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Uni-Journal Jena12/15

Schätze für Forschung und Lehre

Universität nimmt 41. wissenschaftliche Sammlung auf

„Was du ererbt von deinen Vätern hast,

erwirb es, um es zu besitzen“, lässt Jo-

hannWolfgang von Goethe seinen Faust

mahnen und meint, dass solcher Besitz

erst dann wertvoll ist, wenn er auch ge-

nutzt wird. Und der Geheime Rat aus

Weimar als für die Universität zuständi-

ger Minister war es auch, der 1817 mit

seinen Vorschlägen in einem „Muse-

umsbericht“ die Basis für sammlungs-

bezogenes wissenschaftliches Arbeiten

in Jena legte. Elf solcher „Schatzkam-

mern“ gab es damals bereits, darunter

der Botanische Garten, die Mineralogi-

sche Sammlung und die Sternwarte, die

nach wie vor existieren.

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich

die Zahl der wissenschaftlichen Samm-

lungen und Museen der Universität auf

über 40 fast vervierfacht. Sie alle sind

unerlässlich für Forschung und Lehre.

Einige von ihnen wie Schillers Garten-

haus, das Phyletische Museum und die

Mineralogische Sammlung sind öffent-

lich zugänglich, fast alle anderen nach

Absprache.

Jüngster Spross ist die „Jena Collec-

tion of X-Ray Movies“ des Instituts für

Spezielle Zoologie und Evolutionsbiolo-

gie. Hinter diesem Namen verbergen

sich mehr als 50000 Röntgenfilme, auf

denen Bewegungsabläufe von Tieren

aufgezeichnet wurden. Aufgenommen

wurden sie von Institutsdirektor Prof.

Dr. Martin S. Fischer im Rahmen sei-

ner Forschungen zunächst bis 1993 am

Zoologischen Institut Tübingen und seit-

her mit vielen Mitarbeitern in Jena. Seit

neun Jahren geschieht dies an der ins-

titutseigenen biplanaren, hochfrequen-

ten, in Europa einmaligen Röntgenvi-

deographie-Anlage. Eine Sammlung sei

nie geplant gewesen, die Filme für das

„Tagesgeschäft“ entstanden, berichtet

Prof. Fischer. „Aber im Laufe unserer

Arbeit haben wir festgestellt, dass wir

den weltgrößten Bestand an Röntgen-

filmen haben. Wir sehen es als unsere

Verpflichtung an, diesen Schatz auch an-

deren Wissenschaftlern, Präparatoren,

Schulen und den Medien zugänglich zu

machen.“ Deshalb werden die außerge-

wöhnlichenTieraufnahmen, die auch der

Bionik wertvolle Impulse geben können,

seit einem Jahr nach und nach in einer

Online-Datenbank erfasst. Auch bei

Künstlern stößt die Sammlung auf Inte-

resse, etwa bei der Stuttgarterin rosalie,

die in diesem Jahr einige Objekte für

ihr 60 mal 12 Meter großes Videokunst-

Projekt „Marathon der Tiere“ auf der

LichtSicht-Projektions-Biennale nutzte

und die 2016 einen Abend im Jenaer

Straßenbahndepot gestalten wird.

Wertschätzung über Jena hinaus

Wie die Röntgenfilme seien alle

Sammlungen und Museen an der Je-

naer Universität das Ergebnis wissen-

schaftlicher Neugier, Forschergeists und

persönlichen Engagements, macht Dr.

Tilde Bayer deutlich. Sie ist seit 2008

Sammlungsbeauftragte der FSU und so-

zusagen Schnittstelle zwischen Univer-

sitätsleitung und den „Schatzkammern“.

Sie kennt die Entstehungsgeschichten,

weiß, dass jede „in ihrer Bedeutung

einzigartig“ ist. Und sie freut sich über

die Wertschätzung weit über Jena und

Thüringen hinaus, die sich nicht zuletzt

in der Aufnahme einer 2015 durch das

Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik ver-

öffentlichten Liste von Sammlungen an

Universitäten widerspiegelt.

Zu den ältesten noch existierenden

zählen neben den eingangs erwähnten

die Sammlung der über 300 Bildnisse

von Rektoren und Professoren der Alma

Mater Jenensis. Sie reicht bis in die Zeit

der Gründung der „Hohen Schule“ 1548

zurück, bildet zugleich den Kern der Ge-

mäldesammlung der Universität – und

wächst mit jedem neuen Porträt eines

Rektors oder Präsidenten weiter.

Noch um einiges älter ist die an der

Thüringer Universitäts- und Landesbib-

liothek beheimatete „Bibliotheca Elec-

toralis“. 1512 vom sächsischen Kurfürs-

ten Friedrich demWeisen in Wittenberg

begründet und der dortigen Universität

zur Verfügung gestellt, kam sie 1549

– nach der Niederlage des Fürsten im

Schmalkaldischen Krieg 1546/47 über

Weimar nach Jena. Dieses „theuerst

cleinoth“ vereint rund 1400 Inkunabeln

und Drucke nach 1500 sowie ca. 190 mit-

telalterliche Handschriften, darunter die

berühmte „Jenaer Liederhandschrift“,

und gilt als herausragende Grundlage

für die Erforschung des Humanismus

und der gesamten Epoche der Refor-

mation. Zwischen 2008 und 2012 wurde

der gesamte Bestand der „Bibliotheca

HistorischeExponate

inderAnatomischen

SammlungderMe-

dizinischenFakultät

(oben).

DieOrientalische

Münzsammlung

umfasstrund21000

numismatischeOb-

jekte(u.l.).

Der„Stadtplanvon

Nippur“(u.r.)aus

derHilprecht-Samm-

lungVorderasiati-

scherAltertümergilt

alsdieältesteüber-

lieferteStadtansicht.

Fotos(3):Kasper

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