Die Honigbiene – ein faszinierende Superorganismus der auf
nahezu einmalige Art und Weise nicht nur mit seiner natürli-
chen Umgebung vernetzt ist, sondern auf höchst sensible Art
auf Änderungen und Manipulationen in der Umgebung rea-
giert. Die Bedeutung der Honigbiene liegt v. a. in ihrer effek-
tiven und umfassenden Bestäubungsleistung. Nicht nur die
unglaubliche Vielzahl an Pflanzen, die ein Bienenvolk auf der
Suche nach Nektar und Honigtau anfliegt, sondern insbeson-
dere der Umstand, dass die Honigbiene eine Pflanzenart
solange „treu“ besucht, bis die Nektarproduktion versiegt
(Blütenstetigkeit der Honigbiene), begründet ihre unver-
zichtbare Rolle für die landwirtschaftliche Produktion (Abb.
2). Auf ihren zahllosen Ausflügen und Blüten- bzw. Lausbesu-
chen nehmend die Bienen unbeabsichtigt auch Stoffe aus
der Umgebung (Atmosphäre, Regen, Pflanzenoberflächen)
auf. Dies umfasst neben vielen anderen auch Pflanzen-
schutzmitteln und Aerosole, die sie bei ihrer Rückkehr in den
Stock zurückbringen. Dort wechseln diese Stoffe je nach
ihren physikochemischen Eigenschaften u. a. in Wachs und
Honig über. Am Lehrstuhl für Hydrogeologie untersuchen
wir im Projekt J-Bee u. a., ob sich die in Wachs und Honig
eingelagerten Umweltstoffe als „Informationsquelle“ für die
FORSCHUNG — 111
Abb. 3. Rasterelektronenmikroskopische und
rasterkraftmikroskopische Aufnahme bodenbürtiger Partikeln und
Kolloide. Zu erkennen sind neben den netzartigen Strukturen
(Polymere organische Substanzen) Mikroorganismen und
Mineralpartikel. Abbildungen: Arkadiusz Wieczorek
Das Projekt J-Bee: Natürliche Zusammenhänge und Stoffkreisläufe am Beispiel der Honigbiene
Grundwasserökosysteme und Grundwassernahrungsnetze,
ihre Struktur, Eigenschaften und Dynamik gehören zu den
letzten großen „Weißen Flecken“ auf der Landkarte der ter-
restrischen Forschung. Während wir der Meinung sind, ver-
hältnismäßig gut über die Rolle und Funktion von Grundwas-
sersystemen als Trinkwasser- und Energiespeicher informiert
zu sein, existiert nur sehr geringes und lückenhaftes Wissen
über Diversität, Ökologie, Dynamik, Stoff- und Energieumsät-
ze dieser für uns so wichtigen Kompartimente „unter unse-
ren Füssen“. Im Rahmen des SFB AquaDiva untersuchen wir
den Eintrag, die Bildung, den Transport und die Transforma-
tion von bodenbürtigen Kolloiden (Abb. 3). Diese Substanzen
umfassen nicht nur primäre und sekundäre Mineralphasen
wie Tonminerale, Eisen und Aluminiumoxide Quarze, Karbo-
nate, sowie die kolloidale mobile organischen Substanzen,
sondern insbesondere auch mineralorganische Mischphasen
und Biokolloide, also Bakterien, Sporen sowie Bruchstücke
von (Mikro-)organismen. Diese Kolloide sind nicht nur wichti-
ge Transportvehikel für organische und anorganische Fest-
stoffe, Nährstoffe und Schadstoffe. Sie sind auch eine mögli-
che Quelle von organischem Kohlenstoff für heterotrophe
Organismen und damit ein Energielieferant für das „Leben
im Untergrund“. Aber auch für die Biodiversität und das
Leben selbst spielen diese Kolloide eine Rolle. So sind die
bodenbürtigen Biokolloide auch eine mögliche Quelle für
DFG SFB 1076 AquaDiva: Boden(bio)kolloide als Tracer für Wasser-, Stoff-, Energie- und Informationsflüsse
im unterirdischen Teilraum der „Kritischen Zone“
Abschätzung von Stoffimmissionen in Böden und Grundwäs-
ser nutzen lassen. In einem Seitenaspekt untersuchen wir in
einem bisher finanziell noch nicht geförderten „Citizen Sci-
ence“ Projektansatz unter Beteiligung von engagierten Imke-
rinnen und Imkern die Effizienz der thermischen Therapie
der Varroose, einer Krankheit infolge und durch die Parasi-
tierung der Honigbiene mit der Milbe Varroa Destructor. Die
Honigbiene und ihre mannigfachen Wechselbeziehungen in
der Natur dient aber auch als hoch attraktives Beispiel zur
Darstellung natürlicher Stoffkreisläufe und die enge wechsel-
seitige Beziehung und Abhängigkeit des Menschen zu und
von seiner natürlichen Umwelt.
Grundwasserorganismen und damit eine mögliche Grundla-
ge für die Evolution des Lebens im Untergrund. Diese Frage-
stellungen untersuchen wir mit dem am Lehrstuhl für Hyd-
rogeologie entwickelten, etablierten und betriebenen Mess-
netz aus speziellen Grundwasser- sowie Bodensickerwasser-
messstellen, sogenannten Lysimetern, unter anderem in
Thüringen mit dem Critical Zone Observatory Hainich (CZO).
Abb. 2. Bestäubung eine Sonnenblume durch Honigbiene und
Hummel. Foto: Kai Uwe Totsche