Rubrik 29
01 | LICHT
GEDANKEN
Original-Publikation
Pavlova MK et al. (2016) Warm and supporti-
ve parenting can discourage offspring’s civic
engagement in the transition to adulthood.
Journal of Youth and Adolescence, https:// dx.doi.org/10.1007/s10964-016-0511-5Kontakt
Dr. Maria K. Pavlova
Institut für Psychologie
Center for Applied Developmental Science
Semmelweisstraße 12, 07743 Jena
Telefon: 03641 / 945921
E-Mail:
maria.pavlova@uni-jena.de www.psychologie.uni-jena.dedie zeigen, dass die im Jugendalter er-
lebte elterliche Unterstützung eine sig-
nifikant geringere politische Teilhabe
bis zu zehn Jahren danach vorhersagte.
Mehr wahrgenommene Unterstützung
der Eltern im jungen Erwachsenenalter
bedingte zudem eine seltenere Aus-
übung von Freiwilligenarbeit zwei Jah-
re danach.
Ihre Aussagen stützen die Psycholo-
gen auf die Untersuchung von mehr
als 1 500 finnischen Schülerinnen und
Schülern der Sekundarstufe (im Alter
von 16 bis 18 Jahren zu Beginn der Be-
fragung und 25 bis 27 Jahren an deren
Ende). Ȁhnliche Effekte sind aber auch
in einer deutschen Stichprobe aufge-
treten«, sagt Maria Pavlova. Das zeige,
dass sich die aktuellen Daten aus Finn-
land durchaus auch auf die Situation in
anderen Ländern übertragen lassen.
Zu viel Nähe zu den Eltern kann zur
Falle werden
Als Gründe für die erhaltenen Befunde
vermuten die Forscher eine Mischung
aus verschiedenen Faktoren. »Einerseits
sehen finnische Eltern bürgerschaftli-
ches Engagement weder als notwendig
für Erfolg auf dem Arbeitsmarkt noch
als moralisch verpflichtend, da der fin-
nische Staat viele soziale Leistungen
zur Verfügung stellt«, erläutert Maria
Pavlova.
»Andererseits könnte eine hohe elter-
liche Unterstützung im Jugend- und
jungen Erwachsenenalter nicht mehr
altersgemäß sein. Im jungen Erwach-
senenalter könnte emotionale Nähe zu
eigenen Eltern in gewissem Sinne zu
einer Falle werden, wenn sich junge
Menschen um die Welt außerhalb ihres
eigenen Kreises nicht kümmern«.
Auch wenn die negativen Effekte elter-
licher Unterstützung auf bürgerschaft-
liches Engagement nicht überschätzt
werden sollten, so das Fazit der Psy-
chologen, machen ihre Befunde doch
ein Problem deutlich: Eine nach übli-
chen Maßstäben gute Erziehung allei-
ne, ohne ausdrückliche Befürwortung
zivilgesellschaftlicher Werte in der Fa-
milie, reiche nicht aus, um eine am Ge-
meinwesen engagierte Generation jun-
ger Erwachsener aufwachsen zu lassen.
Chillen statt helfen – für viele Jugendliche steht
Freiwilligenarbeit nicht an erster Stelle.
Eine mögliche Ursache haben Entwicklungs-
psychologen identifiziert.