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Uni-Journal Jena12/15
Forschungsprojekte
Astrophysiker auf Kollisionskurs
Trümmerscheiben stehen im Fokus einer neuen DFG-Forschergruppe
Sie haben Namen wie „2M1207 b“,
„Kepler-42 b bis d“ oder „Gliese 876 d“,
bestehen aus Gas oder Stein und sind
Lichtjahre von uns entfernt: extrasolare
Planeten und Planetensysteme. Seit ei-
nigen Jahren lassen immer wieder neue
Entdeckungen von Exoplaneten aufhor-
chen, sagt Prof. Dr. Alexander Krivov.
Und der Astrophysiker weiß: Wo Plane-
ten sind, gibt es oft auch sogenannte
Trümmerscheiben. Doch anders als neu
entdeckte Planeten stehen diese Gürtel
aus Kometen, Asteroiden und Staub
weit weniger im Fokus der öffentlichen
Aufmerksamkeit.
Spuren im kosmischen Staub
Und auch wissenschaftlich fristeten
Trümmerscheiben (engl.: debris discs)
bislang eher ein Schattendasein. Doch
das soll sich jetzt ändern: Die Astrophy-
siker um Prof. Krivov werden die Schei-
ben aus Gesteinsbrocken und Staub in
den kommenden drei Jahren gemein-
sam mit Arbeitsgruppen aus Jena, Kiel,
Braunschweig und Hamburg intensiv
u n t e r s u c h e n .
Die Deutsche
Fo r s ch u n g s g e -
meinschaft (DFG)
fördert die neu
gegründete For-
s c h e r g r u p p e
„Trümmerscheiben
in Planetensys-
temen“ bis 2018
mit insgesamt 2,2
Millionen Euro.
Etwa 1,6 Millionen
davon gehen nach
Jena.
„Trümmerschei-
ben kommen un-
gefähr genauso
häufig vor wie mit
aktuellen Metho-
den detektierte Exoplaneten“, erläutert
Prof. Krivov, der Sprecher der neuen
Forschergruppe ist und deren Arbeit
koordiniert. Im Laufe der Planetenent-
stehung bildet sich auch eine Vielzahl
wesentlich kleinerer Materiebrocken, die
den zentralen Stern umrunden. Dabei
kollidieren diese Brocken und erzeugen
jede Menge Staub. Diese Staub- und
Materieansammlungen sind wichtige
Informationsquellen für die Forscher. US
Das unterschätzte Erdreich
Geowissenschaftler analysieren die Mikrobausteine des Bodens
Für die meisten Menschen ist
es wohl einfach ein Haufen
Erde, in dem Nahrungsmittel
wachsen – der Boden. Dabei
reichen seine Aufgaben viel
weiter: Das Erdreich ist einer
der artenreichsten Lebens-
räume und maßgeblich für
die Qualität des Grundwas-
sers verantwortlich.
Den Kleinstbausteinen des
Bodens – sogenannten Mik-
roaggregaten – widmet sich
nun die neue Forschergruppe
„Microaggregates: Formation
andTurnover of the Structural
Building Blocks of Soils (MAD
Soil)“ um den Geowissen-
schaftler Prof. Dr. Kai Uwe
Totsche.
Mikroaggregate setzen sich aus mi-
neralischen, organischen und biotischen
Bestandteilen zusammen und bilden
einen idealen Lebensraum nicht nur
für Mikroorganismen. Kai Uwe Totsche
und sein Team interessiert v. a., wel-
che Funktionen diese Mikroaggregate
genau haben und welchen Einfluss sie
auf die zentralen Funktionen des Bo-
dens – wie Transport und Speicherung
von Wasser, Kohlenstoff und Nährstof-
fen – ausüben. Die Wissenschaftlerin-
nen und Wissenschaftler widmen sich
zudem der Fragestellung,
wie sich die Eigenschaf-
ten und die Struktur dieser
Kleinstbausteine zeitlich als
auch räumlich entwickelt.
Die Untersuchungen sind
zunächst auf drei Jahre an-
gelegt und werden von der
Deutschen Forschungsge-
meinschaft (DFG) mit rund
14 Millionen Euro gefördert.
Neben der Universität Jena
sind die Universitäten Kassel,
Bonn, Erlangen-Nürnberg,
Hannover, die TU München
und das Forschungszen-
trum Jülich beteiligt.
Mit den erwarteten Ergeb-
nissen können künftig auch
genauere Strategien für den Umgang
mit dem globalen Klimawandel ausge-
arbeitet werden. Denn Böden sind der
größte terrestrische Speicher für Koh-
lenstoff und gleichzeitig eine der wich-
tigsten natürlichen Quellen für klimare-
levante Gase in der Atmosphäre. biw
ÄsthetikunterunserenFüßen:EinPseudogley(Bodentyp)mitMarmo-
rierung(unten)undKonkretionen(Mitte).
Foto:Totsche
Kontakt:
Prof.Dr.KaiUwe
Totsche
Tel.:03641/948651
E-Mail:Kai.Totsche@ uni-jena.deFoto:J.Scheere
Dr.HaraldMutschke
(v.l.n.r.),Dr.Tors-
tenLöhneundProf.
Dr.AlexanderKrivov
arbeiteninderneuen
DFG-Forschergruppe
zusogenannten
„Trümmerscheiben“.
Kontakt:Prof.Dr.AlexanderKrivov
Tel.:03641/947530