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Uni-Journal Jena07/15
Planbare Wissenschaftskarrieren
Neue Richtlinie regelt Zeitverträge für den Forschernachwuchs
Die Friedrich-Schiller-Universität (FSU)
geht einen weiteren Schritt, um ihrem
wissenschaftlichen Nachwuchs best-
mögliche Arbeitsbedingungen zu bie-
ten: Als eine der ersten Universitäten in
Deutschland hat sie sich eine verbindli-
che Richtlinie für die Ausgestaltung von
Zeitverträgen mit ihren wissenschaftli-
chen Angestellten gegeben. Diese regelt
neben der Laufzeit von Arbeitsverträgen
auch den Umfang der Beschäftigung
sowie die konkreten Beschäftigungsin-
halte und damit die entscheidenden Pa-
rameter, die eine Promotionsarbeit, eine
Habilitation oder ein Forschungsprojekt
planbar machen.
Die Regelung sieht vor, dass Promo-
vierende in der Regel einen Dreijahres-
vertrag erhalten. In der Postdoc-Phase
wird zunächst ein Vertrag über zwei
Jahre geschlossen, danach entscheidet
ein individueller Karriereplan über die
darauf folgende Laufzeit des Vertrages.
„Diese Regelung ist neu und soll zu
einem relativ frühen Zeitpunkt nach der
Promotion eine Orientierung über die
angestrebte berufliche Entwicklung er-
möglichen und Klarheit schaffen über die
angestrebten Qualifikationsziele“, betont
Personaldezernentin Dr. Uta Bock. Mög-
lichst schnell solle deshalb eine spezielle
Handreichung für die Karrieregespräche
erarbeitet werden. Im Drittmittelbereich,
so die neue Richtlinie, sollen sich die Ver-
träge an den Vorgaben und Erfordernis-
sen des Projektes und seiner Laufzeit
orientieren. Außerdem legt die Richtlinie
regelmäßige Mitarbeitergespräche zwi-
schen allen befristet Beschäftigten und
ihren Vorgesetzten fest, in denen es u. a.
um Arbeitsaufgaben, Arbeitsumfeld, die
Zusammenarbeit sowie Veränderungs-
und Entwicklungsperspektiven geht.
„Die Richtlinie bietet jungen Wis-
senschaftlern am Beginn ihrer Karriere
ein gutes Stück Planungssicherheit“,
sagt Prof. Dr. Uwe Cantner. „Ein si-
cherer Arbeitsplatz ermöglicht es, sich
auf das eigene Forschungsvorhaben
oder die Promotionsarbeit zu konzen-
trieren und damit wissenschaftlich vo-
ranzukommen“, so der Vizepräsident
für wissenschaftlichen Nachwuchs und
Gleichstellung. Das sei im Interesse der
Nachwuchskräfte und im Interesse der
Universität, schließlich gewinne sie als
Arbeitgeber an Attraktivität für den For-
schernachwuchs.
Auch wenn an der FSU bereits jetzt
etwa zwei Drittel der Nachwuchskräfte
auf Haushaltsstellen Erstverträge (nach
dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz)
von mindestens zwei Jahren bekommen
haben, geht die Universität mit ihrer
neuen Regelung über das in der Wis-
senschaft bisher übliche Maß deutlich
hinaus. „Bislang haben sich nur wenige
Universitäten überhaupt verbindliche
Richtlinien gegeben“, weiß Uwe Cantner.
„Ein wichtiger Schritt“
Als einen wichtigen Schritt für die
Universität bezeichnet auch Franziska
Meichsner die Verabschiedung der Richt-
linie. „Die Universität bekennt sich damit
zu ihrer Verantwortung für die wissen-
schaftliche Zukunft“, so die Doktorandin,
die sich im Vorstand der Promovieren-
denvertretung „DR.FSU“ und im „Netz-
werk Mittelbau“ engagiert. „Besonders
freue ich mich, dass bei der finalen
Gestaltung der Richtlinien unsere Anre-
gungen so umfangreich berücksichtigt
wurden.“ Damit sei sichergestellt, dass
die neuen Regelungen den aktuellen
Bedürfnissen von Nachwuchswissen-
schaftlerinnen und -wissenschaftlern ge-
recht werden. Neben dem verlässlichen
Rahmen einer gesicherten Beschäfti-
gung schätzt Franziska Meichsner auch
die vorgesehenen Karrieregespräche
positiv ein.
