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FORSCHUNG — 55

Ein weiterer Fokus der Arbeitsgruppe Popp (FSU Jena und

IPHT Jena) besteht in der Raman-spektroskopischen De-

tektion von Zell- und Gewebepathologien. Dabei liegt der

medizinische Fokus besonders auf der Bestimmung des

Tumor-Typs und -Grades und auf einer besseren Bestim-

mung von Tumorrändern. So gelang die experimentell-

technologische Realisierung eines

On-Chip

-Raman-

Systems zur molekularen Charakterisierung humaner Zel-

len kombiniert mit einer nahezu justagefreien optischen

Falle auf Basis von faserzugeführtem Licht. Weiterhin

konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass die Kombination

von Raman-Ansätzen mit anderen spektroskopischen Me-

thoden sehr vorteilhaft ist, um die o. g. Fragestellungen zu

adressieren. Die Arbeitsgruppe entwickelte einen kombi-

nierten faserbasierten Raman/ FLIM (

fluorescence lifetime

imaging microscopy

)-Sensor für ein

In-vivo-

Gewebe-

Screening. Dabei ermöglicht FLIM ein schnelles Gewebe-

Screening zur Definition von auffälligen Punkten bzw. klei-

nen Bereichen, welche dann mittels Raman chemisch, d. h.

auf molekularer Ebene untersucht werden können. Weiter-

hin konnte die Arbeitsgruppe die Leistungsfähigkeit eines

Multikontrast-Mikroskopie-Ansatzes zur schnellen großflä-

chigen Darstellung der Gewebemorphochemie zeigen,

welcher die spektroskopischen Modalitäten CARS

(

coherent anti-Stokes Raman scattering

), SHG (

second har-

monic generation

) und TPEF (

two photon excited flu-

orescence microscopy

) kombiniert. Dieser Ansatz wurde in

ein kompaktes und tragbares Forschungsmikroskop unter

Verwendung kompakter Faserlaserquellen für den klini-

schen Einsatz überführt.

reitungsschritte zu implementieren. In diesem Zusammen-

hang hat die AG Popp neue Strategien zur Isolierung von

Bakterien aus komplexen Matrizes (z. B. Körperflüssigkei-

ten, Lebensmittel, Wasser) erarbeitet.

Ein Highlight dieser Forschungsaktivitäten stellt die

mikrobielle Raman-Analyse von Sepsis-Erregern direkt aus

Körperflüssigkeiten (Urin, Sputum, Aszites) dar. Um die

Überlebenschancen der Patienten bei einer Sepsis zu ver-

bessern, ist neben einer schnellen und sicheren Diagnostik

der Pathogene auch die Bestimmung möglicher Antibioti-

ka-Resistenzen essentiell. So konnte die Arbeitsgruppe

Popp zusammen mit der Nachwuchsgruppe von Dr. Ute

Neugebauer (IPHT Jena) zeigen, dass es mittels eines kom-

binierten Raman-Dielektrophorese-Chips möglich ist, Bak-

terien direkt aus einer Urinprobe eines Patienten mit

Harnwegsinfektion anzureichern, um sie dann über ihren

charakteristischen, spektroskopischen Raman-Finger-

abdruck zu identifizieren. Dadurch reduzieren sich die

Probenvorbereitung und die Analysezeit auf ein Mini-

mum, so dass bereits 35 min nach Ankunft der Patienten-

probe im Labor ein Ergebnis für den Arzt vorliegt. Dieser

Raman-Dielektrophorese-Ansatz wurde noch erfolgreich

zur Bestimmung von Antibiotika-Resistenzen in weniger

als 3,5 Stunden erweitert. Am Beispiel von Vancomycin-

resistenten Enterokokken, konnte ein Raman-Klassifi-

zierungsmodell entwickelt werden, welches die Resistenz

anhand charakteristischer Veränderungen in den Raman-

Spektren der entsprechenden Erreger erkennt. Somit

erscheint eine umfassende Charakterisierung der Erreger

in ca. drei bis vier Stunden nach Eintreffen des Patienten-

materials im Labor möglich zu sein.

Spektrale Histopathologie

Abb. 2. Multimodale CARS/

SHG/TPEF Bilder von ausge-

wählten Krebs-Gewebepro-

ben. Die tumorösen Regionen

sind weiß umrandet. CARS

analysiert die räumlichen Ver-

teilung einzelner ausgewählter

molekularer Schwingungen,

während mit SHG selektiv ge-

ordnete quasi-kristalline

Molekülstrukturen wie

Kollagenfaserbündel visuali-

siert werden können. TPEF

macht die räumliche Ver-

teilung autofluoreszierender

Moleküle sichtbar. Grafik: IPC