55
Uni-Journal Jena12/15
Kultur
Jenaer Wissenschaftsgeschichte
Ernst-Haeckel-Haus feiert akademisches Doppeljubiläum
Er gehört zu den bekanntesten Wissen-
schaftlern der Jenaer Universität: der Na-
turforscher Ernst Haeckel (1834-1919).
Der Professor für Zoologie ist der wohl
bedeutendste deutsche Vertreter der
Evolutionstheorie. Doch er suchte nicht
nur neue Erkenntnisse, sondern wollte
sie auch der Öffentlichkeit in besonde-
rer Form vermitteln und stiftete das 1908
eröffnete Phyletische Museum. Zugleich
gehörte Haeckel zu den Begründern
des Zoologischen Instituts der Univer-
sität Jena und war einer der führenden
Köpfe, die entscheidende Impulse für
die inhaltliche Ausrichtung der Zoologie
und Geschichte der Naturwissenschaf-
ten an der Universität Jena setzten.
Diese Bereiche begehen 2015 jeweils
runde Jubiläen, was das Ernst-Haeckel-
Haus zum Anlass für eine Kabinettaus-
stellung nimmt. Unter dem Titel „150
Jahre Lehrstuhl für Zoologie und 50
Jahre Lehrstuhl für Geschichte der Na-
turwissenschaften“ ist die Sonderaus-
stellung seit November zu sehen. Die
Schau thematisiert die beiden wichtigen
Jubiläen, zugleich werden die daran be-
teiligten Akteure beleuchtet und unbe-
kanntes Archiv- und Museumsmaterial
präsentiert. Neben Aktenmaterial, das
die Prozesse der Lehrstuhleinrichtun-
gen begleitet, wird u. a. die Urkunde
der Ehrenpromotion Haeckels von
1865 gezeigt, die aufwendig restauriert
wurde. Zu sehen sind ebenfalls neueste
Ankäufe des Briefeditionsprojektes,
Aquarelle, Fotos und Lebenszeugnisse
aus dem Umfeld Haeckels, des Ernst-
Haeckel-Hauses und des Phyletischen
Museums. Eine Fotoserie aus den letz-
ten 100 Jahren bebildert die Ausstellung
eindringlich.
Die neue Exposition stützt sich u.
a. auf aktuelle Erkenntnisse der Ernst-
Haeckel-Briefedition. Dabei konnten die
Ausstellungsmacher aus dem Fundus
des Hauses schöpfen, auch das Univer-
sitätsarchiv stellte großzügig weiteres
Aktenmaterial zur Verfügung. All dies
ist bis zum 15. April zu sehen, jeweils
dienstags bis freitags um 10, 11.30, 14
und 15.30 Uhr.
AB
Lin Yutangs Sommer in Jena
Ausstellung und Gedenktafel erinnern an den chinesischen Literaten
Der Chinese Lin Yutang (1895-1976) war
der erste Schriftsteller seines Landes,
der seine Karriere im Ausland begrün-
dete. Neben China und den USA wirkte
er auch in Deutschland als Literat und
Linguist. Zu einem seiner bekanntesten
Werke gehört etwa „Weisheit des lä-
chelnden Lebens“, das 1937 erschienen
ist und zum Bestseller wurde. Er hat
zahlreiche klassische chinesische Texte
v. a. ins Englische übersetzt und dadurch
den Kulturtransfer zwischen Europa und
China verstärkt.
Vermittler zwischen Kulturen
Zum Mittler wurde er auch durch ei-
geneWortkreationen: So gab er dem Be-
griff Humor im Chinesischen eine neue
Bedeutung, die sich vom deutschen Be-
griff herleitete. Gleich viermal war Lin für
den Literaturnobelpreis nominiert (1940,
1950, 1973 und 1975), vor allem wegen
seines 1939 erschienenen Buches „Mo-
ment in Peking“.
Einen Teil seines Studiums und seiner
Promotion absolvierte der westlich er-
zogene Lin Yutang
an der Universität
Jena und der Leip-
ziger Universität.
Die Studienzeit in
Deutschland im
Jahr 1921 beein-
flusste seine litera-
rische Entwicklung
und ermöglichte
ihm den Aufstieg
in die internati-
onale Literatur-
welt. Andererseits
lernte er das Chi-
nesische und die
chinesische Kultur
erst in Deutsch-
land richtig kennen.
Anlässlich seines 120. Geburtstages
am 10. Oktober haben die Archive der
Universitäten Jena und Leipzig sowie
die Deutsch-Chinesische Gesellschaft
Jena Lin Yutang zu Ehren eine Kabinett-
Ausstellung initiiert. Unter dem Titel
„Lin Yutang. Studium und Promotion.
Von Jena nach Leipzig“ waren im Ok-
tober erstmals die Dokumente zu Stu-
dium und Promotion des Chinesen im
Ausstellungskabinett im Hauptgebäude
der Uni Jena zu sehen. Doch mit dem
Ende der Ausstellung sollte nicht auch
die Erinnerung an den Literaten enden:
Deshalb wurde an seinem ehemaligen
Wohnhaus in der Sophienstraße 2 eine
Gedenktafel angebracht.
biw
Foto:Günther
EinFotodeschinesi-
schenSchriftstellers
LinYutangvordem
Einschreibebuch
derPhilosophischen
Fakultätmitseiner
Unterschriftausdem
Jahr1921.
EinMikroskopErnstHaeckels,dasinder
aktuellenKabinettausstellungzusehenist.Im
HintergrunddierestaurierteUrkundederEh-
renpromotionErnstHaeckelsvon1865.
Foto:Kasper