S C HW E R P U N K T
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Benno Werlen ist bereits viel herumge-
kommen in diesem Jahr. Er hat u. a. in
San Francisco und Peking während der
beiden weltweit größten Konferenzen
der Geographen gesprochen, in Taipeh
und Santiago de Compostela neue Zen-
tren eröffnet, in Rio de Janeiro und Ma-
cau mit Vertretern aus Politik und Wirt-
schaft diskutiert, in Paris neue Projekte
auf den Weg gebracht und wird dem-
nächst in Tokio ein nationales Gras-
wurzel-Programm der Akademie der
Wissenschaften zur Erreichung einer
nachhaltigen Gesellschaft lancieren.
Zusammengenommen hat er mehr als
eine Woche nur im Flugzeug verbracht.
Werlen ist zwar kein Politiker, sondern
Wissenschaftler, genauer gesagt Lehr-
stuhlinhaber für Sozialgeographie an
der Uni Jena, aber er hat eine politische
Mission.
Als Initiator des ersten »International
Year of Global Understanding« (IYGU)
warb er in diesem Jahr gemeinsam mit
vielen Mitstreiterinnen und Mitstrei-
tern weltweit für eine stärkere interna-
tionale, transdisziplinäre und gesell-
Lokales Verstehen, globales Verständnis
Von Jena aus hat eine internationale wissenschaftliche Initiative sprichwörtlich ihren Weg um die Welt ge-
macht und zeigt die Wechselwirkungen von lokalem Handeln und seinen globalen Auswirkungen auf. Doch
auch nach Ablauf des »International Year of Global Understanding« bleiben Fragen der Nachhaltigkeit und
das Vermitteln von Wissen zu diesem Thema aktuell, wie der Initiator des Themenjahres, Prof. Dr. Benno
Werlen, deutlich macht.
schaftsübergreifende Zusammenarbeit,
um den Herausforderungen der Globa-
lisierung begegnen zu können. »Jeder
auf diesem Planeten – egal ob es sich
dabei um einen Staat oder eine Einzel-
person handelt – muss sich stärker als
Teil dieser Welt begreifen und diesen
Bezug auch während seines Handelns
berücksichtigen«, sagt Benno Werlen.
»Probleme wie etwa der Klimawandel
und die fortschreitende soziale Un-
gleichheit sind globale Missstände, die
sowohl global auf politischer Ebene,
aber vor allem auch lokal im alltägli-
chen Leben angegangen werden müs-
sen.«
Netzwerk vereint Partner auf allen
Kontinenten
Eine Basis dafür ist in den vergangenen
Monaten entstanden. Die Organisato-
ren des Themenjahres haben gemein-
sam mit lokalen Partnern ein Netzwerk
von weltweit 40 sogenannten Regional
Action Centern (RAC) geschaffen, über
die in den jeweiligen Ländern Ideen
umgesetzt und koordiniert werden
– etwa in Form von Vortragsreihen,
Tagungen, Wettbewerben oder auch
Forschungsprogrammen und -pro-
jekten. Außerdem stellen sie Informa-
tionsmaterial zur Verfügung und ver-
mitteln Experten. Die RAC docken an
bestehende Institutionen an, was häufig
ihre thematische Ausrichtung vorgibt.
So befinden sich etwa die deutschen
Dependancen im Leipziger Leibniz-In-
stitut für Länderkunde – mit geogra-
phischem Schwerpunkt – und an der
Universität Lüneburg. Andere Träger
sind zum Beispiel die nationale In-
dustriekammer Brasiliens gemeinsam
mit verschiedenen wissenschaftlichen
Instituten in Brasilien, die Universitäten
in Genua und Hiroshima, die amerika-
nische Gesellschaft für Geographen
in Washington sowie die Bibliotheca
Baltica in Vilnius. Alle Fäden des Net-
zwerkes laufen in Jena zusammen.
»Durch die regionale Einbettung und
die besonderen thematischen Ausrich-
tungen bringt jedes Zentrum etwas In-
T E X T: S E BA S T I A N H O L L S T EI N