S C HW E R P U N K T
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01 | LICHT
GEDANKEN
»Das bedeutet immer erst einmal viel
Erklärungsarbeit«, sagt Katja Kunze.
Doch der Kontakt zu den Hilfskräften,
meist Studierenden »aus aller Herren
Länder«, mache auch unheimlich viel
Spaß.
Nach einer Wachstumsperiode von
rund drei Monaten wird geerntet, jeden
Juni und September gemäht. »Dann
geht alles wieder von vorn los.« Katja
Kunze freut sich jedes Mal aufs Neue,
der Natur beim Wachsen zuschauen zu
können. »Das wird auch nie langweilig,
denn die Wiese wächst jedes Jahr ein
bisschen anders.«
Sonde untersucht das Wurzelwerk
Dass nicht jedes Utensil, das die Wis-
senschaftler im »Jena-Experiment«
benutzen, Marke »Eigenbau« ist, wird
deutlich, als ich zwei niederländischen
technischen Mitarbeitern begegne, die
sich im Erdreich eines der größeren
Plots des
Main-Experiments
(siehe Kas-
ten) zu schaffen machen. Hannie de
Caluwe und Jan Willem van der Paauw
kommen aus Nijmegen und Wagenin-
gen und arbeiten für ein Forscherteam
aus Wageningen
und Leipzig. Auf
ihrem Handwa-
gen stapeln sich
diverse
techni-
sche Geräte, ein
Laptop steht ein-
satzbereit oben-
auf.
Anders als die an-
deren Menschen,
die ich heute im
»Jena-Experiment« getroffen habe, in-
teressieren sich die beiden weder für
die Blütenpracht der Wiesen noch für
die Tiere, die zwischendrin umher-
krabbeln. Sie haben stattdessen das im
Visier, was sich unter der Oberfläche
abspielt: Mit einem Wurzelscanner – ei-
nem etwa 30 Zentimeter langen Mess-
gerät – dokumentieren sie Größe und
Anzahl der Pflanzenwurzeln. Während
ihr Kollege den Scanner in eigens dafür
vorgesehene Hülsen im Boden einführt,
begutachtet Hannie de Caluwe am Bild-
schirm des Laptops die Aufnahmen
aus dem Erd-
reich: Vor einem
braunen Hinter-
grund zeichnet
sich hellgrau das
Wurzelwerk ab.
Alle zwei Wo-
chen nehmen die
Forscher in der
Wachstumsperio-
de so ein exaktes
Bild der Wurzeln
auf, die sich um die unterirdischen
Kunststoffhülsen ranken. »Anzahl und
Größe der Wurzeln, ihr Wachstum und
ihr Abbau liefern wichtige Informatio-
nen über das Ökosystem«, sagt Hannie
de Caluwe. Etwa 70 Prozent der gesam-
ten Biomasse einer Wiese seien unter
der Erde zu finden. Doch während das
Ökosystem über der Erde schon recht
detailliert verstanden sei, ist über die
Etwa 70 Prozent der Biomasse
einer Wiese sind unter der Erde
zu finden.
Das Biodiversitätsexperiment in der Saale-Aue nördlich von Jena wird seit 2002 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Es ist ein einzigartiges
ökologisches Freiland-Labor und gehört zu den größten und ältesten seiner Art weltweit.