Rubrik 53
01 | LICHT
GEDANKEN
Software erkennt Vielfalt
Informatiker starten im Rahmen des Deutschen Zentrums für integrative
Biodiversitätsforschung (iDiv) deutsch-tunesisches Kooperationsprojekt
Forschungsreisende wie Charles Dar-
win oder Alexander von Humboldt
brachten zahllose Pflanzen und Tiere
von ihren Expeditionen mit. Ausge-
stopft oder getrocknet bildeten sie bis
heute den Grundstock vieler wissen-
schaftlicher Sammlungen. Ein Beispiel
für eine solche Sammlung ist das Jenaer
Herbarium Haussknecht, in dem unter
anderem eine große Zahl sogenann-
ter Typusbelege aufbewahrt wird. Mit
diesen Belegen wurde beispielsweise
eine neue Art beschrieben oder die Ab-
grenzung zu anderen vorgenommen.
Ein großer Teil dieser Belege wurde
in den letzten Jahren digitalisiert und
liegt in Form hochauflösender Bilder
vor. Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftler der Universität Jena wol-
len nun gemeinsam mit Kollegen von
der Universität Sfax in Tunesien diese
Datenmengen besser nutzbar machen.
»Wir wollen die Opensource-Daten-
managementsoftware BEXIS 2, die fe-
derführend von uns in Jena entwickelt
wird, so erweitern, dass sie die Digi-
talisate zusammen mit den von uns
extrahierten Daten speichern und den
Wissenschaftlern bereitstellen kann«,
sagt Prof. Dr. Birgitta König-Ries. Die
T E X T: S T E P H A N L AU DI E N
Inhaberin der Heinz-Nixdorf-Profes-
sur für verteilte Informationssysteme
erläutert, dass dazu ein Modul erstellt
wird, mit dem Digitalisate, aber auch
Video- und Audioaufnahmen verwal-
tet werden können. In Zusammenar-
beit mit den Partnern Prof. Dr. Frank
H. Hellwig und Dr. Jörn Hentschel
vom Herbarium Haussknecht soll mit
den digitalisierten Typusbelegen be-
gonnen werden.
Erhobene Daten werden Forschern
weltweit zugänglich sein
»Um Wissenschaftlern eine effiziente
Suche aus den Daten zu ermöglichen,
sollen Informationen wie Blattform
und Blattgröße automatisch extrahiert
werden«, sagt Dr. Jitendra Gaikwad,
Leiter der Biodiversitätsinformatik-
gruppe des Deutschen Zentrums für
integrative
Biodiversitätsforschung
(iDiv) Halle-Jena-Leipzig. Der Wissen-
schaftler leitet das Projekt MAMUDS,
das gerade gestartet wurde. MAMUDS
steht für »Managing Multimedia Data
for Science« und wird vom Bundesfor-
schungsministerium für die Dauer von
zwei Jahren mit rund 25 000 Euro ge-
fördert. In gleicher Höhe kommt noch
eine Förderung durch das tunesische
Forschungsministerium hinzu.
Die Idee zu diesem neuen Projekt
entstand im Rahmen der Zusammen-
arbeit im DAAD-geförderten Bio-Dia-
log, einer Kooperation der Universität
Jena mit Universitäten in Tunesien und
Ägypten. Wie Martin Hohmuth, Infor-
matiker aus der iDiv-Biodiversitätsin-
formatikgruppe sagt, müsse die neue
Software zunächst »trainiert« werden.
Gelingt das, können die Wissenschaft-
ler später gezielt nach bestimmten
Merkmalen in der Bildersammlung su-
chen, beispielsweise nach Pflanzen mit
ovalen Blättern.
Nach Abschluss des MAMUDS-Pro-
jekts werden sowohl die entwickelten
Werkzeuge als auch die erhobenen Da-
ten der Gemeinschaft von Biodiversi-
tätsforschern zugänglich sein. So kön-
nen Forscher in der ganzen Welt von
den Ergebnissen des Projekts profitie-
ren. Neben den technischen Zielen soll
durch Workshops und Trainingskurse
vor Ort in Tunesien das Bewusstsein
für die Bedeutung der biologischen
Vielfalt geschärft werden.
Foto links: Pflanzenbelege wie dieses aus dem
Herbarium Haussknecht werden im Projekt
MAMUDS digitalisiert.
Dr. Jitendra Gaikwad (l.) und Martin Hohmuth
entwickeln in dem neuen Forschungsprojekt eine
Software, mit der Pflanzen digitalisiert und zusam-
men mit weiteren Daten gespeichert werden.