14
Uni-Journal Jena04/15
Artenreiches Grasland
Biodiversitätsforscher machen aus der Not eine Tugend
Wie der Stickstoff auf die Erde kam
Mineralogen analysieren das chemische Erbe von Meteoriten
In den kommenden 100 Jahren wird
die Häufigkeit und Intensität extremer
Wetterereignisse zunehmen. In Europa
könnte das zu weiteren Hochwasser-
katastrophen ähnlich der im Jahr 2013
führen. Und das kann für artenreiches
Grasland durchaus ein Vorteil sein. Das
schreiben Wis-
senschaftler des
Deutschen Zent-
rums für integra-
tive Biodiversitäts-
forschung (iDiv),
der Universitäten
Leipzig, Jena und
München in einer
Studie, die sie in
Nature Communi-
cations veröffent-
licht haben (DOI:
NCOMMS7092).
Demnach ist ar-
tenreiches Gras-
land in der Lage,
zusätzliche Res-
sourcen, die etwa
durch eine Flut
in eine Region
geschwemmt werden, in Pflanzenbio
masse umzuwandeln. Allerdings gehe
auch Artenvielfalt durch Überflutungen
verloren, so die Autoren. Die Ergeb-
nisse können dazu anregen, bisherige
Theorien zur Variabilität von Ökosystem-
funktionen zu überdenken.
Von der Flut 2013 war u. a. die Saale
und das dort angesiedelte ökologische
Langzeitexperiment – das „Jena Experi-
ment“ – betroffen (siehe Foto), welches
seit 2002 die Auswirkungen des Arten-
sterbens in Mahdwiesen untersucht.
Doch die Wissenschaftler machten aus
der Not eine Tugend. „Wir organisierten
zusätzliche Messungen und nutzten die
Stärke des Jena Experiments: Die Zu
sammenarbeit von Mitgliedern unter-
schiedlichster Expertise“, so Dr. Anne
Ebeling,Wissenschaftliche Koordinatorin
des Experiments in Jena.
EinTeam um Studienleiter Nico Eisen-
hauer, Professor der Universität Leipzig
und zuvor in Jena, nutzte das Hochwas-
ser, um Hypothesen zu untersuchen, die
seit über 30 Jahren in der naturwissen-
schaftlich-ökologischen Literatur kursie-
ren, bisher aber nicht in diesem Kontext
überprüft werden konnten. Die Ergeb-
nisse zeigen, dass artenreiche Pflanzen-
gemeinschaften variabel auf Umwelter-
eignisse reagieren und Stabilität nicht
die wichtigste Eigenschaft sein muss,
um die Funktionsweise eines Ökosys-
tems zu bewerten.
PM
Kontakt:
Dr.AnneEbeling
Tel.:03641/949437
E-Mail:anne. ebeling@uni-jena.deFoto:Malakhov
Es ist das Gas, das mit fast 80 Prozent
den Hauptbestandteil der Luft bildet:
Stickstoff. Tagtäglich atmen wir mehrere
tausend Liter davon ein. Das farb- und
geruchlose Gas ist jedoch nicht nur in
der Atmosphäre allgegenwärtig. Auch
wir selbst und alle anderen Lebewesen
bestehen zu einem erheblichen Teil aus
Stickstoff – ohne ihn hätte sich das Le-
ben auf der Erde wohl nie entwickelt.
Dabei weist der irdische Stickstoff
eine recht charakteristische chemische
Signatur auf, die ihn deutlich von Stick-
stoffvorkommen in anderen Regionen
unseres Sonnensystems unterscheidet.
Wie dieser einstmals auf die Erde ge-
langt ist, ist bislang jedoch ungeklärt.
Jenaer Mineralogen haben jetzt in zwei
Meteoriten neue Hinweise entdeckt, die
zur Klärung dieser Frage beitragen kön-
nen. In der Fachzeitschrift „Nature Geo-
science“ präsentieren sie Forschungser-
gebnisse, die belegen, dass der in den
Mineralen der Meteoriten gespeicherte
Stickstoff und der Stickstoff in der Erd-
atmosphäre ursprünglich aus derselben
Quelle stammen müssen (DOI: 10.1038/
NGEO2339).
Dazu hat das Team um Prof. Dr. Falko
Langenhorst Proben der Meteoriten
„Yamato 791198“ und „Yamato 793321“
untersucht. „Überraschenderweise ha-
ben wir darin das sehr seltene Mineral
Carlsbergit gefunden“, sagt Prof. Lan-
genhorst. Dieses Mineral enthält neben
Chrom auch große Mengen Stickstoff.
„Seiner atomaren Signatur nach stimmt
der Stickstoff aus dem Meteoritenge-
stein mit dem der Erdatmosphäre fast
exakt überein“, so der Mineraloge. Dar-
aus lasse sich schließen, dass beide ge-
meinsamer Herkunft sein müssen.
Denn: Stickstoff ist nicht gleich Stick-
stoff. „Wie alle Elemente kommt auch
Stickstoff in unterschiedlich gebauten
Atomarten vor“, erläutert Dr. Dennis Har-
ries, der Erstautor der aktuellen Studie.
Anhand dieser Isotopen-Zusammenset-
zung des Stickstoffs lassen sich Rück-
schlüsse auf seine Herkunft ziehen. US
Kontakt:
Prof.Dr.FalkoLan-
genhorst
Tel.:03641/948710
E-Mail:falko. langenhorst@uni-
jena.deFoto:Kasper
Forschung
Prof.Dr.FalkoLangenhorst(r.)undDr.Den-
nisHarrieshabenMeteoritenmitdemTrans-
missionselektronenmikroskopuntersuchtund
darinseltenes„Carlsbergit“gefunden.