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Uni-Journal Jena02/15
Profile
Risiken minimieren
Prof. Ankirchner lehrt Stochastische Analysis
Wo Wissen
entsteht
Prof. Henn ist neuer
Wirtschaftsgeograph
Theorie und Praxis
Prof. Peschel forscht mit Licht
Wenn junge, gut
ausgebildete Mi-
granten ein Land
verlassen, dann
ist häufig von
„Brain Drain“ die
Rede. Dabei kann
ihre Abwanderung
durchaus auch po-
sitive Effekte ha-
ben: „Diese Men-
schen können durch Kontakte in ihren
Herkunfts- und Zielländern denWissens
austausch und die Innovationsfähigkeit
der jeweiligen Länder stärken“, sagt Prof.
Dr. Sebastian Henn (Foto).
Henn ist neuer Lehrstuhlinhaber für
Wirtschaftsgeographie und untersucht
dieses Phänomen unter anderem am
Beispiel von türkischstämmigen Aka-
demikern, die aus Deutschland in die
Türkei abwandern. In einem weiteren
aktuellen Projekt beschäftigt er sich mit
Investoren aus China, Brasilien, Indien
und Russland, die sich in Deutschland
niederlassen: „Solche ausländischen
Investoren bringen ebenfalls neue Netz-
werke und neues Know-how mit, aber
auch andere Unternehmenskulturen und
Einstellungen zu Arbeitnehmerrechten“,
erklärt der 37-Jährige.
Neben den Unternehmensverflech-
tungen auf regionaler und globaler
Ebene befasst sich Prof. Henn mit der
lokalen Wirtschaft. Dabei treibt ihn ins-
besondere die Frage um, wie Kleinun-
ternehmer mit ausländischen Wurzeln
die Entwicklung von innerstädtischen
Gebieten vorantreiben können.
Sebastian Henn hat an den Unis Hei-
delberg und Mannheim Geographie,
Öffentliches Recht sowie Volks- und
Betriebswirtschaftslehre studiert. An-
schließend wurde der gebürtige Koblen-
zer an der Uni Halle-Wittenberg im Fach
Geographie über „Regionale Cluster in
der Nanotechnologie“ promoviert. Im
vergangenen April schloss er – ebenfalls
in Halle – seine Habilitation ab. Dazwi-
schen lagen verschiedene Stationen in
Dresden, Erlangen-Nürnberg und To-
ronto.
Für seine neue Aufgabe in Jena spielt
die Lehre für Prof. Henn eine wichtige
Rolle. Den Studierenden will er eine
„forschungsorientierte Lehre mit zeit-
gemäßen, gesellschaftlich relevanten
Themen bieten, die ihnen auch berufli-
che Perspektiven aufzeigen“.
ch
Prof. Dr. Stefan Ankirchner (Foto) ist neu-
berufener Professor für Stochastische
Analysis. Der 38-Jährige beschäftigt
sich mit der Beschreibung der Dynamik
stochastischer Prozesse in Abhängigkeit
von der Perspektive.
Ein Kernthema seiner Arbeit sind Me-
thoden zur Risikobewertung. Ankirchner
erläutert, es gehe dabei stets um die
richtige Strategie, vorhandene Risiken
zu minimieren und nennt als Beispiel
ein Unternehmen in der Energiebran-
che. Dieses bezieht Rohstoffe wie Gas
oder Kohle, verwandelt sie in Strom und
verkauft diesen. „Die Gewinnmarge
schwankt dabei je nach Höhe der Preise
für Rohstoffe und Endprodukt.“ Bei die-
ser speziellen Aufgabe fließen sogar
persönliche Erfahrungen des gebürtigen
Bayern mit ein: Ankirchner arbeitete ein
Jahr lang für ein großes Unternehmen
der Energiebranche in Baden-Württem-
berg.
Stefan Ankirchner hat an der Ludwig-
Maximilians-Universität in München
studiert, wo er 2002 sein Diplom als
Mathematiker er-
hielt. Sein Studium
folgte einer ganz
eigenen Logik: Es
war das Interesse
an Philosophie,
das Ankirchner
zur Mathematik
brachte. Zunächst
sehr an philoso-
phischen Fragen
interessiert, sei er zur Logik gekommen.
Im Anschluss an das Studium folgte
die Promotion. Stefan Ankirchner wurde
2005 mit dem Thema „Information and
Semimartingales“ an der Humboldt-Uni-
versität in Berlin promoviert. Ein Jahr am
Imperial College in London schloss sich
an, danach der erwähnte Ausflug in die
Wirtschaft.
Vor seinem Ruf an die Friedrich-Schil-
ler-Universität hatte Ankirchner eine
befristete Professur an der Universität
Bonn inne. Dazwischen lagen Gastpro-
fessuren in Frankreich: Ankirchner lehrte
in Lyon, Paris und Lille.
sl
Die Lichtstadt
Jena und die
Friedrich-Schiller-
Universität ha-
ben Verstärkung
bekommen: Mit
Prof. Dr. Ulf Pe-
schel (Foto) ist im
aktuellen Winter-
semester ein wei-
terer Lichtforscher
dem Ruf an die Universität gefolgt. Der
50-Jährige hat den Lehrstuhl für Theore-
tische Physik/Festkörperoptik übernom-
men. Zuvor hatte Peschel eine Professur
für Experimentalphysik an der Universi-
tät Erlangen-Nürnberg inne.
Licht, so macht der Physiker deut-
lich, stehe im Mittelpunkt all seiner For-
schung. Und das sowohl theoretisch als
auch experimentell. Denn obwohl der
waschechte Jenenser Theoretiker ist
und für seine Forschungen vorrangig
am Computer arbeitet, setzt er auch auf
experimentelle Untersuchungen.
„Meine Forschungen berühren weite
Bereiche der klassischen, integrierten
und nichtlinearen Optik“, erläutert Pe-
schel und betont, dass ihn dabei sowohl
Fragestellungen der Grundlagenphysik
als auch der angewandten Forschung in-
teressieren. In gemeinsamen Projekten
mit der chemischen Industrie optimieren
er und sein Team z. B. die Brillanz von
Farbpigmenten wie sie in der Kosmetik
oder zum Einfärben von Baustoffen ver-
wendet werden. Besonders fasziniert
den Physiker wie sich Konzepte, die in
anderen Bereichen der Physik entwickelt
wurden, etwa der Festkörperphysik,
Quantenfeldtheorie oder Relativitätsthe-
orie, auf die Optik übertragen und sich
so z. B. in der optischen Kommunikation
anwenden lassen.
Der Wechsel von Erlangen nach Jena
ist für Ulf Peschel eine Rückkehr zu sei-
nen Wurzeln. Er ist in Jena aufgewach-
sen und hat an der hiesigen Uni Physik
studiert. Hier wurde er 1994 promoviert
und habilitierte sich 2002 im Fach The-
oretische Physik. Von 1998 bis 1999
forschte er im schottischen Glasgow und
nahm 2005 den Ruf an die Uni Erlangen-
Nürnberg an.
US
Foto:Günther
Foto:Günther
Foto:Kasper