Dr. Karsten Gäbler, wie Meichsner
Mitglied des „Netzwerks Mittelbau“,
sieht die nun verabschiedete Regelung
lediglich als ersten Schritt einer notwen-
digen Reform. „Die zweifellos positiven
Aspekte der Richtlinie können nicht
über die grundsätzliche Misere an den
Hochschulen hinwegtäuschen“, so der
wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehr-
stuhl für Sozialgeografie. „Trotz Min-
destvertragslaufzeit und – zumindest im
Postdoc-Bereich – angestrebter Vollzeit-
beschäftigung bleiben die Arbeitsverhält-
nisse ja immer noch befristet und über
all dem schwebt das Damoklesschwert
des Wissenschaftszeitvertragsgeset-
zes.“ Hier sei zu einer echten Verbesse-
rung der Beschäftigungsbedingungen
ganz klar die Politik aufgefordert, die
Grundfinanzierung der Hochschulen zu
erhöhen, um sinnvolle Verstetigungen
zu ermöglichen.
Auch der Personalrat hatte in der Ver-
gangenheit die Arbeitsbedingungen der
wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in den Qualifikations-
phasen immer wieder als kritisch be-
wertet, wie der Personalratsvorsitzende
Karsten Horn sagt. „Wir sind daher sehr
froh, dass wir gemeinsam mit anderen
Akteuren die Möglichkeit hatten, einen
Formulierungsvorschlag für die Verbes-
serung dieser Beschäftigungsverhält-
nisse einzubringen.“ Die meisten die-
ser Anregungen seien in die Richtlinie
eingeflossen und müssten nun in der
Praxis mit Leben erfüllt werden. Mit der
Regelung erreiche die FSU – auch im
bundesweiten Vergleich – eine durchaus
fortschrittliche Entwicklungsstufe für die
Arbeitsbedingungen wissenschaftlicher
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sagt
Horn.
Die neue Richtlinie ist Teil eines um-
fassenden Gesamtkonzepts für die Kar-
riereentwicklung des wissenschaftlichen
Nachwuchses, das eine Arbeitsgruppe
unter der Leitung von Vizepräsident
Cantner derzeit erarbeitet. Dazu sollen
in den kommenden Monaten ein Dau-
erstellenkonzept sowie einTenure-Track-
Konzept vorgelegt werden. Auch hier
optimistisch, die Bedingungen erheblich
verbessern zu können, appelliert Prof.
Cantner insbesondere an die Politik:
„Wir brauchen finanzielle Rahmenbe-
dingungen, die den für die Qualität ei-
ner Universität kontinuierlich notwen-
digen personellen Erneuerungsprozess
nicht gefährden, die es uns aber auch
ermöglichen, qualifizierte Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftler langfristig
zu binden.“ Dies sei ein entscheidendes
Kriterium für die deutschen Hochschu-
len, um im internationalen Wettbewerb
um die besten Köpfe zu bestehen. US
AlsAnsprechpartner
zurAusgestaltung
vonArbeitsverträgen
mitwissenschaftli-
chenMitarbeiterin-
nenundMitarbeitern
stehtdasDezernat
fürPersonalangele-
genheitenzurVer-
fügung.
DieRichtlinieistfür
Universitäts-Ange-
hörigeeinsehbarim
HanFRIEDunter:
www.hanfried.uni-
jena.de.DasHausfürden
wissenschaftlichen
Nachwuchs(„Zur
Rosen“)istdiezent-
raleAnlaufstellefür
Promovierendeund
PostdocsanderUni-
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bietetdieUniversität
mitderneuenRicht-
liniezurAusgestal-
tungvonbefristeten
Beschäftigungsver-
hältnissenjetztmehr
Planungssicherheit.
Foto:Kasper
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