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Uni-Journal Jena02/15
Forschungsprojekte
Fassaden, die Strom erzeugen
Materialforscher koordiniert neues EU-Projekt zu intelligenten Fassaden
Fenster, die auf Knopfdruck ihre Licht-
durchlässigkeit ändern, Fassaden- oder
Fensterbauteile, in denen transparente
photovoltaische Module integriert sind
oder Mikroalgen gezüchtet werden, um
mit eigenem Biokraftstoff das Haus zu
heizen: So oder so ähnlich könnten die
Gebäude der Zukunft aussehen. „Viele
dieser Ideen sind heute sicher denkbar,
vor allem im Bereich der intelligenten
Gebäudefassaden, die selbstständig auf
ihre Umwelt reagieren und so die Ener-
gieeffizienz von Gebäuden verbessern“,
sagt Prof. Dr.-Ing. Lothar Wondraczek.
„Doch nur wenige sind derzeit realisiert,
da es an entsprechenden Materialien
und Herstellungsprozessen fehlt“, so der
Lehrstuhlinhaber für Glaschemie.
Interdisziplinäres Konsortium
Dass sich das ändert, ist das Ziel eines
neuen internationalen Forschungsvorha-
bens, das von Lothar Wondraczek koor-
diniert wird. Die Wissenschaftler wollen
im Projekt „Large-Area Fluidic Windows
– LaWin“ funktionale Fassaden, Fassa-
den- und Fensterbauteile sowie entspre-
chende Herstellungsverfahren entwi-
ckeln und zur Marktreife bringen. „Das
erfordert ein enges Zusammenspiel
von Architekten, Materialforschern und
Ingenieuren. Deshalb ist auch das Kon-
sortium entsprechend interdisziplinär
aufgestellt“, betont Wondraczek. Insge-
samt 14 Partner – Hochschulen und Un-
ternehmen – sind an „LaWin“ beteiligt.
Die Europäische Kommission fördert das
Vorhaben in den kommenden drei Jah-
ren mit sechs Millionen Euro im europä-
ischen Rahmenprogramm Horizon 2020.
Hinzu kommen 2,1 Millionen Euro der
beteiligten Industrieunternehmen.
In Jena ist das Projekt am Zentrum
für Energie und Umweltchemie (CEEC)
angesiedelt. Konkret arbeiten Prof.
Wondraczek und sein Team an neuarti-
gen Glasmodulen für Gebäudefassaden,
die aus zwei miteinander verbundenen
Glasschichten bestehen: einer Schicht
mit einem sehr dünnen und hochfesten
Deckglas und einer Schicht mit einem
strukturierten Glas. „Dieses strukturierte
Glas enthält Mikrokanäle, durch die eine
funktionale Flüssigkeit zirkuliert, wel-
che es beispielsweise ermöglicht, den
Lichteinfall automatisch anzupassen
oder die Außenwärme zu speichern,
um dann mithilfe einer Wärmepumpe
Strom zu erzeugen“, erklärtWondraczek.
Die Wissenschaftler werden solche
Fassaden- und Fenstermodule ausführ-
lich testen, sowohl im Labor als auch
unter „echten“ Bedingungen an aus-
gewählten Referenzgebäuden. Zudem
müssen die neuen Glasfassaden sich in
herkömmliche Fenster- und Fassaden-
systeme integrieren lassen und letztlich
auch rentabel sein, so Wondraczek. ch
Kontakt:
Prof.Dr.-Ing.Lothar
Wondraczek
Tel.:03641/948504
E-Mail:Lothar. Wondraczek@uni- jena.de[alsoavailablein
English: www.uni- jena.de/en/uni_ journal_2_2015.html]IntelligenteGebäudefassaden,dieselbststän-
digaufihreUmweltreagierenunddieEner-
gieeffizienzvonGebäudenverbessern,sind
dasZieldesneuenProjekts,dasvonProf.Dr.-
Ing.LotharWondraczekkoordiniertwird.
Foto:Kasper
Orientalische Schriften wiederentdecken
Katalogisierungsgroßprojekt geht in die letzte Phase
Seit mehr als einem halben Jahrhundert
arbeiten ungezählteWissenschaftler da-
ran, Zehntausende orientalische Hand-
schriften zu erschließen, die bis dato „im
Verborgenen“ in deutschen Bibliotheken
schlummerten. Ende 2014 ist das Pro-
jekt „Katalogisierung der Orientalischen
Handschriften in Deutschland“ (KOHD)
der Akademie der Wissenschaften zu
Göttingen für die Jahre 2016 bis 2022
verlängert worden. Dafür sind Mittel „für
fast 80 Personenjahre bewilligt worden“,
freut sich Gesamtprojektleiter Prof. Dr.
Tilman Seidensticker. „Bis 2022 können
wir das Projekt definitv abschließen“,
sagt der Islamwissenschaftler von der
Jenaer Universität, der zugleich den Be-
reich „Arabische Handschriften“ leitet.
Fast 10000 Handschriften seien noch
zu bearbeiten, erwarten die Forscher.
Den größten Anteil machen Schriften
tibetischen und arabischen Ursprungs
aus. Dabei sind bereits über 150 Katalog-
Bände publiziert worden. „Ich schätze,
dass nun noch einmal ein bis zwei Dut-
zend hinzukommen, die dann auch di-
gital verfügbar sein werden“, erläutert
Seidensticker.
Um die Arbeit in den verbleibenden
sieben Jahren zu schaffen, wollen die
Forscher weniger bedeutende Schriften
knapper als bisher charakterisieren –
etwa mit Verfasser, Titel, Blattzahl, einer
kurzen Inhaltsangabe und dem Anfang
der jeweiligen Schrift in wenigen Wor-
ten.
An dem Projekt wirken neben den
Fachleuten in Jena Experten in Berlin,
München, Hamburg, Göttingen, Köln,
Marburg und Bonn mit. Die Kosten tra-
gen jeweils zur Hälfte der Bund und das
Land der jeweiligen Arbeitsstelle. AB
OrientalischeHandschriftenwiedieseschlummernzuZehntausenden
indeutschenBibliothekenundwerdennunkatalogisiert.
Kontakt:Prof.Dr.TilmanSeidensticker
Tel.:03641/944865,E-Mail
:x8seti@uni-jena.deFoto:Kasper