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FORSCHUNG — 87

Geographische Bildung über das verständige Gespräch,

also dialogisch, zu denken, bedeutet vor allem, geographi-

sches Lehren und Lernen von den je eigenen geographi-

schen Erfahrungs- und Verstehenshorizonten aus zu ent-

werfen. In dem frage- und fallbezogenen geographischen

Verständigungsprozess sind das Etwas-Verstehen und das

Sich-Verstehen miteinander verschränkt. Geographische

Bildung meint also ein zunehmend tiefgreifenderes Verste-

hen als ein sich immer wieder neu formierender Sinnbezug

und Verstehenshorizont im Zuge der Vertiefung in geogra-

phische Fragen.

Bildung der Geographie und Bildung des Selbst gehen

so Hand in Hand. Die frage- und fallbezogene Reflexion

geographischer Gegenstände versteht sich im Sinne der

phänomenologischen Hermeneutik. Mit Hilfe theoretischer

Referenzrahmen über „Raum“ und „Räumlichkeit“ gewinnt

die dialogische Geographie fachgeographische Orientie-

rung. Wir befassen uns mit verschiedenen Ordnungsmus-

tern, Kategorien und Theorien des Räumlichen für die

Entwicklung und Entfaltung geographischer Phänomene

und Fragen.

Vor einem raumtheoretisch differenzierten Hintergrund

lassen sich dialogische Vermittlungsprozesse tiefgründig

gestalten und reflektieren. Und so werden die am ganz

konkreten Fall zur Sprache gebrachten echten geographi-

schen Fragen sowie die Antworten gefunden. In diesem

Sinne verstehen wir eine ver„antwort“ungsvolle und

ethisch verankerte geographiedidaktische Praxis als eine

sich sprachlich vollziehende Suchbewegung im Kontext

eines multi-modalen Zugangs zur Räumlichkeit. Wir orien-

tieren uns an der doppelten Fachkonzeption der Geogra-

phie als Natur- und (theoretisch informierter) Sozialwissen-

schaft, als Physische Geographie und Humangeographie.

Die hermeneutisch-phänomenologische wissenschafts-

theoretische Grundperspektive ermöglicht es, die über-

lagernden Codierungen von Welt in der Spätmoderne aufzu-

greifen, ihre Spannungen, Brüchigkeiten und Widersprüche

zu orten und ins Spiel zu bringen, weiterführende geographi-

sche Fragen zu formulieren und diesen nachzugehen. In

diesem Prozess des forschenden Lernens findet Lernen als

Bildung und Umbildung statt. Im Zuge dieser Übung kann es

zunehmend besser gelingen, dass sich Schüler und Lehrer

der Geographie öffnen. Im selben Zuge lässt sich das Fach

„Geographie“ für die Zukunft offen halten.

Phänomenologische Grundperspektive auf „Geographie“

Hermeneutische Didaktik

Abb. 3. Planetarium in Jena im Bau in den 1920er Jahren.

Foto: Planetarium Berlin

Abb. 2. Abstieg vom Teide-Gipfel.

Foto: Beate Michalzik