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FSU-Newsletter/Winter 2016/17
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Obwohl Kriegsverbrechen zumeist nicht
hierzulande verübt wurden, kann es
sein, dass die Straftäter in deutschen
Gefängnissen sitzen, weil die Verurteil-
ten auf Haftanstalten in ganz Europa
verteilt werden. Dabei gibt es zwar ei-
nige internationale Statuten, generell gilt
aber das Strafvollzugsrecht des jeweili-
gen Landes. Den daraus resultierenden
rechtlichen Grundfragen geht Prof. Dr.
Florian Knauer, der neue Lehrstuhlinha-
ber für Strafrecht, Kriminologie, Strafvoll-
„Damit einhergeht ein tiefgreifender
Strukturwandel des Wohlfahrtsstaates“,
sagt sie. Mit dem Paradigmenwechsel
vom fürsorgenden zum aktivierenden
Sozialstaat werde immer mehr qualifi-
zierte Arbeit von geringfügig Beschäftig-
ten geleistet oder sogar von unbezahl-
ten Kräften. Jene Auswirkungen auf die
Gesellschaft untersucht van Dyk in ihrer
aktuellen Forschung.
Die gebürtige Kölnerin, die von der
Universität Kassel nach Jena zurück-
gekehrt ist, hat bereits von 2005 bis
2014 im hiesigen Institut für Soziologie
geforscht. Zuvor hat van Dyk in Göttin-
gen und Helsinki Soziologie, Politikwis-
senschaft und VWL studiert und wurde
an der Uni Göttingen promoviert. Der
Wohlfahrtsstaat beschäftigt die Soziolo-
gin auch in anderen Forschungsschwer-
punkten. So untersucht sie etwa gesell-
schaftliche Folgen der demografischen
Entwicklung und stellt u. a. eine zuneh-
mende Altersdiskriminierung fest. US
Bücher spannender als Akten
zugsrecht und Jugendstrafrecht, nach.
„Diese Straftäter weisen einen ganz an-
deren gesellschaftlichen Hintergrund als
die meisten Mithäftlinge auf und haben
oftmals ein höheres Bildungsniveau“,
erklärt der 41-Jährige. Er wolle z. B. he-
rausfinden, wo sie in der Gefängnishie-
rarchie stehen. Der Strafvollzug müsse
raus aus der nationalen Ecke, Internatio-
nalisierungsbestrebungen sollten stärker
berücksichtigt werden, findet Knauer. Er
schätzt die Freiheiten in Forschung und
Lehre, die die Uni Jena, die er durch
eine Vertretungsprofessur im vergange-
nen Winter schon kennt, gewährt. So
besucht er mit seinen Studierenden ju-
gendstrafrechtliche Gerichtsverhandlun-
gen und lädt ehemalige Strafgefangene
in seine Lehrveranstaltungen ein.
Nach dem Studium und Referenda-
riat in Berlin stellte er schnell fest, dass
seine Zukunft in derWissenschaft liegen
sollte. „Ich fand Bücher immer schon
spannender als Akten“, erzählt er.
sh
Foto:Günther
Foto:Günther
Prof. Dr. Silke van
Dyk.
Prof. Dr. Florian
Knauer.
Konjunktur des Ehrenamts
Für viele Menschen ist bürgerschaftli-
ches Engagement heute selbstverständ-
lich. Ob in der Unterstützung für Flücht-
linge, in der Alten- oder Kinderpflege,
„das Ehrenamt hat Konjunktur“, sagt
Prof. Dr. Silke van Dyk. Kaum etwas sei
im wörtlichen Sinne „ehrenwerter“ als
freiwillig erbrachte soziale Leistungen.
Doch die 43-Jährige, die im Sommer-
semester die Professur für Politische
Soziologie übernommen hat, sieht die
allseits gelobte Entwicklung kritisch.
Videos im Klassenzimmer
Die Schule, so sagt der Volksmund, ist
immer nur so gut wie ihre Lehrer. Doch
wie lernen Lehrkräfte eigentlich, Wissen
möglichst wirksam zu vermitteln? Dieser
Frage geht Prof. Dr. Alexander Grösch-
ner nach. Der neue Lehrstuhlinhaber
für Schulpädagogik und Unterrichtsfor-
schung, der jüngst von der Uni Pader-
born an die FSU wechselte, bedient
sich dazu vor allem videobasierter Me-
thoden: Er und sein Team erstellen und
nutzen Unterrichtsvideos für die Ausbil-
dung künftiger Lehrer ebenso wie für
die Fort- und Weiterbildung erfahrener
Lehrkräfte. Dabei stehe die Analyse des
Unterrichtens und der Kommunikation
zwischen Lehrenden und Lernenden im
Fokus der Forscher, so der 39-Jährige.
Gröschner hat in Jena Kommunika-
tions- und Medienwissenschaft sowie
Erziehungswissenschaft studiert und
wurde hier 2008 promoviert. Danach
ging er an die TU München, wurde an
der dortigen neu gegründeten School
of Education 2014 habilitiert und hat
maßgeblich am Aufbau eines Schul-
netzwerkes mitgewirkt, das einen en-
gen Austausch mit der Universität zum
Ziel hatte. In Jena will er sich u. a. in der
Weiterentwicklung des Praxissemesters
für Lehramtsstudierende engagieren.
So möchte er innovative Ansätze zur
Reflexion, z. B. durch onlinebasiertes
Videofeedback, nutzen. Darüber hinaus
entwickelt er Fortbildungsmodule für
praktikumsbegleitende Lehrkräfte. US
Prof. Dr. Alexander
Gröschner.
Foto:Günther
Wie kommt wirksame Medizin zum Patienten?
„Wir wollen wissen, wie wirksame Me-
dizin zum Patienten kommt“, beschreibt
Prof. Dr. Horst Christian Vollmar sein
Fachgebiet. Seit September ist er neuer
Professor für Versorgungsforschung und
kommissarischer Direktor des Instituts
für Allgemeinmedizin des Uniklinikums.
Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt
Vollmars sind Untersuchungen zur evi-
denzbasierten Versorgung von Men-
schen im höheren Lebensalter. Seine
Fragestellungen zur Vielfachmedikation
bei älteren Patienten oder zur Versor-
gung von Menschen mit Demenz fügen
sich gut in das Forschungsprofil von Uni,
Klinikum und dem Institut für Allgemein-
medizin ein, welches sich intensiv mit
dem Thema Mental Health beschäftigt.
Eine bestmögliche Patientenversorgung
möchte Vollmar mit der Implementie-
rungsforschung unterstützen. Dieses
Fachgebiet untersucht, wie neue wis-
senschaftliche Erkenntnisse rasch in den
Alltag gebracht werden können.
Prof. Vollmar stammt aus dem Ruhr-
gebiet und hat in Düsseldorf Medizin
studiert. Nach seiner Promotion und
der Facharztausbildung forschte er an
der Universität Witten/Herdecke, wo er
habilitiert wurde. Zudem schloss er ein
Studium der Sozial- und Gesundheits-
wissenschaften sowie eine Zusatzaus-
bildung in der Medizinischen Informatik
ab. Im Bereich „Digital Health“, z. B. bei
Gesundheitsapps, sieht er noch großen
Forschungsbedarf.
vdG
Prof. Dr. Horst Chris-
tian Vollmar.
Foto:vonderGönna