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FSU-Newsletter/Winter 2016/17

Kultur

Der Löwenmensch

Replik der ältesten bekannten Mensch-

Tier-Figur ergänzt neue Dauerausstellung

Die Dauerausstellung zur Evolution des

Menschen im Phyletischen Museum

(siehe Beitrag oben) ist nach ihrer Neu-

eröffnung um ein besonderes Stück

ergänzt worden: den Löwenmenschen.

Das Kunstartefakt ist die älteste be-

kannte Mensch-Tier-Figur der Welt. Sie

wurde 1939 bei Ausgrabungen in der

Stadel-Höhle am Hohlenstein im Lone-

tal entdeckt.

Bei erneuten Grabungen im Jahr 2009

gelang ein sensationeller Fund: Weitere

Fragmente der Figur aus Mammut-El-

fenbein wurden entdeckt. In den folgen-

den Jahren wurde der Löwenmensch

Sieben Millionen Jahre Menschwerdung

Dauerausstellung zur Evolution des Menschen im Phyletischen Museum

professionell restauriert und durch die

neu gefundenen Fragmente ergänzt.

Die Replik basiert auf der neuesten

Restauration des Originals, das im Ul-

mer Museum in einer extra Ausstellung

„Der Löwenmensch“ gezeigt wird. Re-

pliken in dieser Qualität sind bisher nur

in vier anderen Museen weltweit zu

sehen. In der Jenaer Ausstellung kann

der Besucher den Löwenmenschen und

weitere herausragende Kunstartefakte

aus der Nähe bestaunen. Sie markieren

den Beginn des künstlerischen Schaf-

fens von uns anatomisch modernen

Menschen vor 40000 Jahren.

PM

Die Geschichte des Menschen beginnt

vor mehr als sieben Millionen Jahren,

als sich seine Stammlinie von der der

Schimpansen trennt. Daran schließt

sich ein sehr vielfältiger und

komplexer Entwicklungspro-

zess an, den Wissenschaftler

bis heute – vor allem anhand

von archäologischen Funden

– nachzuzeichnen versuchen.

Jahr für Jahr verdichtet sich

das Bild der Evolution des

Homo sapiens. Jahr für Jahr

gewinnen die Experten neue

Erkenntnisse.

Aus diesem Grund hat das

Phyletische Museum der Uni-

versität Jena den Anthropo-

genesesaal mehr als ein Jahr

lang überarbeitet und sowohl

wissenschaftlich als auch ge-

stalterisch auf den neuesten

Stand gebracht. Am 25. Okto-

ber ist er feierlich eröffnet worden.

„Uns war es wichtig, aktuelle Ent-

wicklungen in der Evolutionsforschung

des Menschen aufzugreifen – und vor

allem auch gestalterisch modern abzubil-

den“, sagt der Direktor des Phyletischen

Museums Prof. Dr. Martin S. Fischer.

„Zudem haben wir darauf geachtet, den

Raum nicht mit Text zu überfrachten,

sondern vor allem die Exponate wirken

zu lassen“, ergänzt der Evolutionsbio-

loge. Auf Informationen müssen die

Besucher trotzdem nicht verzichten. Die

Ausstellungsmacher geben ihnen eine

eigens für den Raum geschaffene um-

fangreiche Broschüre an die Hand.

Doch was genau ist nun neu im An-

thropogenesesaal? „Der Saal ist nach

den aktuellsten Erkenntnissen der Wis-

senschaft gestaltet“, erklärt Adelheid

Graiff, die Museumspädagogin. „Dabei

liegt der Fokus u. a. auf der Vielfalt der

einzelnen Menschenarten, die teilweise

nebeneinander existierten.“ Denn auch

in der Wissenschaft sorgt diese Diver-

sität mitunter für Verwirrung. So zeigt

das Phyletische Museum etwa neue

Abgüsse verschiedener, im georgischen

Dmanissi entdeckter, etwa 1,8 Millionen

Jahre alter Schädel, die kurz nach ihrem

Fund einer eigenen Menschenart zuge-

schrieben wurden. Erst etwa zehn Jahre

später revidierte man diese

Annahme und ordnete die

Skelette als Beweis für die

Variabilität des Homo erectus

ein.

Lucy undTurkana-Boy

Erstmals wird eine so

große Vielfalt an fossilen

Schädelabgüssen ausgestellt.

Skelettabgüsse von „Lucy“

(Australopithecus afaren-

sis) und des „Turkana-Boy“

(Homo erectus) werden in

Körperhaltungen gezeigt, wie

man sie bei diesen Fossilien

noch nie gesehen hat.

Ein weiterer Verwandter

steht dem Homo sapiens in der Mitte

des Raums direkt gegenüber: der Nean-

dertaler.

Neben kulturellen Errungenschaften

widmet sich die Ausstellung außerdem

einigen Schlüsselereignissen, die den

heutigen Menschen zu dem gemacht

haben, was er ist: so etwa der beim

Menschen überaus komplizierten Ge-

burt, der Fortpflanzungsbiologie der Frau

und dem gestischen Ursprung der Spra-

che.

sh

Vitrine im neugestalteten Anthropogenesesaal im Phyletischen Mu-

seum.

Foto:Brehm

Foto:Kasper