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Uni-Journal Jena02/15
Porträt
Die „Festplatte“ der Fakultät
Dr. Kristina von Rhein hält als Geschäftsführerin der
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät die Fäden in der Hand
Das Büro von Dr. Kristina von Rhein im
Campusgebäude ist schnell gefunden.
Doch die Geschäftsführerin der Wirt-
schaftswissenschaftlichen Fakultät hatte
ich mir irgendwie ganz anders vorge-
stellt. Ich bin angenehm überrascht, als
ich der sportlich gekleideten jungen Frau
gegenübersitze. Das aus unzähligen viel-
farbigen Looms gefertigte Armband ist
ebenso unübersehbar wie die Pracht vie-
ler mittelblonder Locken, die das Gesicht
wie ein Rahmen umspielen.
Schnell sind wir an diesem, ihrem
letzten Arbeitstag vor Weihnachten in
medias res. Begeistert berichtet die
36-Jährige von ihrer Arbeit. Vor drei
Jahren war sie eine der ersten beiden
Geschäftsführer einer Fakultät der Uni-
versität Jena (FSU), zu denen sich in-
zwischen weitere gesellten. Eine große
Herausforderung für die Mutter eines
heute siebenjährigen Zweitklässlers, die
eigentlich als Wissenschaftlerin Karriere
machen wollte. Die aus Luisenthal stam-
mendeThüringerin zog es nach dem Ab-
itur 1997 an die FSU. Das Studium der
Volkswirtschaftslehre mit den Schwer-
punkten Wirtschaftsinformatik und In-
novationsökonomik schloss sie 2002
mit dem Diplom ab. „Damals standen
mir alle Wege offen, aber ich bin in Jena
hängengeblieben“, bekennt sie ohne Be-
dauern. Kein Wunder, schließlich lernte
sie in jener Zeit einen Maschinenbau-
Studenten kennen, der ihr Mann werden
sollte. „Wir haben nie ernsthaft in Erwä-
gung gezogen, aus Jena wegzugehen,
weil sich uns hier beruflich wie privat
alles bietet.“
Für sie war das schon während der
Zeit des Examens eine der begehrten
Stellen eines wissenschaftlichen Assis-
tenten, um die sie sich erfolgreich be-
warb. Bei Prof. Dr. Uwe Cantner promo-
vierte sie 2006 über den sogenannten
Industrie-Lebenszyklus am Beispiel der
deutschen Automobilindustrie. Dabei
geht es um die Frage, wie es manchen
Unternehmen gelingt, allen Schwierig-
keiten zumTrotz am Markt zu überleben
und vor allem, welche Rolle das Wissen
dabei spielt.
Nach einem eineinhalbjährigen Inter-
mezzo als wissenschaftliche Mitarbei-
terin am Jenaer Max-Planck-Institut für
Ökonomik und der Geburt ihres Kindes
kehrte Dr. von Rhein als Wissenschaftli-
che Koordinatorin der Graduiertenschule
„Menschliches Verhalten im sozialen
und ökonomischen Wandel“ an die Fa-
kultät zurück. „Ei-
gentlich wollte ich
ja Wissenschaft-
lerin bleiben, aber
ich habe gemerkt,
dass mir das Ad-
ministrative sehr
liegt.“ Und als man
ihr 2011 ihr heuti-
ges Amt antrug,
musste die passi-
onierte Radfahre-
rin und Hobby-Bä-
ckerin nicht lange
überlegen. „Ich
hatte den Vorteil,
ein Vierteljahr lang
sozusagen als
Tandem mit der
früheren Verwaltungsleiterin arbeiten zu
können, ehe sie in den wohlverdienten
Ruhestand ging. Das war super und hat
es mir sehr einfach gemacht“, erinnert
sie sich dankbar. „Ich habe unheimliches
Glück gehabt, auch weil ich sie bis heute
jederzeit um Rat fragen kann.“ Und sie
lobt nicht nur die sehr gute Unterstüt-
zung seitens der Universitätsverwal-
tung, sondern auch die „überaus posi-
tive Resonanz aus dem Kollegenkreis
der Fakultät“.
Verwaltung auf Augenhöhe
Mit dem Amtsantritt Dr. von Rheins
änderte sich nicht nur der Name ihrer
Funktion, sondern auch die Inhalte. Wis-
senschaftsmanagement ist das Stich-
wort, ein noch sehr junger Berufszweig,
der die Wissenschaft auf Augenhöhe
unterstützen soll. Der Verwaltungsauf-
wand an den Hochschulen habe sich
in den zurückliegenden Jahren deutlich
erhöht, begründet die Geschäftsführerin
die Notwendigkeit. Früher gehörte dies
alles zu den Aufgaben des Dekans – ne-
ben seiner Lehrtätigkeit und Forschungs-
arbeit.
Für die Frage nach dem „Wie wei-
ter?“ habe es zwei Alternativen gege-
ben: einen hauptamtlichen Dekan wie
in einigen anderen Bundesländern oder
einen Geschäftsführer, der den Dekan
unterstützt und entlastet. „Letzteres
ist jetzt meine Aufgabe.“ Und da sie im
Gegensatz zu einem Dekan nicht nur für
eine bestimmte Zeit gewählt wird, ist
Dr. Kristina von Rhein sozusagen „die
Festplatte“ derWirtschaftswissenschaft-
lichen Fakultät.
Um das alles bewältigen zu können,
ist theoretisches Rüstzeug gefragt, das
sie sich – belegt mit einem Zertifikat –
während einer modularenWeiterbildung
am Centrum für Hochschulentwicklung
(CHE) erwarb. Anders als ihre Vorgän-
gerin hat sie selbst nun weniger mit
Rechnungsläufen zu tun, dafür mit der
Personalführung und -entwicklung, dem
Haushalts- und Finanzmanagement, der
Öffentlichkeitsarbeit sowie der Kommu-
nikation nach innen wie nach außen.
Auch die Arbeit für den Fakultätsrat zählt
dazu. „Eine der schönsten Aufgaben für
mich ist jedoch das Organisieren von
Promotions- und Habilitationsverfahren,
die Zusammenarbeit mit den Kandidaten
bis in die Endphase.“
Eigentlich betreffe das nur den admi-
nistrativen Teil, aber „aus persönlichem
Interesse schaue ich auf die Inhalte,
schließlich will ich wissen, was da so er-
forscht wird“, spricht aus ihr die Wissen-
schaftlerin, die sich imVorstand des Ehe-
maligen-Vereins der Fakultät „Alumni
Jenensis e. V.“ und als Elternsprecher
in der Schule ehrenamtlich engagiert
und Hobbys mit regelmäßigen Terminen
nicht mag. „Ich teile mir meine Freizeit
lieber flexibel ein“, meint sie. Etwa Kino,
Theater, Kabarett und Konzerte der Phil-
harmonie, vor allem aber Bücher „quer
Beet von alten Romanen und Klassi-
schem über Krimis bis zu aktuellen
Bestsellern“. Und der Aktionsradius für
Urlaubsreisen, einem weiteren momen-
tan hauptsächlich auf Deutschland und
Österreich fokussierten Hobby, werde
sich mit zunehmendem Alter ihres Soh-
nes wieder erweitern…
Uschi Lenk
Dr.Kristinavon
RheinhatanderFSU
Volkswirtschafts-
lehrestudiertundan-
schließendauchihre
Doktorarbeithier
angefertigt.Heute
managtdie36-Jährige
„ihre“Fakultätals
Geschäftsführerin.
Foto:Kasper