S C HW E R P U N K T
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01 | LICHT
GEDANKEN
Was er hier mache, frage ich ihn. Ra-
fael Oliviera sammelt Insekten. »Mich
interessieren die Interaktionen zwi-
schen Pflanzen und Insekten«, erklärt
der brasilianische Doktorand, der an
der TU München seine Doktorarbeit
schreibt und während seiner Feldar-
beiten im »Jena-Experiment« von Anne
Ebeling betreut wird. »Die Artenviel-
falt der Pflanzen beeinflusst auch die
Anzahl und die Vielfalt der vorkom-
menden Insekten«, erklärt er und zeigt
mir seine aktuelle Ausbeute. In den
Röhrchen krabbeln unterschiedliche
Käfer und kleine Fliegen.
Insektenfraß,
Biomasse,
Wurzel-
wachstum – nicht nur die Pflanzen-
welt im »Jena-Experiment« erweist
sich als überaus vielfältig. Ebenso
breitgefächert ist das Spektrum der
Forschungsthemen, wie die knapp
200 wissenschaftlichen Publikationen
belegen, die seit seinem Bestehen aus
den Daten des Experiments veröffent-
licht worden sind: von mikrobiologi-
schen Studien über Untersuchungen
zu Kohlenstoffspeicherung und Nähr-
stoffkreisläufen über populationsö-
kologische Themen bis zur Frage der
Blütenbestäubung. Sämtliche Projekte
und Veröffentlichungen sind auf den
Internetseiten des »Jena-Experiments«
zu finden
(www.the-jena-experiment.
de), wie mir Anne Ebeling noch mit auf
den Weg gegeben hatte. »Dort haben
wir auch einen Link zu einer Webcam.«
Jeden Nachmittag gehe eine aktuelle
Aufnahme aus dem Freiland-Labor ins
Netz.
Webcam zeigt tagesaktuelle Bilder
aus dem Freiland-Labor an der Saale
Daran muss ich denken, als ich nun
– einige Monate später – wieder ein-
mal hereinschaue. Das Gras ist kurz,
zweimal ist die Wiese seither gemäht
worden. Dank der farbigen Pflöcke
und des akkuraten Wegenetzes sind
die großen und kleinen Quadrate und
Vierecke dennoch gut zu erkennen
und laden zu einem spätherbstlichen
Besuch ein. Aber: Die Gummistiefel
nicht vergessen!
In den rund 600 Versuchsflächen des »Jena-Experiments« wachsen bis zu 60 verschiedene Pflanzenarten
nebeneinander. Die unterschiedlichen Ökosysteme bieten auch zahlreichen Tierarten Lebensraum. Zwischen
Gräsern, Kräutern und Leguminosen tummeln sich Insekten, Würmer, Vögel und Kleinsäuger.