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Uni-Journal Jena04/15
Forschung
Pilzprodukt als Störenfried
Wie der Naturstoff Farnesol das menschliche Immunsystem schwächt
Lebensgefährliche Kranken-
hausinfektionen werden oft
durch den Einsatz von Werk-
zeugen, die in den Körper ein-
geführt werden, ausgelöst.
Ein Beispiel hierfür sind Ka-
theter in Venen oder Harnwe-
gen. Auf der Oberfläche der
Plastikröhrchen heften sich
Mikroorganismen an. Durch
bestimmte Mechanismen ge-
lingt es dabei den Mikroben,
in den Körper einzudringen
und diesen anzugreifen – bis
hin zum Tod des Patienten.
Einen Mechanismus konn-
ten Jenaer Wissenschaftler
nun näher beschreiben und
die Resultate in der Fach-
zeitschrift „mBio“ veröffentlichen (DOI:
10.1128/mBio.00143-15).
Es ist eine vielfältige Mischung aus
Mikroorganismen, die sich an einem Ka-
theter im Krankenhaus festsetzen kön-
nen: Bakterien, Viren und Pilze. Einer
unter ihnen ist der Hefepilz „Candida
albicans“. Auf einem Katheter tut er sich
beispielsweise mit anderen Mikroben
zusammen und dringt in den Körper ein.
Die Mikroben bilden dabei
bestimmte Moleküle, um auf
chemischem Wege zu kom-
munizieren.
Candida albicans nutzt dazu
u. a. den Wirkstoff Farnesol.
„Wir wollten wissen, inwie-
fern Farnesol auf Immunzel-
len wirkt und so den Körper
des Patienten womöglich
zusätzlich schwächt“, sagt
Ines Leonhardt, Doktorandin
am Forschungszentrum ZIK
Septomics und Erstautorin
der Studie. Wie das Forscher-
team unter der Leitung von
Prof. Dr. Oliver Kurzai zeigen
konnte, beeinflusst der Stoff
das Immunsystem in der Tat
negativ: Er verhindert, dass sich soge-
nannte dendritische Zellen im Körper
des Patienten ausbilden. Diese sind im
Normalfall für eine schnelle Immunant-
wort auf Eindringlinge zuständig.
tik
DoktorandinInesLeonhardtuntersuchtdenEinflussvonFarnesolauf
dendritischeZellendesmenschlichenImmunsystems.
WersichalsTeilder
Weltgemeinschaft
sieht,wähltoftfair
gehandelteProdukte.
Kontakt:
Dr.GerhardReese
Tel.:03641/945260
E-Mail:gerhard. reese@uni-jena.deFoto:Haupt
Kontakt:
Prof.Dr.Oliver
Kurzai
Tel.:03641/5321347
E-Mail:oliver. kurzai@hki-jena.deDie faire Entscheidung
Wie soziale Identität das Konsumverhalten bestimmt
Ob Mann oder Frau, Fan von Bayern
München oder Borussia Dortmund, Thü-
ringer oder Europäer – Menschen fühlen
sich in der Regel ganz unterschiedlichen
sozialen Gruppen zugehörig. Die Ein-
teilung in solche Kategorien ermöglicht
es, sich in der Welt zurechtzufinden.
Man orientiert sich an Menschen, die
einem ähnlich sind und mit denen man
Einstellungen und
Vorlieben teilt,
sei es die für die
Lieblingsfußball-
mannschaft, die
Zugehörigkeit zu
einer Nation oder
Region. „Diese
Gruppenzugehö-
rigkeit bestimmt
nicht nur unsere
soziale Identität,
sondern beein-
flusst maßgeblich
auch unser Han-
deln“, erläutert So-
zialpsychologe Dr.
Gerhard Reese.
Dass das Verhal-
ten von Menschen
auch dann durch ihre soziale Identität
beeinflusst wird, wenn sie sich zur
größten überhaupt möglichen Gruppe –
der Menschheit – zugehörig fühlen, das
konnte der Jenaer Sozialpsychologe in
einer aktuellen Studie zeigen. Im Fach-
magazin „Journal of Social Psychology“
publizieren Reese und seine Fachkolle-
gin Fabienne Kohlmann Forschungser-
gebnisse, wonach das Vorhandensein
einer solch globalen Identität Menschen
ein besonders ausgeprägtes Gerechtig-
keitsempfinden verleiht, was sie u. a.
dazu veranlasst, sich bewusst für fair ge
handelte Produkte zu entscheiden (DOI:
10.1080/00224545.2014.992850).
Teil derWeltgemeinschaft sein
Mit ihrer Studie greifen die Psycholo-
gen ein wachsendes wissenschaftliches
Interesse auf. „Es gibt bereits einige
Untersuchungen, die zeigen, dass sich
Menschen, die sich als Teil der Welt-
gemeinschaft sehen, stärker prosozial
verhalten als andere“, sagt Reese. Sie
nehmen Ungleichheiten stärker als un-
gerecht wahr und versuchen selbst für
Gerechtigkeit zu sorgen. „Wie unsere
Studie nun zum ersten Mal zeigt, bein-
haltet das auch das Konsumverhalten.“
Allerdings, so schränkt der Psychologe
ein, könnten auch andere Gründe eine
Rolle spielen, wenn Menschen sich für
fair gehandelte Produkte entscheiden. Er
sieht in der Studie daher lediglich einen
ersten Schritt für künftige Forschungs-
projekte.
US
Foto:Kasper