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Uni-Journal Jena04/15
Interview
Ja, wie man so schön sagt: „Da beißt
die Maus keinen Faden ab.“ Es wird kein
Geld vom Himmel regnen, so dass der
STEP wieder außer Kraft gesetzt werden
könnte. Wir müssen die Kürzungen um-
setzen, wobei ich immer hinzufüge, dass
für mich das Budget die entscheidende
Größe ist. Wie gespart wird, darüber
kann man im Einzelfall reden. Entschei-
dend ist, dass der Budgetrahmen einge-
halten wird.
Ich halte es allerdings für notwendig,
dass die FSU auf dem jetzigen Niveau
ausfinanziert wird. Wir benötigen die in
Aussicht gestellten Steigerungen von
jährlich drei plus ein Prozent. Besonders
wichtig erscheint mir, dass wir Planungs-
sicherheit für die Periode von 2016 bis
2019 erhalten. Das eröffnet uns die
Möglichkeit, eine strategische Planung
zu entwickeln und umzusetzen.
Entscheidend wird es für die FSU
sein, zusätzliche investive Mittel zu be-
kommen. Die FSU ist, was Infrastruktur
– Gebäude und Gebäudeausstattung,
Geräte usw. – angeht, absolut am Limit.
Sie wird in ihrer Entwicklung massiv ein-
geschränkt sein und an Attraktivität ver-
lieren, wenn wir nicht wesentlich mehr
investieren können. Um ein Beispiel zu
nennen: Das Rechenzentrum, Mathema-
tik und Informatik platzen aus allen Näh-
ten. Deshalb ist es für die FSU geradezu
essenziell, dass ausreichend Mittel für
den Campus Inselplatz im Doppelhaus-
halt 2016/17 eingestellt werden.
Wie sehen Sie denn mit Blick auf die
Finanzierung der Hochschulen die
Entwicklung der Studierendenzahlen
an der FSU – schließlich werden Bun-
des- und Landesmittel auch danach
vergeben? Müssen wir mit einem
weiteren Rückgang rechnen?
Es wird schwierig sein, die Studieren-
denzahlen auf dem jetzigen Niveau zu
halten. Dennoch sollten wir alles dafür
tun. Wenn wir es nicht schaffen, die
Studierendenzahlen annähernd zu hal-
ten, wird das zu finanziellen Verlusten
führen: Der Hochschulpakt 2020 ist so
angelegt, dass wir für die Studienanfän-
ger, also die Erstsemester, Mittel erhal-
ten. Das ist mittelfristig ein Problem.Wir
arbeiten deshalb sehr darauf hin, dass
in Zukunft auch die Masterstudierenden
berücksichtigt werden, die neu zu uns
kommen; allein im letzten Semester
waren es rund 800 Studierende. Für
eine forschungsstarke Universität wie
die FSU ist es essenziell, dass neben
quantitativen Parametern zunehmend
qualitative Parameter eine Rolle spielen.
Dazu müssen wir Gespräche mit der Po-
litik führen und wir sind in diese Debatte
auch bereits eingestiegen.
Mittelfristig wird die Zahl der Studien-
anfänger zurückgehen – und zwar überall
in Deutschland. Daraus folgt, dass wir
uns qualitativ besonders gut aufstellen
müssen, um national und international
für möglichst viele Studierende attraktiv
zu sein.
Dieser demografischen Entwicklung
lässt sich ja eigentlich nur durch eine
Erhöhung der Studienbewerberzah-
len aus dem Ausland gegensteuern.
Was ist beimThema Internationalisie-
rung nach Ihrer Meinung bisher schon
erreicht und was planen Sie noch, um
diesen Punkt zu stärken?
Wir haben zum einen das Internatio-
nale Büro der FSU personell aufgestockt
und sind derzeit um weitere Anpassun-
gen bemüht. Daraus sollten Verbesse-
rungen für die ausländischen Studie-
renden resultieren. Zum anderen haben
wir konkrete Pläne, in Zusammenarbeit
mit außeruniversitären Instituten, mit
der Stadt und mit der Wirtschaft, ein
Welcome Center in Jena einzurichten.
