Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  10 / 56 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 10 / 56 Next Page
Page Background

10

Uni-Journal Jena04/15

Interview

„Der Wettbewerb hört nie auf“

Präsident Walter Rosenthal über sein erstes Semester an der FSU

Sie haben Ihr erstes Semester als Prä-

sident der FSU hinter sich – fühlen Sie

sich inzwischen als Jenaer?

Das zurückliegende Semester war

eine interessante Entdeckungsreise, bei

der ich die Universität und – wenigstens

zum Teil – Personen, die diese Univer-

sität prägen und sich für sie einsetzen,

kennengelernt habe. Dies vermittelt ei-

nem schon das Gefühl, angekommen

zu sein.

Wie sieht Ihre Bilanz der ersten Mo-

nate aus?

Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit

zunächst mit den Fakultäten intensive

Gespräche geführt, denn die sind die

Basis einer Universität: In den Fakultä-

ten ist das disziplinäreWissen zu Hause,

und ich bin der Meinung, dass wir starke

Fakultäten brauchen. Diese Gespräche

waren – ohne Ausnahme – sehr konst-

ruktiv. Ich habe mich stets willkommen

gefühlt, auch wenn es nicht immer in

allem Übereinstimmung gab. Ich habe

Einblicke in die Fakultäten bekommen

und vor allem ihre Vielfalt kennengelernt.

Daneben war mir wichtig aufzunehmen,

wo der Schuh drückt: Ein Topthema war

der Struktur- und Entwicklungsplan –

STEP – und die damit verbundene Um-

setzung der Sparmaßnahmen. Auch die

Situation des akademischen Mittelbaus

wurde häufig angesprochen. Und nicht

zuletzt ging der Blick auch in die Zukunft

zu den bundesweiten Wettbewerben

und der Frage, wie wir uns dafür hier in

Jena aufstellen können.

Wie sehen Sie die FSU – nun da Sie

auch ihre Innenperspektive kennen –

aufgestellt?

Ich sehe mich darin bestätigt, dass

die FSU eine forschungsstarke Univer-

sität ist. Ich habe viele Kolleginnen und

Kollegen kennengelernt, deren wissen-

schaftliche Arbeit ich sehr schätze und

die national und international sichtbar

sind. Insofern habe ich an meinen Er-

wartungen überhaupt keine Abstriche

zu machen. Und ich freue mich darauf,

diejenigen kennenzulernen, die ich bis-

lang noch nicht getroffen habe.

Die FSU ist eine mittelgroße Universi-

tät. Sie steht in einem Wettbewerb um

finanzielle Mittel, der immer härter wird,

auch weil die zur Verfügung gestellten

Mittel kaum noch mehr werden. Viel-

mehr dürfte sich die Finanzierung von

Wissenschaft und Forschung durch Bund

und Länder im Wesentlichen auf dem

jetzigen Niveau stabilisieren. Ich glaube

trotzdem, dass wir als FSU – gerade mit

Blick auf die zukünftigenWettbewerbe –

absolut das Potenzial haben, erfolgreich

zu sein, vor allem in der Kooperation

mit den außeruniversitären Forschungs-

einrichtungen der Max-Planck- und der

Fraunhofer-Gesellschaft sowie der Leib-

niz- und der Helmholtz-Gemeinschaft,

aber auch mit Einrichtungen wie der

Klassikstiftung Weimar, dem Max-We-

ber-Kolleg, der Ettersberg-Stiftung, im

Rahmen des Unibundes Halle-Jena-

Leipzig und nicht zuletzt der innovativen

Wirtschaft. Da ist die Universität als

Gravitationszentrum der Wissenschafts-

organisation Jena sehr gut aufgestellt,

was aber nicht heißt, dass wir uns nicht

auch noch verbessern können oder müs-

sen. Aber der Anschluss ist ohne Frage

da.

Sie haben das Stichwort „Wettbe-

werb“ schon genannt. Ab 2017 soll es

eine neue Runde der Exzellenzinitia-

tive des Bundes und der Länder ge-

ben.Wird sich die FSU darüber hinaus

weiterenWettbewerben stellen?

