Rubrik
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Intelligente Fenster und Fassaden
Innovative Gebäudehüllen können vor Hitze und Kälte schützen. Jenaer Materialwissenschaftler haben ge-
meinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie Prototypen für Fassaden aus Glas entwickelt, mit denen
sich der Wärmefluss in Gebäuden regulieren lässt. Der Trick dabei: Durch die Glasscheiben zirkuliert eine
Flüssigkeit.
G L A S C H E M I E
T E X T: U T E S C H Ö N F E L D E R
Man stelle sich ein solches Gebäude vor:
Wenn im Sommer die Sonne scheint,
sorgen eine intelligente Fassade und
ebensolche Fenster für angenehme Küh-
le im Inneren. Im Winter dagegen bleibt
es behaglich warm, auch ohne dass eine
zusätzliche Heizung notwendig ist.
Was nach ferner Zukunftsmusik klingt,
könnte bereits in wenigen Jahren Re-
alität werden. Die Grundlagen dafür
hat jetzt ein Team von Materialwissen-
schaftlern im Rahmen eines an der Uni-
versität Jena koordinierten Forschungs-
vorhabens gelegt. Das Konsortium aus
Universitäten und Industrieunterneh-
men hat dafür intelligente Fassaden-
und Fenstermodule entwickelt, die den
Wärmefluss in Gebäuden regulieren
können. Im Fachmagazin »Advanced
Science« stellen die Wissenschaftler
Prototypen ihrer Entwicklung vor.
»Die grundlegende Idee besteht darin,
Gebäude in eine sehr dünne, flüssige
Hülle zu kleiden«, erläutert Prof. Dr.
Lothar Wondraczek das Prinzip. Die
Flüssigkeit diene dabei zunächst als
Puffer- und Speichermedium für Wär-
me, kann darüber hinaus aber auch
weitere Funktionen wie zum Beispiel ei-
nen Farbwechsel oder solarthermischen
Wärmeaustausch übernehmen. Konkret
sieht das Konzept der Jenaer Forscher
so aus, dass Glasmodule von der Dicke
einer normalen Fensterscheibe mit dün-
nen Kanälen versehen werden, durch
die eine farblose Speicherflüssigkeit auf
Wasserbasis fließt. Die nur wenige Mil-
limeter tiefen und breiten Kanäle ver-
laufen parallel und sind bei Anpassung
der optischen Eigenschaften der Flüs-
sigkeit im Glas kaum sichtbar. Eine sol-
che Scheibe kann dann im Prinzip eine
oder mehrere beliebige Scheiben einer
herkömmlichen Doppel- oder Dreifach-
verglasung ersetzen. Notwendig wer-
den hierbei allerdings zusätzliche Flüs-
sigkeitskanäle und Anschlüsse in der
Rahmenkonstruktion, an denen derzeit
mehrere der Industriepartner arbeiten.
Das von den Jenaer Forschern entworfene Ti-
telbild des Magazins »Advanced Science«, in
dem ihre aktuelle Publikation erschienen ist.