. Im Fokus stehen
Schüler der zweiten und dritten Klasse,
da erst in diesem Alter eine „gefestigte“
Diagnose gestellt werden kann.
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manchenKindern
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StudieamUniversi-
tätsklinikum.
Kontakt:
Dr.CarolinLigges
Tel.:03641/935536 E-Mail:carolin.lig- ges@med.uni-jena.deFoto:Kasper
Schneller Nachweis von Infektionen
Europäisches Großprojekt entwickelt miniaturisiertes Diagnostik-Werkzeug
Ziel eines neuen EU-Projektes, das von
der TU Berlin koordiniert wird, ist es,
eine schnelle und hochempfindliche Di-
agnostik zu entwickeln, die zur Verbes-
serung der Behandlung von Infektions-
krankheiten führen soll. Das Projekt für
eine miniaturisierte „Point-of-Care-Diag-
nostik-Technologie“ (PoC-ID) bündelt das
Expertenwissen von 13 akademischen
und industriellen Partnern aus sieben
europäischen Ländern. Als Prototyp soll
eine benutzerfreundliche PoC-Plattform
entstehen, die den schnellen Nachweis
von viralen Infektionen der Atemwege
(Respiratorische Synzytial-Virus-Infek-
tionen, RSV), eine der Hauptursachen
für Infektionskrankheiten bei Kindern,
ermöglicht.
RSV ist die häufigste Ursache von
akuten Infektionen der unteren Atem-
wege (ALRI) bei Kindern. Das künftige
PoC-ID-Gerät soll es ermöglichen, den
Nachweis von Biomarkern für Wirt und
Pathogen in der gleichen Probe zu kom-
binieren. Unterstützt durch die Multi-Pa-
rameter-Analyse können die Sensoren
die medizinische Entscheidung für die
beste Behandlungsstrategie erleichtern:
Krankenhausaufenthalt, Antibiotika-Be-
handlung, unterstützende Pflege oder
abwarten und beobachten.
Das technische Konzept basiert auf
einer Kombination von innovativen
RNA-Oligonukleotid-Fängermolekülen
(Aptamere) und zwei neuen hochemp-
findlichen Sensorkonzepten: einem bio-
logisch-aktiven Graphen-Feldeffekttran-
sistor (BioGrFET), an dem das Jenaer
Team um Prof. Dr. Andrey Turchanin ar-
beitet, und einem mikroelektromechani-
schen Bauelement (BioMEMS). Dadurch
soll eine verbesserte Leistung in Bezug
auf Stabilität, Sensitivität und Selektivi-
tät erreicht werden.
PM
Prof.Dr.Andrey
Turchaninundsein
Teamwollenneue
Nanosensorenent-
wickeln.
Kontakt:
Prof.Dr.AndreyTurchanin,Tel.:03641/
948370,E-Mail
:andrey.turchanin@uni-jena.de[alsoavailabl
einEnglish:www.uni-jena.de/en/uni_journal_12_2015.html]