Uni-Journal Jena April 2014 - page 35

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Uni-JournalJena04/14
Studentenleben
Trotz Absage: G8-Gipfel in Sotschi
Politikstudierende simulierenTreffen der Staats- und Regierungschefs
Sotschi – soeben erst Austragungsort
der OlympischenWinterspiele – rüstete
sich für das nächste politische Großer-
eignis: Vom 4. bis 5. Juni sollte in der
russischen Metropole am Schwarzen
Meer derG8-Gipfel stattfinden.Vor dem
Hintergrund der Krim-Krise ist das Gip-
feltreffenEndeMärz vonderGruppeder
G7-Staaten (Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Italien, Japan, Kanada
und die USA) jedoch abgesagt worden.
„Zudem haben die G7 Russland bis auf
WeiteresausdemKreisdermächtigsten
Industriestaaten ausgeschlossen“, sagt
PatrickRosenow.
MultilateraleDiplomatie
Der Politikwissenschaftler ist Mitar-
beiter an der Professur für Internatio-
nale Organisationen und Globalisierung
und hat mit einigen Studierenden das
G8-Treffen – wie ursprünglich geplant
– dennoch stattfinden lassen: Im Rah-
mendesMasterseminars„Multilaterale
Diplomatie inden InternationalenBezie-
hungen“ haben die Studierenden der
Politikwissenschaft bereits Ende Januar
den Gipfel in Sotschi simuliert. Vertre-
ten waren Gastgeber Russland (Steve
Biedermann), Deutschland (FlorianNeu-
gebauer), Frankreich (Ann Borgwardt),
Italien (Ilknur Üreyen), Japan (AxelMös-
singer), dasVereinigte Königreich (Hen-
ningMenzer) sowiedieUSAundKanada
(beideElisaCalzolari).
„Ziel unseres Gipfels war es, wie in
der Realtität auch, ein Abschlusskom-
muniqué zuverfassen, demalleStaaten
zustimmen konnten“, erläutert Rose-
now. Und das war
ein langer Weg.
Strittige Themen
waren etwa ein-
heitliche Regelun-
gen für die Finanz-
wirtschaft und die
Besteuerung von
transnationalen
Unternehmen,
Maßnahmen der
Terrorismusbe-
kämpfung, die
Ausgestaltung der
Zusammenarbeit
zwischen den Ge-
heimdiensten so-
wieder Syrienkon-
flikt. „Nach langen
Verhandlungen
habenwir jedochFormulierungengefun-
den, in denen sich alle Parteienwieder-
fanden und das Abschlusskommuniqué
wurde imKonsens beschlossen.“
Dennoch haben die Studierenden be-
reits in der Simulation die Frage disku-
tiert, ob im Abschlusskommuniqué auf
dieDemonstrationen inder Ukraineein-
gegangen werden sollte. Die aktuellen
Entwicklungen auf der Krim zeichneten
sich damals noch gar nicht ab. Doch die
meistenDelegierten, darunterRussland,
lehnten dies ab.
„Andererseits zeigte sich Gastgeber
Russland stets interessiert, als gleich-
berechtigter und ernstzunehmender
Partner im Kreis der G8-Staaten ange-
sehen zuwerden, was sich auch in den
russischen Formulierungsvorschlägen
zur Präambel des Abschlusskommuni-
qués widerspiegelte“, fasst Rosenow
zusammen. Angesichts der jüngsten Er-
eignisseauf der Krim rechnener unddie
Studierenden allerdings damit, dass das
nungeplanteG7-Treffen inBrüsselMitte
2014etlicheThemenunter anderemVor-
zeichenbehandelnwirdalswährendder
Jenaer Simulation.
Ergebnisse inzwischenobsolet
Für die Seminarteilnehmer war es
jedoch überraschend, dass die Simu-
lation und ihre Ergebnisse inzwischen
weitgehend obsolet sind. „Das zeigt,
wie dynamisch und zeitweise unbere-
chenbar die multilaterale Diplomatie
sein kann“, resümiert Patrick Rosenow.
Auch das sei eine Erkenntnis aus dem
Seminar. 
PR/US
Politikstudentenals
Repräsentantender
G8-Staatenverhan-
delnnichtinSotschi,
sondernanderUni
Jena.
Foto:Dersin
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