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Uni-Journal Jena11/14
Forschung
Wann Vorbeugen sinnvoll ist
Präventionsprogramme für Kinder und Jugendliche auf dem Prüfstand
Jedes fünfte Kind in Deutschland weist
psychische Auffälligkeiten auf: Neben
Verhaltensauffälligkeiten sind es vor al-
lem Essstörungen und Lernschwierig-
keiten, unter denen die 3- bis 17-Jähri-
gen leiden. „Dabei handelt es sich um
durchaus gravierende Probleme, die die
Kinder in ihrer Entwicklung beeinträch-
tigen können“, macht Prof. Dr. Andreas
Beelmann deutlich. Angesichts dieser
Zahlen werde
regelmäßig der
Ruf nach Präven-
tionsprogrammen
laut, beobachtet
der Psychologe.
Schließlich belas-
ten psychische
Probleme nicht nur
die Betroffenen
und ihre Familien.
„Sie verursachen
auch erhebliche
Kosten für das Ge-
sundheitssystem.“
Und so steigt
die Zahl der An-
gebote zur Prä-
vention, etwa
von Gewalt oder
Drogenkonsum, sowie zur allgemeinen
Gesundheitsförderung der Heranwach-
senden stetig. Doch wie wirksam sind
diese in der Praxis? Das hat Prof. Beel
mann gemeinsam mit Dr. Maximilian
Pfost und Cordula Schmitt untersucht:
Dazu haben die Forscher die gesamte
Wirksamkeitsforschung zur Prävention
und Gesundheitsförderung bei Kindern
und Jugendlichen aus dem deutsch-
sprachigen Raum der vergangenen 40
Jahre analysiert (DOI: 10.1026/0943-
8149/a000104). Ihr Fazit: Prävention
kann substanzielle Wirkungen erzielen,
ist aber nicht immer von Erfolg gekrönt.
Manchmal können Präventionsmaßnah-
men sogar kontraproduktiv sein.
Der Erfolg von Präventionsprogram-
men hänge in hohem Maße davon ab,
wie die Maßnahmen umgesetzt wer-
den. „Ganz entscheidend ist, dass die
betreuenden Personen über fundiertes
Wissen zum Präventionskonzept verfü-
gen und das Programm insgesamt als
sinnvoll erachten“, so Beelmann. Voraus-
setzungen, die leider oft nicht gegeben
seien.
Auch die Auswahl der Erfolgskrite-
rien sei ausschlaggebend für die ermit-
telte Wirksamkeit der Programme. So
schneidet Prävention im Hinblick auf
Wissensvermittlung generell am besten
ab, wenn etwa Kinder und Jugendliche
etwas über gesunde Ernährung lernen.
Ob sich dieser Lernerfolg dann in einem
veränderten Ernährungsverhalten nie-
derschlägt, stehe auf einem anderen
Blatt. Verhaltensänderungen durch Prä-
ventionsprogramme fallen durchweg
bescheiden aus.
US
SpielendeKinder.
EineMetastudieana-
lysiert,wiewirksam
Präventionspro-
grammefürsiesind.
Kontakt:
Prof.Dr.Andreas
Beelmann
Tel.:03641/945901
E
-Mail:andreas.beel- mann@uni-jena.deNachhaltige Chemie
Mit neuem Verfahren ist Zellulose ganz einfach zu lösen und zu verarbeiten
Eine aufsehenerregende Entdeckung ha-
ben Jenaer Chemiker gemacht: Einem
Team um Prof. Dr. Thomas Heinze ist es
gelungen, Zellulose auf einfache und ele-
ganteWeise zu verflüssigen. Das schrei-
ben die Forscher in der Fachzeitschrift
„Macromolecular Rapid Communica-
tions“ (DOI: 10.1002/marc.201400211).
Das Verfahren ist von dem japanischen
Unternehmen ShinEtsu als Patent ange-
meldet worden. Die Chemiker von der
Uni Jena hatten mit einer deutschen
Tochter der japanischen Firma, SE/Tylose
in Wiesbaden, kooperiert.
„Seit Jahren wird weltweit nach ei-
nem Verfahren gesucht, Zellulose auf
einfachem und gefahrlosem Weg zu lö-
sen“, sagt Dr.Tim Liebert von der Arbeits-
gruppe umThomas Heinze. Gemeinsam
mit dem Doktoranden Marc Kostag
wurde nun ein Verfahren entwickelt, bei
dem Aceton zum Einsatz kommt. Das
Aceton wird mit einem Ammonium-Salz
angereichert, das die festen Bindungen
im Molekülgefüge der Zellulose löst.
Bislang wurden in aufwendigen Ver-
fahren beispielsweise Aminoxide oder
ionische Flüssigkeiten verwendet, um
Zellulose weiterverarbeiten zu können.
„Die aktuellenTechnologien sind kompli-
ziert und teuer, weil manche Flüssigkei-
ten explosiv sind und zudem aufwendig
entsorgt werden müssen“, sagt Liebert.
Mit Hilfe des neuen Verfahrens werde
dieTür zu einer ganz neuen nachhaltigen
Chemie aufgestoßen, sagt Tim Liebert.
Schließlich sei Zellulose das weltweit
am häufigsten verfügbare Biopolymer.
Mit einem einfachen und günstigen Ver-
fahren stehe die Welt völlig neuartiger
Anwendungen offen, sagt Prof. Heinze
und nennt als Beispiele innovative Funk-
tionsfasern und Klebstoffe, aber auch
Hightech-Materialien wie selbststruk-
turierende Nanopartikel oder spezielle
Implantatbeschichtungen.
sl
Kontakt:
Prof.Dr.Thomas
Heinze,Dr.Tim
Liebert
Tel.:03641/948270,
03641/948277
E
-Mail:thomas. heinze@uni-jena.de,
ctl@uni-jena.deZelluloseinflüssigerForm.Solässtsichdas
PolymerfürvielfältigeAnwendungennutzen.
Foto:Kasper
Foto:Günther