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Uni-Journal Jena12/15
Verständnis senkt das Belastungsgefühl
Psychologen verbessern psychische Gesundheit pflegender Angehöriger
„Demenz“ bedeutet von der
lateinischenWortherkunft her
„unvernünftig“ – und das ist
in den Augen vieler Angehöri-
ger, die an Demenz erkrankte
Verwandte pflegen, wohl
eine treffende Beschreibung
der Krankheit. Für die Pfle-
genden geht die Aufgabe,
den Erkrankten rund um die
Uhr zu versorgen, häufig mit
hoher seelischer und körper-
licher Überforderung einher.
Im Rahmen des Projekts
„Telefonische Therapie von
Angehörigen von Demenz-
kranken“ (Tele.TAnDem)
beschäftigt sich eine Arbeits-
gruppe um Prof. Dr. Gabriele
Wilz mit den Belastungen pflegender
Angehöriger und der Entwicklung spezi-
fischer Unterstützungsangebote. Erste
Ergebnisse der Psychologen zeigen,
dass sich psychotherapeutische Betreu-
ung positiv auf Gesundheit und Lebens-
qualität der Angehörigen auswirkt.
Welche Komponenten der Therapie
diese Effekte herbeiführen, das ha-
ben Gabriele Wilz, Uwe Altmann und
Denise Schinköthe in einem aktuellen
Fachartikel beschrieben (DOI: 10.1080/ 13607863.2014.971704). Demnachwird das therapeutische Gespräch von
den Angehörigen zumeist
als entlastend und befreiend
empfunden. Darüber hinaus
führt eine kognitive Umstruk-
turierung – die Veränderung
der gedanklichen Lebenskon-
zepte – wesentlich zur Ver-
besserung des Belastungser-
lebens.
Das Umdenken muss sich
bei den Angehörigen mit Blick
auf das persönlicheWohlerge-
hen selbst einstellen. „Mehr
Zeit für mich“ war eines der
häufig genannten Ziele, die
sich die Angehörigen von der
Teilnahme an der Studie ver-
sprachen. Doch dazu müssen
sie die Einsicht „ich darf es
mir gut gehen lassen“ erst einmal zu-
lassen. Konnten die Therapietelefonate
dies erreichen, waren die Pflegenden
am Ende nicht nur generell zufriedener,
sondern verbesserten auch den Umgang
mit dem an Demenz erkrankten Famili-
enangehörigen.
biw
Foto:Scheere
DiePsychologinDeniseSchinköthebeieinerTelefonberatungim
RahmendesProjekts„TelefonischeTherapievonAngehörigenvon
Demenzkranken“(Tele.TAnDem).
Forschung
Ein flatterndes Akkordeon
Neue Studie erklärt einmalige Lauterzeugung bei Totenkopffaltern
Ihre Ankunft galt als böses Omen: We-
gen der totenkopfartigen Zeichnung auf
dem Rücken wurde „Acherontia atro-
pos“ früher gefürchtet. Dabei ist der
„Totenkopffalter“ gleich in mehrfacher
Hinsicht außergewöhnlich: Die Tiere
wandern alljährlich von Afrika nach Eu-
ropa und suchen Bienenstöcke auf, aus
denen sie Honig stehlen.Werden die Fal
ter gereizt, geben sie rhythmisch quiet
schende Geräusche von sich. Mit dieser
einmaligen Art der Lauterzeugung haben
sich nun Wissenschaftler aus Jena und
Kiel genauer beschäftigt und die Ergeb-
nisse der gemeinsamen Forschung im
Fachmagazin „The Science of Nature“
(Naturwissenschaften) veröffentlicht
(DOI: 10.1007/s00114-015-1292-5).„Der Totenkopffalter erzeugt seine
Laute nach einem ähnlichen Prinzip wie
ein Akkordeon“, erläutert Dr. Gunnar
Brehm, der die Untersuchungen leitete.
Die gefaltete Decke des Falter-Schlun-
des wird mit Hilfe von Muskeln hochge-
zogen. Die Luft strömt durch Rüssel und
Mund des Falters und bringt dabei eine
kleine Platte zum Vibrieren, wodurch ein
Ton erzeugt wird.
Anschließend wird
die Luft wieder
ausgestoßen, wo-
bei ein anderes,
pfeifendes Ge-
räusch entsteht.
Das Ein- und Aus-
blasen passiert
allerdings sehr viel
schneller als beim
Akkordeon und
dauert nur eine
Fünftelsekunde.
Das Wissen-
schaftlerteam ist
der Lauterzeu-
gung mit Hilfe von
Computer-Tomo-
graphen, eines
Mammographie-
Gerätes und mit Hochgeschwindigkeits-
kameras auf den Grund gegangen. Zu-
dem wurden die Falter im Akustik-Labor
untersucht. Dort konnte ermittelt wer-
den, dass die Falter sowohl im mensch-
lich hörbaren Bereich als auch im Ultra-
schallbereich bis über 60 Kilohertz Laute
erzeugen. Mit der Quietscherei, so ver-
muten die Wissenschaftler, wollen die
Falter ihre Fraßfeinde erschrecken. AB
DieLauterzeugung
desTotenkopffalters
hatjetzteinWissen-
schaftlerteament-
schlüsselt.
[alsoavailablein
English:www.uni-
jena.de/en/uni_ journal_12_2015. html]Foto:Brehm
Kontakt:Dr.GunnarBrehm,Tel.:03641/
949184,E-Ma
il:gunnar.brehm@uni-jena.deKontakt:
DeniseSchinköthe
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