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FORSCHUNG — 97

In Kooperation mit dem Canada Research Chair in Innova-

tion and Governance an der University of Toronto analy-

siert der Lehrstuhl, wie Wissen über geographische Dis-

tanz übertragen wird und über die Anwendung in Produk-

tionsprozessen vor Ort zur Erhöhung der Wettbewerbsfä-

higkeit von Unternehmen beiträgt. Dabei wurde in der

Vergangenheit der Analyse von Unternehmenskonferen-

zen besondere Aufmerksamkeit zuteil. Die Ergebnisse der

Arbeiten deuten dabei darauf hin, dass Konferenzen als

eine spezifische Form sog. temporärer Cluster (ein Cluster

ist eine räumliche Konzentration miteinander in Bezie-

hung stehender Akteure aus unterschiedlichen Organisa-

tionen) begriffen werden können, die unterschiedliche

Wissensgemeinschaften aus branchenübergreifenden,

funktionalen Feldern zusammenführt und den Akteuren

Gelegenheiten für vielfältige Formen des Wissensaustau-

sches bietet (Abb. 2). Im Gegensatz zu anderen Typen

temporärer Cluster (z. B. Handelsmessen) stehen bei Kon-

ferenzen Interaktionen mit Wettbewerbern und Fachkol-

legen im Vordergrund, wobei v. a. Präsentationen und

sog. Keynotes wichtige Referenzpunkte der Kommunikati-

on sind. Während Untersuchungen aus der Management-

wissenschaft darauf hindeuten, dass Konferenzen gleich-

sam „schockartig“ auf bestimmte technologische Felder

einwirken – man spricht hier auch von „feldkonfigurie-

renden Veranstaltungen“ – zeigen die am Lehrstuhl

Abb. 2. „Lokales Rauschen“ – Wissensaustausch auf einer Luft-

fahrtkonferenz in München. Foto: Sebastian Henn

In Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit werden die

zwischen Deutschland und der Türkei bestehenden Mig-

rationsbeziehungen schon seit langem diskutiert. Wäh-

rend die Debatte zunächst lange Zeit auf türkische Arbeit-

nehmer in Deutschland fokussiert war, wurde sie ab 2008

um die Abwanderung türkischstämmiger Akademiker aus

Deutschland in die Türkei erweitert – ein Phänomen, das

anfänglich vor allem unter dem Aspekt des Brain-Drains

diskutiert wurde. Jüngeren Untersuchungen aus verschie-

denen regionalen Kontexten zufolge muss die Abwande-

rung hochqualifizierter Bildungsinländer aber keineswegs

nur negative Auswirkungen haben; vielmehr können

Rückwanderer wichtige wirtschaftliche Impulse setzen,

die sich langfristig positiv sowohl auf ihre Herkunfts- als

auch auf ihre Zielländer auswirken: So kann der Rückgriff

der Migranten auf ihre deutsch-türkischen Kontaktnetz-

werke den transnationalen Wissenstransfer stärken und

gegenseitige Direktinvestitionen befördern. Dies wiede-

rum kann sich positiv auf die Innovationsfähigkeit beider

Länder auswirken. Darüber hinaus können (Re-)Migranten

infolge ihrer Kenntnis von Markt- und Produktionsstruk-

turen der Herkunftsregion verstärkt zu Exporten aus eben

derselben in die Zielregion anregen. Angesichts der Tatsa-

che, dass derartige Potentiale im deutsch-türkischen Kon-

text bislang weitgehend unerforscht sind, zielt das in

Kooperation mit der Universität Osnabrück durchgeführ-

te BMBF-Projekt darauf ab, die Potentiale, die durch aus

Deutschland abgewanderte Hochqualifizierte türkischer

Herkunft für die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehun-

gen entstehen, in der öffentlichen Wahrnehmung zu ver-

ankern, Möglichkeiten zu identifizieren, diese Innovati-

onsnetzwerke weiter zu fördern und den wissenschaftli-

chen Austausch über das Phänomen zu forcieren.

durchgeführten Analysen, dass die Ergebnisse von Konfe-

renzen zumeist nicht vorhersehbar sind und von zahlrei-

chen unterschiedlichen Zielen, Bedarfen und Erwartun-

gen der Teilnehmer abhängen. Vor diesem Hintergrund

sollten Konferenzen eher als dauerhaft denn als einmalig

feldkonfigurierende Veranstaltungen begriffen werden.

Neue Geographien der Wissensgenerierung und -übertragung

MIDETI – (Re-)Migranten im deutsch-türkischen Innovationsnetzwerk. Identifikation und

Kommunikation von Potentialen für Wissenschaft und Wirtschaft