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Uni-Journal Jena07/15
FSU-Einrichtungen
DerInformatiker
Prof.Dr.Joachim
Denzleristge-
schäftsführender
Direktordesneuen
wissenschaftlichen
ZentrumsderFSU.
Das„MichaelStifel
ZentrumJena“ver-
eintForscherausfast
allenFakultätender
Universität.Weitere
Informationensind
zufindenunter:
www.mscj.uni-jena.
de.
Foto:Kasper
Big Data in der Forschung
„Michael-Stifel-Zentrum“ bündelt datengetriebene und
simulationsgestützte Wissenschaften
Satelliten, Klimamessstationen und
MRT-Geräte haben eines gemeinsam:
Dank des immensen technischen Fort-
schritts der zurückliegenden Jahre pro-
duzieren sie heute riesige und stetig
weiter wachsende Datenmengen. Für
die Forschung ist das Segen und Fluch
zugleich. „Einerseits sind diese Daten
wertvolle Informationsquellen, aus de-
nen sich grundlegende Erkenntnisse
ableiten lassen“, sagt Prof. Dr. Joachim
Denzler. Andererseits haben gängige
Datenbanken mittlerweile Dimensionen
erreicht, die kein Mensch mehr überbli-
cken, geschweige denn systematisch
bearbeiten könne.
Daher seien neue Methoden der Da-
tenanalyse und -verwaltung notwen-
dig, so der Inhaber des Lehrstuhls für
Digitale Bildverarbeitung. Die Friedrich-
Schiller-Universität (FSU) hat zu die-
sem Zweck im April ein neues Zentrum
eingerichtet, das die interdisziplinäre
Forschung im Bereich der datengetrie-
benen und simulationsgestützten Wis-
senschaften bündelt. Benannt nach dem
Mathematiker und Reformator Michael
Stifel, der Mitte des 16. Jahrhunderts
an der Universität Jena lehrte, ist das
„Michael-Stifel-Zentrum Jena“ (MSCJ)
am 25. Juni im Rahmen des diesjährigen
„Tages der Forschung“ der Öffentlichkeit
vorgestellt worden.
„In der Vergangenheit resultierten
wissenschaftliche Erkenntnisse vor al-
lem aus Experimenten, Beobachtungen
und theoretischen Überlegungen“, er-
läutert Denzler, der geschäftsführender
Direktor der neuen wissenschaftlichen
Einrichtung ist. Die rasante Entwicklung
der Informationstechnik mit immer grö-
ßeren Rechenkapazitäten habe nun aber
ganz neue Wege eröffnet. „Zum einen
lassen sich immer größere Mengen an
experimentellen oder Beobachtungs-
daten verarbeiten und daraus Gesetz-
mäßigkeiten oder Modelle ableiten“, so
Denzler. Auf der anderen Seite erlaube
die immer leistungsfähigere Rechen-
technik, anhand von ermittelten Daten
und Modellen, Vorgänge in der Natur,
derWirtschaft oder Gesellschaft sehr ge-
nau zu simulieren. „Solche Simulationen
liefern wiederum neue Daten, aus denen
sich wissenschaftliche Erkenntnisse ge-
winnen lassen.“
Aufgabe und Ziel des neuen For-
schungszentrums ist es nun, die For-
schung in diesen computergestützten
Bereichen zusammenzuführen und so
die „Daten-Schätze“ möglichst effizient
zu heben. Dazu ist das Stifel-Zentrum
auf insgesamt drei Forschungssäulen
aufgebaut. Während sich die Forscher
in der ersten Säule neuen Methoden
zur Analyse der immer größer werden-
den Datensätze widmen, geht es in der
zweiten Säule darum, aus den zugrun-
deliegenden Daten wissenschaftliche
Modelle zu entwickeln und abzuleiten.
In Säule Nummer drei werden die Da-
ten und Modelle für Simulationen ge-
nutzt und damit wiederum neue Daten
generiert.
Prof. Denzler leitet die erste Säule als
Direktor und wird von Prof. Dr. Birgitta
König-Ries (Heinz-Nixdorf-Stiftungspro-
fessur für verteilte Informationssys-
teme) als Vize-Direktorin unterstützt. Die
Säule zur Modell-Daten-Integration wird
von Prof. Dr. Markus Reichstein (Max-
Planck-Institut für Biogeochemie) und
Prof. Dr. Christiane Schmullius (Lehrstuhl
für Fernerkundung) geleitet. Der dritten
Säule zur Simulation stehen Prof. Dr.
Bernd Brügmann (Lehrstuhl für Gravita-
tionstheorie) und Prof. Dr. Andreas Wipf
(Lehrstuhl für Quantentheorie) vor.
Gemeinsame Sprache finden
Eine erste wissenschaftliche Heraus-
forderung für die im Stifel-Zentrum as-
soziierten Forscher ist das EU-Projekt
„BACI“ (s. S. 24). In diesem europawei-
ten Forschungsverbund werden Verän-
derungen wesentlicher Ökosystem- und
Biodiversitätseigenschaften mit Hilfe
von Satellitendaten erfasst und sollen
in einen „Biosphären-Atmosphären-
Veränderungs-Index“ münden (engl.:
Biosphere Atmosphere Change Index,
abgekürzt BACI).
Für die kommenden Monate planen
die Forscher zunächst gemeinsame
Workshops und Tagungen, um mitei-
nander ins Gespräch zu kommen und
„eine gemeinsame Sprache zu finden“,
wie Zentrums-Direktor Denzler betont.
Schließlich vereine das MSCJ Forscher
aus fast allen Fakultäten der Univer-
sität, von Biologen über theoretische
Physiker und Geowissenschaftler bis zu
Informatikern und Sprachforschern. Sie
alle wolle man in einen interdisziplinären
Austausch bringen und so neue Koope-
rationen innerhalb der Universität aber
auch mit außeruniversitären Partnern
anstoßen. Langfristig ist zudem die
Einrichtung einer Graduiertenschule ge-
plant, um auch den wissenschaftlichen
Nachwuchs an dieses neue Forschungs-
feld heranzuführen.
US