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Uni-Journal Jena12/15
Forschung
Testsystem für neue Wirkstoffe
Nachwuchsforscherin beobachtet Entzündungsprozesse in Echtzeit
Asthma bronchiale, Heuschnupfen oder
Neurodermitis – Allergien sind in den
westlichen Industriestaaten weiter auf
dem Vormarsch. Die Ursache für aller-
gische Reaktionen sind überschießende
Entzündungsprozesse des Immunsys-
tems. Eine zentrale Rolle dabei spielt
das Enzym 5-Lipoxygenase, kurz 5-LO.
„Dieses Enzym steuert das Entzün-
dungsgeschehen, in dem es die Biosyn-
these von proentzündlichen Substanzen
katalysiert“, sagt Dr. Ulrike Garscha. Da-
her sei die 5-LO ein vielversprechendes
Angriffsziel für Wirkstoffe zur Behand-
lung von Entzündungserkrankungen.
Die Nachwuchswissenschaftlerin
vom Lehrstuhl für Pharmazeutische und
Medizinische Chemie und ihr kleines
Team haben nun einen neuen Ansatz
erarbeitet, der die Arzneistoffsuche
genau hier entscheidend voranbringen
kann. Wie Garscha und ihre Kollegen
aus Jena gemeinsam mit Forschern des
Karolinska Instituts in Stockholm in der
Fachzeitschrift „FASEB Journal“ berich-
ten, konnten sie erstmals den Mechanis-
mus detailliert studieren, über den die
5-LO gemeinsam mit einem weiteren
Protein namens
FLAP die Entzün-
dungsprozesse in
Gang setzt (DOI: 10 . 10 9 6 / f j . 15 - 278010).„Es ist bereits
seit einigen Jahren
vermutet worden,
dass 5-LO und
FLAP zusammen-
wirken“, unter-
streicht Prof. Dr.
Oliver Werz, an
dessen Lehrstuhl
die Arbeitsgruppe
von Dr. Garscha
angesiedelt ist.
Obwohl dieses
Zusammenwirken
in der internatio-
nalen Forscherge-
meinschaft unstrit-
tig war – eindeutig nachgewiesen haben
es jetzt erstmals die Jenaer Pharmazeu-
ten. Dafür haben sie die Interaktion der
beteiligten Proteine durch Fluoreszenz-
farbstoffe sichtbar gemacht und im Mi-
Foto:Günther
kroskop beobachtet. Auf diesem Weg
konnten sie auch den genauen Regula-
tionsmechanismus aufklären, nach dem
die beiden Moleküle das Entzündungs-
geschehen steuern.
US
Gerüstbau in Nervenzellen
Biochemiker filmen Neuronen beim Wachsen und klären Signalweg auf
Biochemikern des Klinikums ist es ge-
lungen, einen für die Ausbildung des
Cytoskeletts von Nervenzellen wesent-
lichen Signalweg aufzuklären. Unter
anderem mittels hochaufgelöster 3D-
live-Mikroskopie konnten die Doktoran-
dinnen Wenya Hou, Maryam Izadi und
Sabine Nemitz zeigen, wie die dynami-
sche Bildung von Aktinfilamenten zeit-
lich und räumlich gesteuert wird. Die im
Fachjournal PLoS Biology veröffentlich-
ten Ergebnisse tragen zum Verständnis
von Entwicklungs- und Regenerations-
prozessen von neuronalen Netzwerken
bei (DOI:10.1371/journal.pbio.1002233).In der Kinderstube von Nerven
Einen Blick in die „Kinderstube“ von
Nervenzellen macht der mikroskopische
Zeitrafferfilm möglich, den Forscher
vom Institut für Biochemie I aufgenom-
men haben: Zu sehen ist, wie sich die
stark verzweigte Gestalt der Zellen
ausprägt, die für die Bildung neuronaler
Netzwerke, den Transport von Signalen
und die korrekte Signalverarbeitung
im Gehirn unabdingbar ist. Stabilisiert
wird diese Zellform von einem inneren
Fasergerüst, das aus Zusammenlage-
rungen vieler Kopien des Proteins Aktin
besteht und das die Zelle je nach Be-
darf auf- und wieder abbauen kann. Die
Bildung dieser Aktinfasern erforschen
Prof. Dr. Britta Qualmann und PD Dr.
Michael Kessels. „Mit dem Protein Cobl
konnten wir einen wichtigen Akteur in
diesem Baugeschehen identifizieren“,
so Britta Qualmann. „Woher Cobl aber
weiß, wann und wo es loslegen soll, war
bislang völlig unklar“, ergänzt Michael
Kessels.
Zur Beantwortung dieser Frage konn-
ten jetzt Wenya Hou, Maryam Izadi und
Sabine Nemitz wesentliche Erkennt-
nisse beitragen. In hochaufgelösten 3D-
live-Mikroskopieexperimenten verfolg-
ten die Nachwuchswissenschaftlerinnen
die Bildung von Aktinfasern. So stellten
sie fest, dass sich Cobl an bestimmten
Stellen in Neuronen ansammelt, bevor
genau dort Aktin-reiche Ausstülpungen
auftreten, die zu dendritischen Verzwei-
gungen führen können.
vdG
MaryamIzadi(v.)
undWenyaHou
konnteneinenfür
denBaudesGerüsts
vonNervenzellen
wichtigenSignalweg
aufklären.
Kontakt:Prof.Dr.BrittaQualmann,
Tel.:03641/9396300
E-Mail:
Britta.Qualmann@med.uni-jena.deFoto:Szábo
Kontakt:
Dr.UlrikeGarscha
Tel.:03641/949811
E-Mail:ulrike. garscha@uni-jena.de[alsoavailablein
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