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Uni-Journal Jena07/15

Porträt

Berufswahl ist Papas Schuld

Carolin Heinicke ist erste Absolventin einer neuen Berufsausbildung

Ihr Arbeitsbereich im Druckzentrum des

Rechenzentrums der Friedrich-Schiller-

Universität (FSU) ist modern eingerich-

tet, geräumig und steckt voller Technik:

Zwischen Computern, Kopierern und

Druckmaschinen ist das Reich von Caro-

lin Heinicke zu finden. Die 19-Jährige hat

soeben ihre Ausbildung zur Medienge-

stalterin Digital und Print beendet.Wenn

sie Ende Juli ihr Abschlusszeugnis in den

Händen halten wird, ist sie die erste Ab-

solventin dieses Berufszweiges an der

FSU.

„Papas Schuld“ sei es, dass sie sich

für diesen Beruf entschieden habe,

meint die inWormstedt unweit ihrer Ge-

burtsstadt Apolda lebende junge Frau.

Er sei Maler und Lackierer und habe

schon sehr früh ihr Interesse an Farben

geweckt. „Er hat mich gefördert. Ich

konnte alles ausprobieren, erste eigene

Entwürfe gestal-

ten, einfach krea-

tiv sein“, erinnert

sie sich. „Mein

Be r u f s wu n s ch

war schon sehr

früh festgelegt,

es gab eigentlich

nichts anderes für

mich.“ Praktika

bei verschiedenen

Werbeagenturen

festigten diesen

Plan. Damals in

der 8. Klasse habe

sie vieles schon

eigenständig ent-

werfen und ge-

stalten dürfen –

von Einladungen

bis hin zu Folien

für das Bekleben von Autos. Als ein Test

im Berufsinformationszentrum (BIZ) der

Arbeitsagentur eine 60-prozentige Eig-

nung für den Traumberuf ergab, waren

die Würfel endgültig gefallen.

Engagiert und leistungsstark

Carolin Heinicke bezeichnet sich selbst

als „absolute Streberin“. Dafür stehen

nicht nur „haufenweise Urkunden und

sportliche Medaillen“ während ihrer

Schulzeit; für ihren Realschulabschluss

mit einem Durchschnitt von 1,3 wurde

sie mit dem Förderpreis für exzellente

schulische Leistungen und hohes gesell-

schaftliches Engagement von der Spar-

kassenstiftung Weimar-Weimarer Land

ausgezeichnet. Das ersparte ihr aber

nicht, etliche Bewerbungen zu schrei-

ben, auch über Thüringen hinaus. Auf

viele hat sie nie eine Antwort erhalten,

was sie heute noch ärgert; andere schei-

terten an der Wohnsituation. „Notfalls

hätte ich ein Freiwilliges Soziales Jahr

eingeschoben oder wäre doch ganz aus

Thüringen weggegangen, wenn es nicht

auf Anhieb geklappt hätte“, macht der

schlanke Teenager mit langem schwar-

zem Haar und lebhaft-leuchtenden Au-

gen seine Entschlossenheit in Sachen

beruflicher Perspektive deutlich. Denn

dass die Jenaer Universität 2012 erst-

mals auch Mediengestalter Digital und

Print ausbildete, erfuhr sie eher zufällig.

„Wir waren damals selbst überrascht

über die Vielzahl der bundesweiten Be-

werber“, berichtet FSU-Ausbildungslei-

terin Steffi Gál. Doch viele hätten sich

nicht ausreichend über den Beruf infor-

miert und wären mit falschen Erwar-

tungen zum Aufnahmetest gekommen.

„Mediengestalter Digital und Print sind

keine Grafik- oder Webdesigner“, so Gál.

Dieser Beruf biete zwar durchaus eine

Reihe an kreativen Gestaltungsmöglich-

keiten. Doch auch körperlich schwere

Arbeit an den großen Druckmaschinen

gehöre dazu.

Dass die Bewerber nun ein realisti-

scheres Bild vom Beruf des Medienge-

stalters Digital und Print haben, führt

Steffi Gál unter anderem auf die inten-

sive Informationsarbeit zurück. Dazu

gehören Vorträge im BIZ und ein Image-

Film, den die Auszubildenden zum Me-

diengestalter Bild und Ton, die ebenfalls

an der FSU ausgebildet werden, drehten

und bei dem Carolin Heinicke aktiv mit-

wirkte.

Carolin Heinicke spezialisierte sich auf

die Fachrichtung Gestaltung undTechnik.

„Dabei dreht sich alles darum, Medien­

erzeugnisse zu gestalten und Produkti-

onsabläufe zu planen“, umschreibt sie

grob ihre Tätigkeit. Das nötige Rüstzeug

holte sie sich während der dualen Ausbil-

dung – das praktische bei den Kollegen

im Druckzentrum der Jenaer Universität,

das theoretische am Staatlichen Berufs-

bildungszentrum Pößneck. Drucktechnik,

Typografie, Webdesign und die Arbeit

mit der Kamera bzw. Bildbearbeitung

gehören ebenso dazu wie Datenkonfi-

guration und das Erstellen von Websei-

ten, was aber „nicht so mein Ding ist“.

Die dreijährige Lehre versetzt Carolin

Heinicke in die Lage, z. B. für alle Publi-

kationen der Universität die Druckdaten

zu prüfen, die Publikationen zu drucken

und zu binden. Das Spektrum reicht da-

bei von Jahresberichten, Diplomarbeiten

und Dissertationen über Broschüren bis

hin zu Werbematerialien im Corporate

Design der FSU.

Traditionelles Gautschfest

Inzwischen hat Carolin Heinicke auch

das Gautschfest überstanden, und das,

obwohl sie noch kein Zeugnis in den

Händen halten kann, das sie erst am

24. Juli überreicht bekommt. Sie hat die

nasse Zeremonie dennoch genossen,

mit der seit dem 16. Jahrhundert tra-

ditionell eine Druckerlehre – und heute

auch die von Mediengestaltern und

Druckmeistern – endet. Bei diesem alten

Brauch werden die Gäutschlinge in einen

Holzbottich getaucht, damit freigespro-

chen und in den Kreis der „schwarzen

Zunft“ aufgenommen.

Uschi Lenk

Ausbildung an der FSU

Die Friedrich-Schiller-Universität bildet in insge-

samt zwölf Berufen aus: neben Mediengestal-

tern Digital und Print in der Fachrichtung Ge-

staltung und Technik, u. a. erstmals in diesem

Ausbildungsjahr auch zum Kaufmann bzw. zur

Kauffrau für Büromanagement. In diesem Jahr

werden 15 junge Menschen eine Ausbildung

aufnehmen, insgesamt werden dann 57 Azubis

ihre Lehre an der FSU absolvieren. Nach einem

erfolgreichen Abschluss erhalten die Berufsein-

steiger in der Regel eine befristete Anstellung

an der Universität. Weitere Informationen unter:

www.uni-jena.de/Berufsausbildung.html.

NachdreiJahren

LehrzeitistCarolin

Heinickedieerstean

derFSUausgebildete

Mediengestalterin

DigitalundPrint.

Foto:Günther