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Mikropaläontologie und Paläomilieuanalyse

Innerhalb des DFG-SPP 1372 „Tibetan Plateau: Formation –

Climate – Ecosystems“ führen wir seit sieben Jahren jährlich

Geländearbeiten auf dem Tibetischen Hochplateau durch.

Dabei erfassen wir die heute lebende, größtenteils endemi-

sche Ostrakodenfauna (schalentragende, aquatische Klein-

krebse), beschreiben sie und untersuchen sie erstmals ökolo-

gisch (Abb. 2). Diese Einstufungen wenden wir dann auf

fossile Ostrakoden aus Sedimentkernen der tibetischen Seen

an, um so die spätquartäre Klimaentwicklung, insbesondere

Veränderungen des Monsunsystems, zu rekonstruieren. Wir

können zeigen, dass alle untersuchten Seen nach dem Höhe-

punkt der letzten Eiszeit zunächst steigende Wasserspiegel,

dann ein frühholozänes „Klimaoptimum“, gefolgt von einem

Rückgang der Niederschläge bis zur Kleinen Eiszeit (die erst

vor etwa 200 Jahren zu Ende ging) aufweisen. Kenntnis und

Verständnis von Niederschlag und Temperatur der Vergan-

genheit erlauben verbesserte Zukunftsprognosen, ein-

schließlich der Wechselwirkungen mit globalen Zirkulations-

systemen bis hin nach Europa.

Abb. 2. Blick auf den riesigen tibetischen Brackwassersee Nam Co

in 4.718 m Höhe, eines der wichtigsten Untersuchungsgebiete.

Die meisten der dort vorkommenden und für Paläomilieu-

rekonstruktionen verwendeten Ostrakodenarten (unten links)

sind im Hochland von Tibet endemisch. Fotos: Peter Frenzel

FORSCHUNG — 101

Frühe Erde

Innerhalb des DFG-SPP 1833 „Building a Habitable Earth“

werden Forschungsvorhaben von Prof. Heubeck und Dr. Inga

Köhler gefördert. Beide Vorhaben beziehen ihre Daten von

einer sehr gut erhaltenen Gesteinsserie der frühen Erde,

aufgeschlossen tief in der Schichtfolge eines der ältesten

Kontinentkerne im südlichen Afrika (Abb. 3).

Prof. Heubeck wird

zusammen mit Prof. Martin van

Kranendonk (Sydney)

erforschen, inwieweit großmaß-

stäbliche Gesteinsdeformation in der Erdfrühzeit weniger

von horizontal gerichteten Kräften, wie durch die heutige

Plattentektonik, sondern vielmehr durch vertikale Bewe-

gungen gekennzeichnet war. Dies war möglicherweise

Folge eines viel höheren Wärmeflusses und intensiveren

Konvektion des Erdmantels und hat Konsequenzen für die

Geometrie und das Füllungsmuster von Sedimentbecken.

Dr. Köhler wird erforschen, inwieweit küstennah abge-

lagerte, gebänderte Eisenerze durch die Einwirkung von

Sauerstoff, der in der angrenzenden tidalen Zone durch

Cyanobakterien entstand, gebildet wurde. In einem inter-

disziplinärem Ansatz, der sowohl geochemische, geomikro-

biologische und petrologische Techniken vereint, wird sie

nach Hinweisen für die Oxidation von Pyrit und bakteriel-

len Überresten suchen und die Reaktion von Mineralkör-

nern auf die Tätigkeit von sauerstoffproduzierenden Bakte-

rien und das Erhaltungspotential dieser Bakterien testen.

Ergebnisse dieser Studie werden dazu beitragen, die Ge-

schichte der Erdatmosphäre zu rekonstruieren und die

Existenz von oxygener Photosynthese weit vor der An-

sammlung von Sauerstoff in der Atmosphäre zu belegen.

Regionale Geologie zur Grundwassermodellierung

Das grenzübergreifende EU-Projekt GRACE zwischen Insti-

tutionen der Tschechischen Republik und der Bundesre-

publik Deutschland erarbeitete u. a. ein grenzübergreifen-

des Grundwasserhaushalts- und Strömungsmodell im Be-

reich des Elbsandsteingebirges. Dazu trug Dr. Thomas

Voigt auf der Grundlage von Bohrungsdaten und Oberflä-

chenaufschlüssen das geologische Modell bei, welches die

Grundlage für hydrogeologische Modellierungen bildete.

Abb. 3. Schroffe Bergzüge an der Grenze Südafrikas zu

Swaziland erschließen einige der ältesten guterhaltenen Gesteine

unseres Planeten. Foto: Christoph Heubeck