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Uni-Journal Jena04/15
Forschungsprojekte
Wichtige Brücken schlagen
Projekt beleuchtet positive Aspekte der Abwanderung von Fachkräften
Wenn Akademiker und Akademikerin-
nen ihr Ausbildungsland verlassen, ist
meist vom „Brain Drain“ die Rede: Wan-
dern die klugen Köpfe ab, dann hat dies
negative volkswirtschaftliche Folgen.
Das gilt auch für Absolventen mit Mig-
rationshintergrund, die nach Abschluss
ihres Hochschulstudiums in Deutschland
zurück in ihre Heimatländer ziehen. Doch
diese negative Sicht, so macht der Je-
naer Wirtschaftsgeograph Prof. Dr. Se-
bastian Henn deutlich, ist zu einseitig:
„Die Remigration dieser Fachkräfte hat
keineswegs nur negative Auswirkungen.
Oftmals setzen sie sowohl in ihrem Her-
kunfts- als auch dem Ausbildungsland
wichtige wirtschaftliche und wissen-
schaftliche Impulse.“
An dieses Phänomen knüpft das
Vernetzungsprojekt „(Re-)Migranten
im deutsch-türkischen Innovationsnetz-
werk – Identifikation und Kommunika-
tion von Potenzialen für Wissenschaft
und Wirtschaft (MIDETI)“ an, das Henn
gemeinsam mit Fachkollegen bear-
beitet. Zusammen mit Prof. Dr. Martin
Franz von der Universität Osnabrück und
weiteren Partnern aus Ankara, Istanbul
und Izmir möchte Henn die bereits ge-
sammelten Erkenntnisse anderer Län-
der auf Deutschland übertragen und
die Auswirkungen der (Re-)Migration
deutsch-türkischer Fachkräfte beleuch-
ten. Gefördert wird das Projekt im Rah-
men des „deutsch-türkischen Jahres
der Forschung, Bildung und Innovation“
vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung mit einer Gesamtsumme von
40000 Euro.
„Die Kontakte, die Akademiker wäh-
rend der Ausbildung knüpfen, bleiben
meist auch nach der Rückkehr in die
Heimat bestehen. So bilden sich Netz-
werke, gegenseitige Direktinvestitionen
können gefördert werden und der Wis-
senstransfer wird gestärkt“, sagt Prof.
Henn. Daraus ergibt sich ein Anstieg
der Innovationsfähigkeit beider Länder.
„Menschen mit Migrationshintergrund
bilden oft wichtige Brücken für Unter-
nehmen“, erklärt der Lehrstuhlinhaber
für Wirtschaftsgeographie. Ziel des auf
eineinhalb Jahre angelegten Projekts sei
vor allem, die Öffentlichkeit auf dieses
positive Phänomen aufmerksam zu ma-
chen. Möglich soll das über eineWebsite
und eine Broschüre werden, die über
die Potenziale abgewanderter türkisch-
stämmiger Hochqualifizierter für den
Wirtschafts- undWissenschaftsstandort
Deutschland informieren.
biw
Kontakt:
Tel.:03641/948830
E-Mail:sebastian. henn@uni-jena.deProf.Dr.Sebastian
Hennisteinerder
deutschenPartnerim
MIDETI-Projekt.
Foto:Kasper
Gesunde Alternativen zur Bratwurst
Mitteldeutsches Kompetenz-Cluster „nutriCARD“ wird aufgebaut
„Rost brennt“ – Wer an einem schönen
Sommertag durch Mitteldeutschland
fährt, dem begegnen Hinweisschilder
wie dieses überall. Die Rostbratwurst
hat hier eigentlich immer Saison. Doch
das hat seinen Preis, wie Prof. Dr. Ste-
fan Lorkowski sagt. „Die Bratwurst ist
wie viele andereWurstsorten besonders
reich an Fett und enthält vor allem gesät-
tigte Fettsäuren“, warnt er. Das mache
die Wurst nicht nur zu einer Kalorien-
bombe. „In großen Mengen verzehrt,
steigern gesättigte Fette das Risiko für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, so der Er-
nährungswissenschaftler. Bereits heute
sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die
Haupttodesursache in Deutschland und
Europa, wobei die Fälle in Mitteldeutsch-
land noch einmal deutlich über dem bun-
desdeutschen Durchschnitt liegen.
Neue Lebensmittel entwickeln
In der Prävention von Herz-Kreislauf-
Erkrankungen wie Schlaganfall oder
Herzinfarkt kommt der Ernährung eine
Schlüsselrolle zu. Um die Zusammen-
hänge zwischen Ernährung und kar-
diovaskulären Erkrankungen besser
zu verstehen und neue Lebensmittel
und Ernährungsstrategien zu entwi-
ckeln, haben die drei mitteldeutschen
Universitäten Jena, Halle und Leipzig
einen Kompetenz-Cluster initiiert. Der
Verbund mit dem Namen „nutriCARD“
wird in den kommenden sechs Jahren
die Forschungsaktivitäten der drei Hoch-
schulen in diesem Bereich bündeln und
koordinieren. Zum Steuerungsgremium
von nutriCARD gehören neben dem Ko-
ordinator Prof. Lorkowski von der Uni
Jena, Prof. Dr. Gabriele Stangl (Uni Halle-
Wittenberg) und Prof. Dr. Peggy Braun
(Uni Leipzig). Die nutriCARD-Forscher
kooperieren zudem mit außeruniversitä-
ren Forschungseinrichtungen, regiona-
len Partnern der Lebensmittel- und Ag-
rarwirtschaft sowie Multiplikatoren aus
dem Bereich der Ernährungskommuni-
kation. Der Cluster wird vom Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung
in den ersten drei Jahren mit insgesamt
knapp fünf Millionen Euro gefördert.
Inhaltlich wird es um die Entwick-
lung und Herstellung von traditionellen
Lebensmitteln mit verbesserter Rezep-
tur gehen. Eine zweite Säule ist den
Grundlagen und Mechanismen der Er-
krankungsprozesse gewidmet und eine
dritte Säule beschäftigt sich mit Entwick-
lung und Implementierung von Kommu-
nikations- und Bildungskonzepten zur
langfristigen Umsetzung eines gesun-
den Ernährungs- und Lebensstils. US
Traditionellbeliebt
istdieBratwurst
nichtnurinThü-
ringen.
Kontakt:
Prof.Dr.StefanLor-
kowski
Tel.:03641/949710
E-Mail:stefan. lorkowski@uni-jena.
de
Foto:Scheere