Juniorprofessur für Struktur-Eigenschaftsbeziehungen in Gläsern
Jun.-Prof. Dr. Delia Brauer
Stiftungs-Juniorprofessur der Carl-Zeiss-Stiftung
Forschungsschwerpunkte
Materialchemie nichtmetallisch-anorganischer Werkstoffe, insbesondere von Gläsern und Glaskeramiken
Wechselwirkung zwischen Gläsern bzw. Glaskeramiken und wässrigen Medien (Korrosion, Ionenabgabe, Löslichkeit, ...)
Glasstruktur und strukturbasiertes Design neuer Zusammensetzungen
Bioaktive Gläser zur kontrollierten Abgabe therapeutisch aktiver Ionen in Medizin und Zahnmedizin
Glasionomerzemente für dentale und orthopädische Anwendungen: Einfluss von Glaszusammensetzung und
Art/Struktur der Polyelektrolytkomponente auf Aushärteverhalten und mechanische Eigenschaften
Einfluss von Glasstruktur auf die mechanischen Eigenschaften von Phosphosilicat- und Alumosilicatgläsern
Kristallisationsverhalten von Fluoroalumosilicatgläsern sowie Glaskeramiken für photonische Anwendungen
Untersuchung der Löslichkeitsmechanismen von Phosphatgläsern mittels
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P NMR-Spektroskopie
76 — FORSCHUNG
Bioaktive Gläser
Phosphosilicatgläser mit hohen Gehalten an Wandleroxi-
den wie Calcium- oder Natriumoxid reagieren mit physio-
logischen Lösungen und bilden eine Oberflächenschicht
aus nanokristallinem, substituiertem Apatit, der dem Kno-
chenapatit in Struktur und Zusammensetzung ähnelt
(Abb. 1). Diese Gläser werden erfolgreich als Implantate
zur Knochenregeneration eingesetzt. In unserer Arbeits-
gruppe kombinieren wir strukturelle Untersuchungen (z.
B. mit Festkörper-NMR, [1]) mit Löslichkeits- und Biokom-
patibilitätsuntersuchungen, um bioaktive Gläser mit ver-
besserten Eigenschaften zu entwickeln, wie beispielswei-
se Gläser, die bei Entzündungen im Körper gezielt anti-
bakterielle Zink-Ionen abgeben [2].
Durch ihre hohen Wandlergehalte zeigen klassische
bioaktive Gläser eine ausgeprägte Tendenz zur Kristallisa-
tion, was die Verarbeitung, z. B. das Sintern (Abb. 2h,i)
oder das Ziehen von Fasern stark einschränkt. Die Mög-
lichkeit, Gläser bei hohen Temperaturen zu verarbeiten
ist jedoch notwendig für die Herstellung von porösen
Scaffolds zur Knochenregeneration oder Fasermatten für
die Weichgeweberegeneration. Neue Glaszusammenset-
zungen aus unsere Gruppe zeigen ein deutlich verminder-
tes Kristallisationsverhalten [3] und wurden u. a. erfolg-
reich zu bioaktiven Glasfasern verarbeitet (Abb. 2a-f).
[1] Döhler F., Mandlule A., van Wüllen L., Friedrich M., Brauer D.S.
(2015):
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P NMR characterisation of phosphate fragments during dissolu-
tion of calcium sodium phosphate glasses. J Mater Chem B. DOI:10.1039/
C4TB01757A.
[2] Blochberger M., Hupa L., Brauer D.S. (2015): Influence of zinc and
magnesium substitution on ion release from Bioglass® 45S5 at physiologi-
cal and acidic pH. Biomed. Glasses. DOI:10.1515/bglass-2015-0009.
[3] Groh D., Döhler F., Brauer D.S. (2014): Bioactive glasses with improved
processing. Part 1. Thermal properties, ion release and apatite formation.
Acta Biomater. DOI:10.1016/j.actbio.2014.05.019.
Abb. 1. Bioaktive Phosphosilicatgläser:
(a) TEM-Replica-Aufnahme von tröpfchenförmiger
Phasenseparation, (b) beginnende Oberflächenkorrosion,
(c) korrodierte Glasoberfläche, (d) mineralisierte Oberflächen-
schicht aus biomimetischem Apatit, (e) Osteoblast auf
mineralisierter Oberfläche.