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Uni-Journal Jena02/15
Sichtbarer Standort
Materialforscher arbeiten seit 2013 in gemeinsamem Institut
FSU intern
Der Name Otto Schott hat in Jena einen
besonderen Klang: Neben Carl Zeiss
und Ernst Abbe war es Schott, der im
19. Jahrhundert die optische Forschung
und Industrie in der Stadt mitbegrün-
dete. Seit gut einem Jahr steht der
Name Otto Schott zudem für ein Novum
an der Friedrich-Schiller-Universität: das
erste und bislang einzige Institut, das in
zwei Fakultäten angesiedelt ist. Am 1.
Juni 2013 hat das „Otto-Schott-Institut
für Materialforschung“ – kurz OSIM –
der Physikalisch-Astronomischen Fakul-
tät (PAF) und der Chemisch-Geowissen-
schaftlichen Fakultät (CGF) seine Arbeit
aufgenommen.
Hervorgegangen ist die Forschungs-
einrichtung aus dem Institut für Material-
wissenschaft und Werkstofftechnologie
(Löbdergraben) und dem Otto-Schott-In-
stitut für Glaschemie (Fraunhoferstraße).
Das OSIM vereint derzeit acht Professu-
ren, von denen fünf der PAF und drei der
CGF zugeordnet sind – ein weiteres Be-
rufungsverfahren steht kurz vor dem Ab-
schluss. Das klingt zunächst kompliziert,
erweist sich im Alltag aber als unprob-
lematisch, wie der geschäftsführende
Institutsdirektor,
Prof. Dr. Markus
Rettenmayr sagt,
dem als stellver-
tretende Direkto-
ren die Professo-
ren Frank Müller
(PAF), Christian
Rüssel und Lo-
thar Wondraczek
(beide CGF) zur
Seite stehen.
„Die einzelnen Ar-
beitsgruppen sind
weiterhin in ihre
jeweilige Fakul-
tät eingebunden.
Durch die Insti-
tutsgründung hat
sich für ihre Ver-
waltung nur wenig
verändert.“
Deutlich ge-
wachsen sei durch
die Zusammenle-
gung der beiden
Institute hingegen
die interfakultäre
und interdiszipli-
näre Zusammen-
arbeit der Jenaer
Materialwissen-
schaft, ist der De-
kan der PAF, Prof.
Dr. Gerhard Paulus, überzeugt. Die Ma-
terialwissenschaften seien für die Fakul-
tät insgesamt von großer Bedeutung.
„In die Fakultät gerichtet, verstärken sie
die Festkörperphysik in komplementä-
rer Weise, insbesondere im Hinblick auf
ingenieurwissenschaftliche Anwendun-
gen, während sie aus der Fakultät he-
rausgerichtet, einen wichtigen Kontakt-
punkt für Kooperationen bieten.“ Paulus
hält die Institutszusammenlegung für
einen zukunftsweisenden Ansatz, der
auch auf andere Bereiche der Universi-
tät übertragbar sei. „So lässt sich im All-
tag eine weit stärkere Zusammenarbeit
bewirken als dies für gewöhnlich durch
Zentren möglich ist, die in der Regel
über keine eigene Infrastruktur verfü-
gen“, so Paulus.
Inhaltlich war der Zusammenschluss
eine logische Folge der bereits beste-
henden langjährigen engen Kooperation
beider Einrichtungen. Neben den ge-
meinsamen Studiengängen Werkstoff-
wissenschaft (Bachelor und Master)
und dem Fernstudiengang Lasertechnik
gab es bereits vor der Institutsgründung
große Schnittmengen in der Forschung.
„Wir bearbeiten ähnliche Fragestellun-
gen und nutzen großenteils die gleichen
Methoden, lediglich die Materialien sind
unterschiedlich“, macht Prof. Retten-
mayr deutlich, der selbst vorwiegend
an metallischen Werkstoffen arbeitet.
Das Spektrum der untersuchten und
designten Werkstoffe umfasst eine Viel-
zahl harter Materialien: von Glas und
photonischen Materialien, über Metalle,
Legierungen und Keramiken, bis zu Bio-
materialien und Polymeren.
Die Vorteile der Institutsfusion für
den Forschungsstandort liegen auf der
Hand, wie Prof. Dr. Ulrich S. Schubert,
Dekan der CGF, unterstreicht. Im Ar-
beitsalltag lassen sich dadurch sowohl
vorhandene Geräte und Techniken als
auch das Know-how der Kollegen effi-
zienter nutzen. „Vor allem aber hat die
Jenaer Materialforschung jetzt größeres
Gewicht und ist in der nationalen und
internationalen Forschungslandschaft
deutlich sichtbarer“, so Schubert. Die er-
warteten Synergieeffekte seien bereits
jetzt spürbar, nicht nur im Wettbewerb
um Fördermittel, sondern auch um die
Friedrich-Schiller-Universität international
noch attraktiver zu machen.
Gemeinsames Gebäude nötig
„Bis sich das aber in konkreten Zahlen
niederschlägt, wird es wohl noch etwas
dauern“, macht Prof. Rettenmayr deut-
lich. Bis zu fünf Jahre, so seine Erwar-
tung, werde es brauchen, bis die Auf-
bauphase des Instituts abgeschlossen
sein wird und die jetzt beginnenden Zu-
sammenarbeiten Früchte tragen. Voraus-
setzung für den mittel- und langfristigen
Erfolg sei aber, die Arbeitsgruppen auch
in räumlich engeren Kontakt zu bringen.
„Die derzeitige Situation, dass wir meh-
rere Standorte haben, die anderthalb
Kilometer Luftlinie voneinander entfernt
im Stadtgebiet verteilt liegen, ist ein Pro-
blem“, sagt Rettenmayr.
Allerdings führe diese Situation auch
zu besonders intensiv gepflegter Kom-
munikation innerhalb des Instituts.
„Wenn sie nicht erst auf die Hauspost
warten wollen, müssen sie einfach
mehr telefonieren und im persönlichen
Gespräch bleiben“, sagt Rettenmayr
schmunzelnd. Nichtsdestotrotz hoffe
man in absehbarerer Zeit auf ein gemein-
sames Institutsgebäude oder zumindest
mehr räumliche Nähe. „Möglicherweise
lässt sich da ja noch etwas in die lange
Liste an dringenden Bauvorhaben an der
Universität einfügen“.
US
Im„Otto-Schott-
InstitutfürMaterial-
forschung“(OSIM)
wirdeineVielzahl
harterMaterialien
erforscht:vonGlas
undphotonischen
Materialien,über
Metalle,Legierungen
undKeramiken,bis
zuBiomaterialien
undPolymeren.
Fotos(4):Kasper