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Von Drohnen und Pinguinen
Ökologen erforschen die Auswirkungen des Klimawandels in der An-
tarktis. Projektleiter Dr. Hans-Ulrich Peter verbringt zum 28. Mal einen
Sommer am Ende der Welt
T E X T: S E BA S T I A N H O L L S T EI N
Während es hierzulande langsam Win-
ter wird und die Temperaturen sinken,
ist eine Gruppe Jenaer Ökologen in den
Sommer gestartet. Von Urlaub und Wär-
me kann aber keine Rede sein. Denn die
Nachwuchswissenschaftler
arbeiten
in der Antarktis, genauer gesagt in der
Umgebung der Bellingshausen-Station
auf King George Island, um die Folgen
des Klimawandels zu erforschen. Als
Projektleiter begleitet sie Dr. Hans-Ul-
rich Peter, der bereits zum 28. Mal den
Weg in den äußersten Süden angetreten
hat. Seit den 1980er Jahren beobachtet
er die Veränderungen in der Antarktis.
»Die höheren Temperaturen sind deut-
lich zu spüren«, sagt Peter. »Der Glet-
scher ist in den vergangenen drei Jahr-
zehnten zurückgegangen, der Einfluss
des Menschen hat zugenommen.«
Diese Entwicklung hat deutliche Aus-
wirkungen auf die Tier- und Pflanzen-
welt. Im Auftrag des Umweltbundes-
amtes erfassen, zählen und kartieren
die Jenaer Ökologen auf einer Fläche
von 30 Quadratkilometern in der Max-
well Bay regelmäßig alle Nester bzw.
Kolonien der Vögel und Liegeplätze
der Robben mittels GPS. Um die Tiere
in Zukunft weniger stören zu müssen
und diese Aufgabe effizienter erledigen
zu können, erproben Antarktisexper-
ten der Universität Jena gemeinsam mit
Wissenschaftlern des Thüringer Insti-
tuts für Nachhaltigkeit zunehmend den
Einsatz von Drohnen. Allerdings feh-
len noch die Erfahrungswerte, wie nah
man einer Pinguinkolonie mit einem
solchen Fluggerät kommen darf, ohne
Panik auszulösen.
Mikrofon belauscht Pinguin-Puls
Deshalb hat sichMarie-Charlott Rümm-
ler diesem Thema im Rahmen ihrer
Masterarbeit angenommen. Während
ihres inzwischen dritten Aufenthalts
auf dem eisigen Kontinent wird sie un-
tersuchen, wie Pinguine auf eine Droh-
ne reagieren. »Für die Flughöhe von
Flugzeugen gibt es bereits Richtwerte,
für kleinere Flugobjekte wollen wir
diese mit unserer Arbeit bestimmen«,
sagt die Jenaer Nachwuchswissen-
schaftlerin. »Beispielsweise legen wir
dafür ein mit einem Mikrofon ausge-
stattetes künstliches Ei in ein Nest, um
den Herzschlag der Elterntiere aufzu-
nehmen, wenn sich die Drohne nähert.
So erfahren wir, ab wann die Pinguine
eine Gefahr wahrnehmen, schließlich
Proje te
kann das Fluggerät schnell mit einem
Raubvogel verwechselt werden.«
Raubvögel sind ebenfalls Forschungs-
gebiet der Ökologen. Hans-Ulrich Peter
beobachtet bereits seit 1983 Skuas. »Die
braune Skua frisst vor allem Pinguine
und deren Eier, die kleinere Südpo-
larskua jagt eher über dem Meer und
ernährt sich von Fisch und Krill«, er-
klärt Daniel Prowaznik. Gemeinsam
mit Raphael Ritter, der dieses Jahr zum
ersten Mal die Reise in die Antarktis
antritt, unterstützt er Hans-Ulrich Peter
bei der Skua-Forschung. »Wir sammeln
vor allem Kotproben und Gewölle und
können daraus Rückschlüsse auf die
Nahrung der beiden Arten ziehen«,
informiert Prowaznik. Die bisherigen
Ergebnisse legen nahe, dass vor allem
die Meeresjäger unter den Raubmöwen
zurückgehen, da sie durch den Klima-
wandel weniger Nahrung finden.
Auch die Pinguine bleiben von den hö-
heren Temperaturen nicht verschont.
So habe sich in den vergangenen 30
Jahren die Zahl der Brutpaare bei den
Adeliepinguinen von 1500 auf 300 re-
duziert. Der besser angepasste Eselspin-
guin hingegen hat sich weiter verbreitet,
ebenso wie die Vegetation, die die eis-
freien Flächen zunehmend erobert.
Foto: links: Marie-Charlott Rümmler bringt ein
künstliches Ei, das mit einem Mikrofon ausgestattet
ist, in einem Pinguinnest unter.
Foto oben: Ein Wegweiser nahe der russischen
Forschungsstation Bellingshausen. Das dritte Schild
von unten weist nach Jena.