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Rubrik 25

01 | LICHT

GEDANKEN

Original-Publikation

Bai M et al. †Alienoptera — A new insect

order in the roach–mantodean twilight

zone, Gondwana Research (2016),

http://dx.doi.org/10.1016/j.gr.2016.02.002

Kontakt

Dr. Benjamin Wipfler

Institut für Spezielle Zoologie und Evolutions-

biologie mit Phyletischem Museum

Erbertstraße 1, 07743 Jena

Telefon: 03641 / 949181

E-Mail:

benjamin.wipfler@uni-jena.de www.speziellezoologie.uni-jena.de

Für die Einordnung des Tieres ist aber

eines fast noch wichtiger: die Beine.

»An den Extremitäten und an dem sehr

beweglichen Kopf erkennen wir, dass

die Vertreter der neuen Spezies – ge-

nauso wie die Gottesanbeterin – auf die

Jagd gingen«, sagt Benjamin Wipfler.

Nur unterschied sich die Vorgehens-

weise aufgrund eines anatomischen

Merkmals dabei erheblich. »Die Gottes-

anbeterinnen sind mit dornenbesetzten

Fangbeinen ausgestattet, die ähnlich

einem Taschenmesser zusammenklap-

pen und dabei die Beute, vor allem

größere Insekten, fixieren«, erklärt der

Biologe. »Die Alienoptera setzen beim

Nahrungserwerb zwar auch die Vorder-

beine ein, allerdings befinden sich dar-

auf dichte Reihen von feinen Borsten,

was sich eher dazu eignete, kleine Beu-

teobjekte wie etwa Blattläuse oder Mil-

ben aufzusammeln.« Aufgrund dieses

Beuteerwerbsmechanismus gehen die

Jenaer Wissenschaftler davon aus, dass

die Tiere auf Bäumen und Sträuchern

gelebt haben. Dafür sprechen auch die

spezialisierten Haftstrukturen an den

Füßen. Diese kennt man bisher nur von

den Gladiatoren – einer auf Sträuchern

lebenden Insektengruppe, die erst vor

13 Jahren in Südafrika entdeckt wurde.

Die Alienoptera waren gute Flieger, wie

die Biologen der Uni Jena am Computer

feststellten.

Tiere mit 3-D-Technik »seziert«

Denn dank der 3-D-Technik konnten

sie den Flügel am Bildschirm aufklap-

pen und genauer unter die Lupe neh-

men. Dabei fielen auch die schalenar-

tigen Vorderflügel auf, die weder bei

Schaben noch bei Gottesanbeterinnen

vorkommen, sondern eher bei Käfern

und Ohrwürmern. Das sattelförmige

Rückenteil der Vorderbrust erinnert da-

gegen an Heuschrecken. Mit dieser un-

gewöhnlichen Merkmalskombination

und den nur geringfügig spezialisier-

ten Vorderbeinen waren die Alienop-

tera offensichtlich der Konkurrenz der

hocheffizienten Räuber aus der Gruppe

der Gottesanbeterinnen nicht gewach-

sen. Sie sind nach geologisch betrachtet

kurzer Zeit wieder von der Bühne der

Evolution verschwunden.

Rund 100 Millionen Jahre später sorg-

te die ungewöhnliche Merkmalskom-

bination des Insektenfossils für einen

verwirrenden ersten Eindruck, der

die Jenaer Experten vor eine spannen-

de Herausforderung stellte: »Das war

Detektivarbeit«, sagt Rolf Beutel rück-

blickend. »Da fängt Wissenschaft an,

richtig Spaß zu machen.«

Dr. Benjamin Wipfler in seinem Büro im Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie. Auf den Monitoren ist die neue Insektenordnung zu sehen.