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Uni-Journal Jena02/15

Volksbildung wider den Atheismus

Forschungsprojekt nimmt „Religionsgeschichtliche Schule“ in den Blick

Forschungsprojekte

Wer hilft, braucht selbst auch Hilfe

Beratung für pflegende Angehörige von Demenzpatienten wird ausgeweitet

Waschen, Anziehen, Essen, sich im Le-

ben zurechtfinden – was für die meisten

Menschen alltägliche Tätigkeiten sind,

die ohne große Mühe gelingen, wird für

Patienten mit Demenz zu einer wach-

senden Herausforderung. Für pflegende

Angehörige wird das oftmals zu einem

Fulltime-Job. „Wer aber 24 Stunden am

Tag für einen Erkrankten da sein muss,

der vergisst leider oft, die eigenen Be-

dürfnisse zu berücksichtigen“, weiß Prof.

Dr. GabrieleWilz. Und das hat oft Folgen

für die Gesundheit: Untersuchungen zei-

gen, dass pflegende Angehörige häufig

körperlich und seelisch überfordert sind.

„Nur wenn die Angehörigen auch das ei-

gene Wohlergehen im Blick haben, kön-

nen sie ihre erkrankten Verwandten dau-

erhaft gut betreuen“, so die Professorin

für Klinisch-Psychologische Intervention.

Teilnehmer werden gesucht

Genau hier setzt das Angebot von

„Tele.TAnDem“ an: Das Projekt bietet

psychologische Unterstützung für An-

gehörige von an Demenz erkrankten

Menschen per Telefon. „Durch die Hilfe

qualifizierter Psychologinnen fällt es

den Betreuern leichter, mit den Schwie-

rigkeiten des Pflegealltags umzugehen

und das wirkt sich positiv auf ihre eigene

Gesundheit aus“, so die Erfahrung von

Prof. Wilz. Sie und ihr Team wollen das

erfolgreiche Projekt nun ausweiten: Im

Projekt „Tele.TAnDem.online“ gibt es

nun auch psychologische Unterstützung

über ein Internetportal. „Die Beratung

über das Internet hat sich bereits in

anderen psychologischen Studien als

sehr erfolgreich erwiesen“, begründet

Franziska Meichsner diesen Schritt. Das

Angebot lasse sich so zeitlich und örtlich

sehr flexibel nutzen, so die Psychologin,

die zum Beratungsteam von „Tele.TAn-

Dem.online“ gehört.

In einem zweiten Folgeprojekt wird

die telefonische Unterstützung auf zwei

konkrete therapeutische Ziele fokus-

siert. Dabei geht es um „Akzeptanz und

Werteorientierung“, erläutert Prof. Wilz.

Ziel sei es, dass die pflegende Person

die Situation ihres kranken Angehörigen

mit allen Konsequenzen lernt anzuneh-

men und zu akzeptieren. Es gehe darum,

mit belastenden Emotionen besser um-

zugehen, ohne die eigenen Werte und

Bedürfnisse dabei zu vernachlässigen.

Für beide Folgestudien werden noch

Teilnehmer gesucht. Wer als Angehöri-

ger eines an Demenz erkrankten Men-

schen diesen hauptverantwortlich pflegt,

unter der psychischen Belastung leidet,

bislang aber keine psychotherapeutische

Behandlung bekommt, kann sich anmel-

den

(www.teletandem.uni-jena.de

). US

Die zunehmende Säkulari-

sierung der Gesellschaft ist

kein Phänomen allein unse-

rer Zeit. Besorgt wegen der

zunehmenden Abkehr der

Menschen von der Religion,

versuchten bereits um 1900

engagierte evangelische

Theologen, weite Kreise der

Gesellschaft mit Vorträgen,

Publikationen und Ferienkur-

sen religiös zu bilden. „Das

erklärte Ziel war es, das

Christentum wieder zur sinn-

stiftenden Instanz der Gesell-

schaft werden zu lassen“, sagt

Prof. Dr. Michael Wermke.

Der Religionspädagoge und Direktor

des Zentrums für Religionspädagogi-

sche Bildungsforschung leitet zusam-

men mit dem Neutestamentler Prof. Dr.

Manuel Vogel das interdisziplinäre und

internationale Forschungsprojekt „Re-

ligionsgeschichtliche Schule – Bildung

und Religion“, das vor kurzem seine

Arbeit aufgenommen hat. Gefördert

mit 172 000 Euro von der Deutschen

Forschungsgemeinschaft soll in den

nächsten drei Jahren erforscht werden,

welcher Zusammenhang zwischen den

Volksbildungsbestrebungen der Religi-

onsgeschichtlichen Schule und der Eta-

blierung der modernen evangelischen

Religionspädagogik besteht.

Im Fokus der Wissen-

schaftler steht die „Religions-

geschichtliche Schule“, deren

Mitglieder zu Beginn des

20. Jahrhunderts begannen,

ihre Forschungsergebnisse

an interessierte Laien zu

vermitteln. „Im Hintergrund

standen dabei neue bibelwis-

senschaftliche Erkenntnisse,

die u. a. von herausragenden

Exegeten wie Wilhelm Bous-

set, Hermann Gunkel und

dem Jenaer Neutestament-

ler Heinrich Weinel erarbeitet

wurden“, sagt Prof. Vogel.

„Diese Bibel-Exegeten wandten sich

gegen eine dogmatische Auslegung

der Heiligen Schrift“, ergänzt Projektko-

ordinator Gregor Reimann. Stattdessen

wurden Einflüsse aus dem antiken Ju-

dentum, aber auch aus Babylonien, Per-

sien und der hellenistischen Welt in die

Untersuchungen mit aufgenommen. sl

Prof.Dr.MichaelWermke(l.)undProf.Dr.ManuelVogelleitenge-

meinsamdasneueForschungsprojekt.

FranziskaMeichsner

gehörtzumTeam

von„Tele.TAnDem.

online“.

Kontakt:

Prof.Dr.Gabriele

Wilz

Tel.:03641/945170

E-Mail:sekretariat. intervention@uni- jena.de

Foto:Günther

Kontakt:

Prof.Dr.Michael

Wermke

Tel.:03641/941171

E-Mail:Michael. Wermke@uni-jena.de

Fotos:Günther