30
Uni-Journal Jena07/15
Beutenberg-News
3D-Erfassung von Globen
„Digitale Weltansichten online“ ist Ort im „Land der Ideen“
Sexualpheromon entdeckt
Molekül steuert Paarungserfolg bei Taufliegen
Zwei Otto-Hahn-
Medaillen für Jena
Dr. Peter Kühmstedt und seine For-
schergruppe vom Fraunhofer IOF sowie
Andreas Christoph vom Ernst-Haeckel-
Haus der Universität haben mit ihrem
Projekt zur dreidimensionalen Vermes-
sung historischer Globen beim aktuellen
Wettbewerbsthema „Stadt, Land, Netz!
Innovationen für eine digitale Welt“ der
Initiative „Land der Ideen“ gepunktet.
Mit dem Beitrag zur Digitalisierung wich-
tiger Kulturgüter gehört das Gemein-
schaftsprojekt von IOF und Uni zu den
100 Siegern und wird am 24. September
offiziell ausgezeichnet.
Das Projekt „Digitale Weltansichten
online“ erprobt 3D-Scans im Kultursek-
tor an historischen Globen. Derzeit lau-
fen Testscans, um Verfahren und neue
Ansätze in eine Prozesskette zu integrie-
ren. Die Datensätze werden in dem „Di-
gitalen Globenportal“ präsentiert. Durch
die freie Verfügbarmachung der Globen
profitiert der Kultur- und Bildungsbereich
maßgeblich. Museen erweitern ihre me-
diale Reichweite durch attraktive Online-
Angebote; Schulen und Universitäten
untersuchen die Raumwissenschaften
in historischer Perspektive – virtuell auf-
bereitet, universell einsetzbar.
Der Globus verkörpert als eindring-
lichstes Artefakt die historischen Dimen-
sionen der weltweiten geografischen
und politischen Veränderungen. In den
Museumsarchiven wartet eine Vielzahl
von historischen Erd- und Himmelsglo-
ben auf ihre 3D-Erfassung. Durch die Di-
gitalisierung historischer Weltenmodelle
in 3D erfahren Interessierte nun das zeit-
genössische Verständnis des Weltbilds
– virtuell und frei zugänglich. Das ange-
strebte „Digitale Globenportal“ liefert
hierfür eine interaktive Erfahrungswelt
zur Anwendung in Bildung, Kultur und
Forschung.
Dr.PeterKühmstedt
(l.)undDr.Andreas
Christopherfassen
Erd-undHimmels-
globenin3D.
Foto:IOF
In diesem Jahr wurden gleich zwei
Forscher aus den Jenaer Max-Planck-
Instituten für Biogeochemie und für
chemische Ökologie für herausragende
wissenschaftliche Leistungen im Zusam-
menhang mit ihren Doktorarbeiten, die
sie an der FSU Jena absolviert haben,
mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-
Planck-Gesellschaft ausgezeichnet.
Dr. Jakob Zscheischler erhält die Otto-
Hahn-Medaille für seine bahnbrechen-
den Untersuchungen zur Auswirkung
klimatischer Extremereignisse auf den
globalen Kohlenstoffkreislauf. Ob und
wie stark sich seltene, lokale Klimaext-
reme nachhaltig auf die Ökosysteme der
Erde auswirken, war bislang ungeklärt.
Seit Februar 2015 führt Zscheischler
seine Forschung als Postdoktorand an
der ETH Zürich fort.
Mit der Aufdeckung mehrerer spezia-
lisierter Informationskanäle im Riechsys-
tem von Fliegen hat Dr. Hany Dweck das
Verständnis der Geruchswahrnehmung
grundlegend erweitert. Er wird dafür
ebenfalls mit der Otto-Hahn-Medaille
ausgezeichnet. Der Ägypter Hany Dweck
kam 2010 als Stipendiat des Deutschen
Akademischen Austauschdienstes
(DAAD) an das Max-Planck-Institut für
chemische Ökologie.
Die Auszeichnung ist mit einem Preis-
geld von 7500 Euro verbunden.
Die Taufliege Drosophila melanogaster
ist eines der am besten erforschten
Lebewesen. Seit Jahrzehnten dient
sie als Modellorganismus der Gene-
tik. Dennoch war es Forschern bislang
nicht gelungen, das spezifische Phero-
mon dieser Taufliegenart nachzuweisen,
das zum Paarungserfolg führt. Zwar
waren die Pheromone bekannt, die
Paarung unterdrücken, nicht jedoch die
Sexuallockstoffe, die Balzverhalten und
infolgedessen Paarung auslösen. Wis-
senschaftler des Max-Planck-Instituts
für chemische Ökologie konnten jetzt
ein vergleichsweise einfaches Molekül
identifizieren, das in der Lage ist, das
komplexe Paarungsverhalten der Tauflie-
gen zu steuern. Es handelt sich um den
Fettsäuremethylester Methyllaurat. Der
erfolgreiche Nachweis gelang
der Forschergruppe um Hany
Dweck, Markus Knaden und
Bill Hansson aus der Abtei-
lung Evolutionäre Neuroetho-
logie durch die Kombination
von modernsten chemischen
Analyseverfahren, physio-
logischen Messungen im
Fliegenhirn und Verhaltens
experimenten (Proceedings
of the National Academy of
Sciences of the United States
of America, Mai 2015).
„Als Chemiker waren wir fast ent-
täuscht, dass ein Molekül, das so etwas
Wichtiges wie Sex vermittelt, eine so
simple Struktur hat,“ sagt Aleš Svatoš,
der die chemischen Analysen zur Iden-
tifizierung des Pheromons vorgenom-
men hat. Methyllaurat kommt nicht nur
bei jungfräulichen Weibchen vor, son-
dern auch bei weiblichen Fliegen, die
sich bereits gepaart haben, und sogar
bei Männchen, bei denen Balzverhalten
ausgelöst wird. In weiteren Versuchen
wollen die Wissenschaftler den Biosyn-
theseweg von Methyllaurat eingehender
betrachten. Insbesondere möchten sie
der Frage nachgehen, ob die Fliege die
Substanz selbst produziert oder ob sie
möglicherweise von symbiontischen
Bakterien hergestellt wird.
TaufliegenbeiderPaarungaufeinerKiwi.
Foto:Schroll