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Uni-Journal Jena04/15
Forschung
Welche Rolle Lipide bei Krebs spielen
Bisher unbekannter Regulationsmechanismus in Zellen aufgeklärt
Fette haben nicht den besten Ruf: Wer
zu viel davon isst, riskiert auf Dauer nicht
nur Übergewicht, sondern auch zahlrei-
che Folgeerkrankungen. Dabei sind Fette
– Fachleute sprechen von Lipiden – für
unseren Organismus essenziell und das
nicht nur als Energiespeicher. Ohne Li-
pide wäre keine Zelle unseres Körpers
lebensfähig: Denn die Zellmembranen
bestehen zum größten Teil aus Lipiden.
Eine zentrale Rolle bei der Regulation
von Aufbau und Funktion von Membra-
nen im Inneren von Körperzellen spielt
das Enzym „Stearoyl-CoA Desaturase
1” – kurz SCD-1. Das Enzym katalysiert
die Umwandlung von gesättigten Fett-
säuren in einfach ungesättigte Fettsäu-
ren und scheint darüber hinaus auch an
der Entstehung von Stoffwechselerkran-
kungen, wie Adipositas oder Diabetes,
sowie Krebs beteiligt zu sein. „Daher
wird an Wirkstoffen geforscht, die die
SCD-1 als Angriffsziel nutzen und so
möglicherweise als Medikamente zur
Behandlung dieser Erkrankungen infrage
kommen“, weiß Dr. Andreas Koeberle.
Doch bislang war gar nicht klar, über
welche Signalwege die SCD-1 zelluläre
Reaktionen überhaupt vermittelt und
welche Stoffwechselprodukte dafür ver-
antwortlich sind, sagt der Biochemiker
vom Institut für Pharmazie.
Dr. Koeberle und weiteren Forschern
der Jenaer Universität ist es jetzt ge-
meinsam mit Kollegen aus Tübingen
und Tokio gelungen, hier entscheidende
Einblicke zu geben: Wie das Wissen-
schaftlerteam im renommierten FASEB
Journal schreibt, konnte es einen der
zentralen Mechanismen aufklären, der in
der Zelle ausgelöst wird, wenn einWirk-
stoff die SCD-1 hemmt (DOI:10.1096/
fj.14-268474).
Demnach führt die Blockade von
SCD-1 zu dramatischen Änderungen
im Gehalt bestimmter Lipide, in deren
Folge ein „p38-MAPK“ genanntes En-
zym aktiviert wird, das wiederum eine
Kaskade von Reaktionen auslöst, die
die betroffene Zelle bis hin zum „Selbst-
mord“ treiben kann. „Betroffen sind
insbesondere Zellen, die für ihre Mem-
branbildung massiv auf SCD-1 ange-
wiesen sind, was etwa auf sich schnell
teilende Krebszellen zutrifft“, erläutert
Koeberle.
US
Bei Angriff: Verteidigung
Wie ein Pilz zielgerichtet Gift gegen Fraßfeinde einsetzt
Fressen oder gefressen werden – für die
Verteidigung gegen Fraßfeinde hat der
Pilz BY1 einen ganz speziellen Mecha-
nismus entwickelt: Knabbert beispiels-
weise ein Insekt an ihm, produziert er
ein Gift, das die Entwicklung seiner Fraß-
feinde hemmt. Das Wissen um diesen
Mechanismus hat ein Wissenschaftler-
team um Prof. Dr. Dirk Hoffmeister in
der angesehenen Fachzeitschrift Journal
of Natural Products veröffentlicht (DOI:
10.1021/np500552a).
Der Professor für Pharmazeutische
Mikrobiologie und Forscher des Leibniz-
Instituts für Naturstoff-Forschung und
Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut
(HKI) ist dabei eher zufällig auf die be-
sonderen Fähigkeiten des Pilzes BY1
gestoßen, der bisher nur ein einziges
Mal im US-Bundesstaat Minnesota ge-
funden worden war. „Uns fiel auf, dass
der Pilz sich beim Übertragen in neue
Kulturgefäße an verletzten Stellen gelb
färbt. Er reagiert also auf Verletzung sei-
AnverletztenStellenfärbtsichderPilzBY1
gelb–einHinweisaufseinegiftigeWirkung.
Kontakt:
Dr.AndreasKoe-
berle
Tel.:03641/949815
E-Mail:andreas. koeberle@uni-jena.deFoto:Schwenk
Kontakt:
Prof.Dr.DirkHoff-
meister
Tel.:03641/949850
E-Mail:dirk. hoffmeister@uni-
jena.dener Zellen.“ Zudem fanden die Forscher
Hinweise darauf, dass der Pilz andere
Organismen verdrängt. Daraus leiteten
sie ihre These ab, dass der Pilz sich mit
der Produktion eines gelb gefärbten Gift-
stoffes gegen Fraßfeinde verteidigt.
Vier Jahre forschten dieWissenschaft-
ler an der Gesamtheit der Inhaltsstoffe
des Pilzes, auch um auf dessen Wirk-
weise auf andere Lebewesen schlie-
ßen zu können. Das Ergebnis ihrer For-
schung erlaubt nun Rückschlüsse auf
die Auseinandersetzung von Pilzen mit
ihrer Umwelt. Im nächsten Schritt wird
die Funktion der Naturstoffe in derWech-
selwirkung zwischen Pilz und Umwelt
erforscht. Werden beispielsweise Wirk-
stoffe gegen andere Pilze oder Bakterien
entdeckt, könnten diese interessant für
einen möglichen zukünftigen Einsatz in
der Medizin sein.
tik
Foto:Kasper
BiochemikerDr.AndreasKoeberleuntersucht,welcheRolleMembranlipidealszelluläreSig-
nal-undRegulationssubstanzenspielen.