Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  42 / 52 Next Page
Basic version Information
Show Menu
Previous Page 42 / 52 Next Page
Page Background

42

Uni-Journal Jena11/14

„Schule für das Leben durch

das Leben“, so lautete das

Credo des belgischen Päda-

gogen Ovide Decroly (1871-

1932). Die Erziehungswis-

senschaftlerin Dr. Annika

Blichmann hat ihre Disser-

tation über den Reformpä-

dagogen geschrieben, die

jetzt als Buch erschienen ist:

„Erziehung als Wissenschaft.

Ovide Decroly und sein Weg

vom Arzt zum Pädagogen.“

„Ovide Decroly stellte in-

haltlich die Interessen der

Kinder in den Mittelpunkt

seines Unterrichts“, so Blich-

mann. Der Pädagoge habe

einen herausragenden Bei-

trag zur Begründung einer

Erziehung als Wissenschaft geleistet. In

seinen systematischen und nachprüfba-

ren Vorgehensweisen habe Decroly den

Forschungswegen der experimentellen

Pädagogik entsprochen. 

sl

Eine fundierte wissenschaft-

liche Analyse der Partei Die

Linke bietet das jüngst er-

schienene Buch „Die Linke.

Willensbildung in einer

ideologisch zerstrittenen

Partei“ von Prof. Dr. Tors-

ten Oppelland (Uni Jena)

und Dr. Hendrik Träger (Uni

Leipzig). Die beiden ausge-

wiesenen Parteienforscher

untersuchen die historische

Tradition eines gespaltenen

linken Lagers ebenso wie

die Willensbildungsmuster in

der Linkspartei. Als Weltan-

schauungs- und pluralistische

Sammlungspartei ist sie in

besonderem Maße auf Inte-

grationsleistungen angewie-

sen. Gleichzeitig werden strategische

Erfahrungen und Optionen analysiert.

Die Publikation ist erschienen in einer

von Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte (Univer-

sität Duisburg-Essen) herausgegebenen

Reihe zu den deutschen Parteien, die

den Schwerpunkt auf innerparteiliche

Entscheidungsprozesse legt. 

PM

„Die Romantik

war keineswegs

bloß eine deut-

sche Affäre“, sagt

Prof. Dr. Michael

Dreyer. Der Poli-

tikwissenschaftler

widerspricht da-

mit Rüdiger Saf-

ranski, der dieses

Verdikt erhoben

hatte. Vielmehr, so

Dreyer, sei die Ro-

mantik europaweit

als Idee aufgegrif-

fen worden.

G e m e i n s a m

mit dem Histori-

ker Prof. Dr. Klaus

Ries unternimmt

Michael Dreyer den Versuch, das fest-

gefügte Bild der Romantik zu revidieren.

In dem Buch „Romantik und Freiheit.

Wechselspiele zwischen Ästhetik und

Politik“ haben die beiden Herausgeber

der Zivilisation zu-

rückgezogen, um

herauszufinden,

was im Leben un-

verzichtbar ist.

Stephan Lorenz

plädiert jedoch

keineswegs für

eine asketische

L e b e n s we i s e ,

er fragt vielmehr

nach dem Sinn

vonWachstum um

des Wachstums

willen. Aktuell sei

es doch so, dass

neue technische

Errungenschaften

neue Probleme

aufwerfen, zu de-

ren Lösung wie-

derum technische Errungenschaften

verhelfen sollen.

Inzwischen, so das Fazit von Lorenz,

gewinnt die Forderung nach einer nach-

haltigen Lebensweise immer mehr an

Gewicht. Sein Buch will dazu Denkan-

stöße geben. 

sl

Neue Bücher

Romantik neu bewertet

Epoche war nicht nur ein ästhetisches Projekt

Willensbildung in

der Linkspartei

Von der Schule des

Lebens

Wachstum als Wert?

Wachstumskritik aus soziologischer Perspektive

TorstenOppelland,

HendrikTrä

ger:Die

Linke–Willens-

bildungineiner

ideologischzerstrit-

tenenPartei,Nomos

Verlag,Baden-Baden

2014,263Seiten,

19,90Euro,ISBN978-

3-8329-6965-3

AnnikaBlichmann:

„ErziehungalsWis-

senschaft.Ovide

Decrolyundsein

WegvomArztzum

Pädagogen“,Fer-

dinandSchöningh

Verlag,Paderborn

2014,237Seiten,34,90

Euro,ISBN978-3-506-

77779-9

StephanLorenz:

„Mehroderweniger?

ZurSoziologieökolo-

gischerWachstums­

kritikundnachhal-

tigerEntwicklung“,

transcriptVerlag,

Bielefeld2014,138

Seiten,19,99Euro,

ISBN978-8376-2776-3

MichaelDreyer,

KlausRies(Hg.):

„RomantikundFrei-

heit.Wechselspiele

zwischenÄsthetik

undPolitik“,Univer-

sitätsverlagWinter,

Heidelberg2014,304

Seiten,48Euro,ISBN

978-3-8253-6190-7

Leben wir in einer Überflussgesellschaft,

die rücksichtslos die Ressourcen des

Planeten plündert? Zerstören wir die

Lebensgrundlagen künftiger Generatio-

nen? Das Unbehagen an der Moderne

ist weitverbreitet, doch äußerst diffus.

Es kommt mal als Kapitalismuskritik da-

her, mal als Kritik an der Industriegesell-

schaft oder der Konsumgesellschaft. Im

Blickpunkt steht häufig Wachstum, das

als bedrohlich wahrgenommen wird,

aber in der Politik längst zu einem Man-

tra geworden ist.

„In der Politik ist es einfach: Wer kein

Wachstum verspricht, wird nicht ge-

wählt“, sagt der Soziologe Dr. Stephan

Lorenz. Wer Wachstum in Frage stellt,

werde nicht mehr ernst genommen.

Diesem Mechanismus des gesell-

schaftlichen Diskurses geht Lorenz in

seinem Buch „Mehr oder weniger? Zur

Soziologie ökologischerWachstumskritik

und nachhaltiger Entwicklung“ nach. Ba-

sis seiner Überlegungen ist Henry David

Thoreaus Bericht „Walden“, der als Mani-

fest einer experimentellen Lebensweise

interpretiert werden kann. Thoreau hatte

sich 1845 für zwei Jahre weitgehend aus

14 Aufsätze von Autorinnen und Autoren

zusammengetragen, die sich dem Phä-

nomen Romantik aus dem Blickwinkel

verschiedener Wissenschaftsdisziplinen

nähern.

„Natürlich war die Romantik auch

rückwärtsgewandt“, sagt Ries. Doch die

Betonung liege auf dem „auch“, denn

in ihrem Ursprung sei die romantische

Bewegung eine progressive gewesen.

Zudem, so Ries, eine passende Ergän-

zung zur „reinen Vernunft“ der Aufklä-

rung. Weil in der Romantik Gefühle und

Emotionen betont wurden, werde sie

nahezu ausschließlich als ästhetisches

Projekt wahrgenommen.

In der Politikwissenschaft sei die Ro-

mantik überhaupt kein Thema, konsta-

tiert Prof. Dreyer. Verantwortlich dafür

sei Carl Schmitt, der in seiner Schrift

„Politische Romantik“ vom „Quell allen

Übels“ geschrieben habe. Dabei, so

Dreyer, sei der Liberalismus des frühen

19. Jahrhunderts eine zunächst romanti-

sche Bewegung gewesen. 

sl