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Uni-Journal Jena02/15

Forschung

Bloß kein Außenseiter sein!

Warum Kleinkinder Gleichaltrige imitieren

Evolution der Insekten

Konsortium legt den Stammbaum der erfolgreichsten Tiergruppe vor

Insekten sind vor rund 480 Millionen

Jahren aus marinen Vorfahren hervor-

gegangen und haben sich zur erfolg-

reichsten Tiergruppe unseres Planeten

entwickelt. In einem internationalen For-

schungsprojekt mit Jenaer Beteiligung

konnte nun ihre stammesgeschichtli-

che Entwicklung aufgeklärt und datiert

werden: Im Rahmen des 1KITE-Projekts

(„1000 InsectTranscriptome Evolution“)

ist es gelungen, den Stammbaum der

Insekten aufzuklären. Das Team hat

seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift

„Science“ veröffentlicht und damit die

Grundlagen für ein besseres Verständnis

der Evolution dieser Tiergruppe gelegt

(DOI: 10.1126/science.1257570).

Eine Besonderheit des 1KITE-Projekts

besteht darin, dass neben Spezialisten

für Molekulargenetik und Bioinformatik

auch Paläontologen, Entwicklungsbiolo-

gen und Morphologen eine wesentliche

Rolle spielen. Prof. Dr. Rolf Beutel vom

Jenaer Institut für Spezielle Zoologie

und Evolutionsbiologie gehört zu den

Gründungsmitgliedern des Konsorti-

ums. Der Beitrag seiner Arbeitsgruppe

besteht darin, die Evolution auf der

Ebene der Veränderung von morpho-

logischen Strukturen nachzuzeichnen.

Besonders interessant dabei ist, welche

Veränderungen bzw. Neuerwerbungen

entscheidend zur einzigartigen Entfal-

tung der Insekten beigetragen haben.

Insekten sind mit mehr als einer Mil-

lion beschriebener Arten mit Abstand

die artenreichste und vielfältigste Tier-

gruppe unseres Planeten. Prof. Beutel

betont, dass zur Klärung der Evolution

dieser enormen Artenvielfalt und des

ökologischen Erfolgs der Insekten die

Rekonstruktion des Stammbaumes

eine elementare Voraussetzung ist.

Daten öffentlich zugänglich

Neben dem Stammbaum hat das

Wissenschaftlerteam erstmals umfas-

sende genomische Daten für Insekten

der Öffentlichkeit und anderen Wissen-

schaftlern zur Verfügung gestellt. Grund-

lagenforschung und angewandte Wis-

senschaftsprojekte werden noch Jahre

von diesen Daten profitieren, ist sich das

Forscherteam sicher. So ist es anhand

dieser Daten nun möglich, zum Beispiel

Stoffwechselwege unterschiedlicher In-

sektenarten zu vergleichen und dieses

Wissen dann in der Schädlingsbekämp-

fung einzusetzen. 

PM

Kinder und Schimpansen richten sich oft

nach der Mehrheit, wenn sie Neues ler-

nen. Ein Forscherteam von der Universi-

tät Jena und dem Max-Planck-Institut für

evolutionäre Anthropologie in Leipzig hat

jetzt herausgefunden, dass die Bereit-

schaft, eigene Vorlieben zugunsten An-

derer aufzugeben, beim Menschen be-

sonders stark ausgeprägt ist – und das

bereits bei Kleinkindern imAlter von zwei

Jahren. Das berichten die Forscher in der

Fachzeitschrift Psychological Science

(DOI: 10.1177/0956797614553235).

Die Mehrheitsmeinung zählt

In einer früheren Studie hatten der

Entwicklungspsychologe Prof. Dr. Da-

niel Haun und seine Kollegen bereits

herausgefunden, dass Kinder und

Schimpansen sich oft der Mehrheits-

meinung anschließen. Das ist durchaus

sinnvoll, denn die Gruppe verfügt über

Wissen, das einer Einzelperson nicht

notwendigerweise bekannt ist. Andere

Studien zeigen aber, dass erwachsene

Menschen sich manchmal auch dann der

Mehrheit anpassen, wenn sie über das

relevanteWissen selbst verfügen, damit

sie sich nicht von der Gruppe abheben.

In den Experimenten der Forscher

sollten die Kinder und Menschenaffen

einen Ball in eine Kiste fallen lassen,

die in drei getrennte Sektionen unter-

teilt war. Aber nur bei einer Sektion kam

nach dem Balleinwurf auch eine Be-

lohnung heraus. Nachdem der Teilneh-

mer den Umgang mit der Kiste gelernt

hatte, konnte er mehrere ihm bekannte

Gleichaltrige beim Balleinwurf beob-

achten. Diese ließen den Ball jedoch in

eine andere Sektion fallen als die, aus

der der Teilnehmer eine Belohnung er-

halten würde. Die Ergebnisse zeigten,

dass Kinder ihr Verhalten öfter dem

der Gleichaltrigen anpassten als Men-

schenaffen. Während die Kinder in mehr

als der Hälfte der Fälle Konformität an

den Tag legten, ignorierten Schimpan-

sen und Orang-Utans ihre Artgenossen

weitestgehend und blieben der Strate-

gie treu, die sie zuvor gelernt hatten.

SchonKleinkinder

schließensichgern

derMehrheitsmei-

nungan–manchmal

sogarwiderbesseres

Wissen.

Kontakt:

Prof.Dr.Daniel

Haun

Tel.:03641/945201

E-Mail:daniel.haun@ uni-jena.de

Eine Folgestudie mit Zweijährigen er-

gab, dass die Kinder sich häufiger dann

für die gezeigte Alternative entschieden,

wenn die Gleichaltrigen zuschauten.War

das nicht der Fall, blieben sie hingegen

häufiger ihrer eigenen Lösung treu.

Diese Konformität zeigt, dass die Mo-

tivation, sich Anderen anzupassen, be-

reits sehr früh auftritt. „Wir waren über-

rascht, dass schon zweijährige Kinder ihr

Verhalten ändern, nur um nicht anders

zu sein“, sagt Haun. 

PM

Fotosoben(v.l.):

EineSchrecke

(Diestrammena

asynamora)und

eineSandgoldwespe

(Hedychrumnobile)

gehörenzurerfolg-

reichstenTiergruppe

unseresPlaneten–

denInsekten.

Fotos:Niehuis

Kontakt:

Prof.Dr.RolfBeutel

Tel.:03641/949153

E-Mail:rolf.beutel@ uni-jena.de

Foto:Günther