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Uni-Journal Jena02/15
Forschungsprojekte
Eine grenzüberschreitende Sprache
Slawisten starten Projekt zur Minderheitensprache Russinisch
Soziales Europa
Forschungsverbund in Halle und Jena untersucht europäische Rentenpolitik
Die Zukunft der Alterssicherung in Eu-
ropa steht im Zentrum eines gemein-
samen Forschungsprojekts der Univer-
sitäten Halle-Wittenberg und Jena. Die
Forscher um den halleschen Politologen
Prof. Dr. Johannes Varwick und den Je-
naer Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Dr.
h. c. Eberhard Eichenhofer erforschen,
welchen Einfluss die EU auf die Renten-
politik ihrer Mitgliedsstaaten hat und wie
die Staaten auf die europäische Renten-
politik einwirken.
Ziel ist es auch, konkrete Vorschläge
für die Gestaltung der Alterssicherungs-
politik in Europa zu entwickeln. Das
Projekt wird vom Forschungsnetzwerk
Alterssicherung über zwei Jahre mit
170000 Euro gefördert.
Viele EU-Länder suchen derzeit nach
zukunftssicheren Modellen für die Finan-
zierung ihrer staatlichen Altersvorsorge.
Während praktisch überall weniger
Menschen geboren werden als früher,
steige die allgemeine Lebenserwartung
der Menschen stetig an. Die Wissen-
schaftler wollen in ihrem Projekt „Euro-
päisierung der Alterssicherungspolitik in
Europa“ deshalb der Frage nachgehen,
wie verschiedene Länder innerhalb der
EU ihr Rentensystem organisieren, um
auf diese Entwicklung zu reagieren.
Europäisches Gesamtmodell
Dazu planen sie zum Beispiel Inter-
views mit Vertretern aus Arbeits-, Sozial-
und Wirtschaftsministerien in Deutsch-
land, Großbritannien, Schweden, Polen,
Italien und Spanien. „Damit decken wir
die wesentlichen Sozialmodelle ab, die
in Europa vorkommen“, erläutert Prof.
Varwick die Auswahl. Zugleich ließen
sich so weiche und informelle Mecha-
nismen sowie Einflusskanäle erkennen,
die in der bisherigen Forschung noch
weitgehend ausgeblendet wurden. Am
Ende soll ein Gesamtmodell der Euro-
päisierungsprozesse im Bereich der Al-
terssicherung entstehen, in dem auch
die erfolgten Lern- und Beeinflussungs-
prozesse zwischen den EU-Mitglieds-
staaten nachgezeichnet werden.
PM
Europaaltert:InpraktischallenEU-LändernsinkendieGeburtenzah-
len,währenddieallgemeineLebenserwartungsteigt.WiedieLänder
mitdieserHerausforderungumgehen,istGegenstanddesProjekts.
Kontakt:
Prof.Dr.Dr.h.c.EberhardEichenhofer,Tel.:03641/942150
Foto:Günther
24 Amtssprachen gibt es in der Europä-
ischen Union. Hinzu kommen zahlreiche
Minderheitensprachen, wie etwa Rus-
sinisch, eine Sprache, die vorwiegend
in Südostpolen – dort als Lemkisch
bezeichnet –, der Ostslowakei, in den
ukrainischen Karpaten und in kleineren
Gebieten im nördlichen Ungarn und
Rumänien gesprochen wird. „Verschie-
dene sprachliche und politische Grenzen,
nicht zuletzt auch die EU-Außengrenze,
zerschneiden das russinische Volk“, sagt
Prof. Dr. Achim Rabus. Wie sich das auf
die Sprache auswirkt, das wollen der
Slawist und sein Team in einem neuen
Forschungsprojekt herausfinden. Die
Deutsche Forschungsgemeinschaft för-
dert das Vorhaben in den nächsten drei
Jahren mit 200000 Euro. Angesiedelt ist
das Projekt am Jenaer Institut für Slawis-
tik und dem Aleksander-Brückner-Zent-
rum für Polenstudien der Universitäten
Jena und Halle-Wittenberg.
DieWissenschaftler werden Russinen
in Polen, der Slowakei, der Ukraine und
in Ungarn interviewen. „Wir werden die
Menschen darüber befragen, was sie
denken, wie sie selbst und wie andere
Menschen in ihrem Land sprechen“, er-
klärt Rabus. Anschließend werden die
Forscher neben dem Inhalt auch die Art
und Weise des Gesagten analysieren
– das heißt, Grammatik, Syntax sowie
Aussprache – und die Ergebnisse aus
den einzelnen Ländern miteinander ver-
gleichen. „Auf diese Weise können wir
ermitteln, welche Sprachelemente die
Menschen wahrnehmen und welche Va-
rianten des Russinischen es tatsächlich
gibt“, erklärt Rabus. Zudem untersuchen
die Wissenschaftler, wie die jeweilige
politische, soziale und linguistische Kon-
stellation in Ländern mit russinischer Be-
völkerung die russinische Sprache verän-
dert. „In der Ukraine gilt das Russinische
als Dialekt und vermischt sich stark mit
dem Ukrainischen“, sagt Rabus. In der
Slowakei und in Polen bestehe das Rus-
sinische hingegen neben der ebenfalls
slawischen, in Ungarn neben der nicht-
slawischen Landessprache.
ch
AndriannaSchimon,Prof.Dr.AchimRabusundYuriyRemestvenskyy
(v.r.)erforschenineinemvonderDeutschenForschungsgemeinschaft
gefördertenProjektdieslawischeMinderheitenspracheRussinisch.
Kontakt:
Prof.Dr.AchimRabus,Tel.:03641/944875
Foto:Günther