Diese Einrichtung ist in erster Linie für
ausländische Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler, die zu uns
kommen wollen, da. Wir
wollen also alle Gruppen er-
reichen. Ich bin davon über-
zeugt, dass Internationalität
und Internationalisierung ent-
scheidend für die Zukunft der
FSU sind und dass wir ohne
wesentliche Verbesserungen
in diesem Bereich langfristig
nicht erfolgreich sein werden.
Um die FSU in diesem
Wettbewerb zu stärken
und auch die Internationa-
lität voranzubringen, setzen
Sie sich dafür ein, an allen
Fakultäten extern besetzte Beiräte zu
etablieren.Worin sehen Sie derenAuf-
gaben und Nutzen?
Die Beiräte sollen in erster Linie die
Fakultäten beraten. In ihnen wird neben
Wissenschaftlerinnen undWissenschaft-
lern aus Deutschland zumindest ein in-
ternationales Mitglied vertreten sein und
so eine internationale Sicht einbringen.
Für mich war es alsWissenschaftler und
in Leitungspositionen immer extrem hilf-
reich, einen Rat oder eine Beurteilung
von externen Kolleginnen und Kollegen
zu bekommen und dadurch in der Lage
zu sein, den Blick von außen mit zu be-
denken.
Ich möchte auch an dieser Stelle be-
tonen: Ein wissenschaftlicher Beirat be-
rät eine Fakultät und die Fakultät muss
nicht allen Vorschlägen des Beirats fol-
gen. Aber sie ist gehalten, sich mit den
Vorschlägen des Beirats auseinanderzu-
setzen. Es geht mir darum, den Diskurs
zu führen. Ein solcher Diskurs ist wich-
tig für eine Fakultät, aber auch für die
gesamte Universität. Ich bin überzeugt,
dass die Einrichtung von wissenschaftli-
chen Beiräten letzten Endes einenWett-
bewerbsvorteil darstellt. Sie wird uns
nützlich sein im Rahmen der Exzellenzin-
itiative und ähnlichen Initiativen. Sie wird
auch hilfreich sein, wenn – wie von der
neuen Landesregierung geplant – der
Wissenschaftsrat die Thüringer Hoch-
schulen besucht. Denn wir können dann
unsere Anliegen deutlicher, fundierter
und mit Rückendeckung der externen
Beiräte vertreten.
Nach all den Gesprächen im vergan-
genen halben Jahr – gab es auch
schon einen Augenblick der Ruhe für
Sie im ersten Semester?
Den gibt es immer wieder, auch
wenn das Arbeitspensum groß ist und
die meisten Tage mit vielen Terminen
angefüllt sind. Es muss immer wieder
Phasen des Nachdenkens und der Be-
sinnung geben. Sonst besteht die Ge-
fahr, dass man im Alltagsgeschäft den
Überblick verliert.
Was planen Sie für Ihr zweites Se-
mester?
Das neue Semester wird schon sehr
im Zeichen der bevorstehenden Exzel-
lenzinitiative stehen. Die Vorbereitung
auf diesen Wettbewerb wird die wich-
tigste Aufgabe dieses Jahres sein.
Gibt es noch eine Nachricht, die der
Präsident den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern der Universität für die-
ses Sommersemester mit auf den
Weg geben möchte?
Dafür komme ich gerne auf den Be-
ginn unseres Gespräches zurück: Ich
habe in allen Bereichen in der Wissen-
schaft und der Verwaltung der FSU
Personen kennengelernt, die mich sehr
beeindruckt haben. Von ihnen lebt die
Universität, sie bringen sie voran. Sie
identifizieren sich mit ihrer Einrichtung,
wie ich es bisher selten erlebt habe. Das
hat mich sehr positiv berührt und ermu-
tigt, mich weiterhin nach Kräften für die
FSU einzusetzen.
(Interview: Axel Burchardt und Ute
Schönfelder)
„Die FSU ist, was Infrastruktur
angeht, absolut am Limit. Sie wird
in ihrer Entwicklung massiv einge
schränkt sein und an Attraktivität
verlieren, wenn wir nicht wesentlich
mehr investieren können.“