Grundsätzlich: Der Wettbewerb hört

nie auf. Die Exzellenzinitiative hat ein

enorm hohes Prestige und einen ho-

hen politischen Stellenwert. Sie ist das

Flaggschiff der bundesdeutschen Wis-

senschaftsförderung und finanziell gut

ausgestattet. Deshalb halte ich es für

wichtig, dass wir uns gerade diesem

Wettbewerb stellen. Die FSU gehört zu

den wenigen Universitäten in den neuen

Ländern, die gute Chancen haben, dabei

auch erfolgreich zu sein. Ich finde es aber

nicht richtig, sich allein auf die Exzellenz­

initiative zu fokussieren. Es gibt andere

wichtige Wettbewerbe, denen wir uns

ebenso stellen müssen – im Rahmen

der DFG, des BMBF und der EU.

Was muss Ihrer Ansicht nach bis zum

Beginn der nächsten Runde der Exzel-

lenzinitiative noch getan werden?

Einiges. Zunächst müssen wir die the-

matischen Linien finden, die wir im Rah-

men der Exzellenzinitiative vorantreiben

wollen. Diese Themen müssen bereits

in diesem Jahr festgelegt werden, auch

wenn wir erst im nächsten Jahr Genau-

eres über denWettbewerb erfahren wer-

den und die Ausschreibungen erst 2017

veröffentlicht werden sollen. Das ist

zeitlich alles sehr knapp. Die Folge ist:

Wir müssen uns auf einen Wettbewerb

vorbereiten, ohne die genauen Wettbe-

werbsregeln zu kennen. Momentan ist

noch vieles im Fluss und wir versuchen,

uns als Universitätsleitung gemeinsam

mit dem Land bei der Gestaltung der

Wettbewerbsregeln einzubringen, damit

diese auch forschungsstarken, mittelgro-

ßen Universitäten gute Chancen bieten.

Aber auch da bin ich seit einigenWochen

sehr optimistisch, dass es Formate ge-

ben wird, die zu uns passen.

Wie erleben Sie denn insgesamt die

Zusammenarbeit mit der neuen Lan-

desregierung, die ja nicht nur einen

neuenWissenschaftsminister sondern

auch dem RessortWissenschaft einen

neuen Zuschnitt gebracht hat?

Wissenschaftsminister Wolfgang Tie-

fensee hat die FSU bereits wenige Tage

nach seinem Amtsantritt im Dezember

im Rahmen der Landesrektorenkon-

ferenz besucht. Damals hatten wir ein

erstes, sehr gutes und konstruktives

Gespräch. Zwischenzeitlich ist er ins-

gesamt dreimal in Jena und an der FSU

zu Gast gewesen. Auch mit dem für

uns zuständigen Staatssekretär Markus

Hoppe habe ich mich zu verschiedenen

Anlässen getroffen, so dass auch hier

von Anfang an ein sehr enger Austausch

etabliert wurde. Insgesamt hat sich also

sehr schnell eine enge Zusammenarbeit

herausgebildet, die ich als überaus po-

sitiv empfinde. Dabei herrscht ein sehr

sachlicher, kollegialer Ton. Auch mit Mi-

nisterpräsident Bodo Ramelow hatte ich

ein sehr gutes Gespräch zur Rolle der

FSU in der ThüringerWissenschaftsland-

schaft.

Sie sprachen mit dem STEP bereits

ein Thema an, das nach wie vor für

Unruhe in der Universität sorgt: Dem

durch die Politik verordneten Spar­

zwang, nach dem an der Friedrich-

Schiller-Universität 125Vollzeitstellen

bis 2020 abgebaut werden müssen.

PräsidentProf.Dr.

WalterRosenthal

(M.)hatinseinem

erstenSemesterin

Jenanichtnuralle

zehnFakultätender

Universitätkennen-

gelernt,sondernauch

außeruniversitäre

Forschungseinrich-

tungenbesucht,

hieramFraunhofer-

InstitutfürAnge-

wandteOptikund

Feinmechanik(IOF)

imGesprächmitden

PhysikernProf.Dr.

AndreasTünner-

mann(l.)undProf.

Dr.HerbertGross

(r.).

Foto:IOF